Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Sprengler-Ruppenthal, Anneliese [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 1. Teil): Stift Hildesheim, Stadt Hildesheim, Grafschaft Oldenburg und Herrschaft Jever — Tübingen: J.B.C. Mohr (Paul Siebeck), 1980

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.32954#0186
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Schulordnung 1574/1618

zum heuptwerk nichts conferiren, so dienet doch
dieses stuck den den collegen selbst zu besonderer
gravitet und aller commendation und promotion,
inmassen eß den von ihnen bei vermeidung der
gemelten straff in gute acht sollgenommen werden*.
Geiz und die schendliche gehoret auch
in diß capitdel, weil unß den zum oftermal klage
furkommen, das sich etzliche praeceptores von den
knaben oder ihren eltern, auch anderen luten, gelt
und geldeßwert zu schetzen auß antreib dieses la-
sters gelusten lassen, so ordnen und gebieten wier
ernstlich, das sich alle unsere collegen aller verbot-
tenen griffe genzlich enthaften und sich an ihrem
gebuhrlichen, hergebrachten solario und acceden-
cien begnugen lassen, doch sollen dieselbe auch
nicht nach eigen gefallen weder in ader-, Martens-,
leich- oder lichtgelde18 von einer zeit zur andern
gesteigert, sondern auf gewissen tax gesetzet und
dabei gelassen werden und sich in demselben also
verhalten, das die armeni, unvermugende scholaren
und ihre eltern nicht uber vermugen beschweret
werden, damit sich niemand zu beklagen habe, alß
konnej er ubermessigen außgebens und unkostung
halben seine kinder nicht zur schule haftenk. Darnach
und furs ander sollen unse coffegen sich unterein-
ander friedfich und bruderlich vertragen und freund-
lich leben, keinen haß, neid aufeinander tragen, viel
weiniger miteinander zanken, haddern oder sich
wirklich aneinander vergreifen. Da sich aber einiger
wiederwille oder irrung uber hoffnung unter ihnen
zutruge und durch den rectorem nicht konte ge-
stillet oder beigelegt werden, soll eß der rector an
den superindendenten und kistenherrn1gelangen
lassen; wo eß aberm durch diesefben nicht kunte ge-
* 146/24: in diesem Satz sind etliche Korrekturen an-
gebracht, die sich kaum sinnvoll wiedergeben lassen.
i 146/24: + und
j 146/24: ,,daß" statt ,,alß konne" [verbessert]
k 146/24: + könne
l 146/24: provisoren [darübergeschrieben]
m 146/24: + auch
n 146/24: da wir auß dem die gepur an die hand zu
nehmen
o 146/24: sondern auch das sie
p 146/24: + und
q 146/24: + alles
r 146/24: ,,alle" fehlt.
s 146/24: versorgen
t 146/24: + deutschen

stillet werden, soll eß an unß gebracht werden, da
wir den die gebur an die hand zu nehmen wolln wissen
wollen.
Zum dritten haben die schufdiener ihre unterge-
bene schuljugent in acht zu nehmen, da den fur
allen dingen erfodert wirt, das sie nicht allein fur
ihre person, wie drohen gemefdet, geschickt und
gefart sein, sondern daso die jugent wiederumb lehren
konne, was sich gebuhret und die noturft erfodert,
den eß damit nicht außgerichtet, das man die ver-
ordnete stunde nur fur die langeweil zubringe, oben-
hinp superficialiter etwas lese oder handle, sondern
eß soll und mußq fundamentaliter getrieben werden
und auß dem grunde gefehret u. gelernet werden,
damit auch die jugent anfenglich den rechten grund
ihreß studierens legen und also aller ihre studia drauf
zu guter aufnehmung und besserung erbauwen
mugen.
Ferner sollen sie fleisich in solchem ihren fehr-
ampte sein und ihreß diensteß treuwlich und ohne
alle verseumniß außwarten, und dieweil der sub-
conrector zu S. Paul19, der in tertia zu S. Michel20,
der in quarta zu S. Jacob21, der in quinta zu S. Mar-
tin22, der in sexta zu S. Jurgen23 den chor mit
singen verwarensmuß, so solle ein jeder an dem ohrt,
dahin er verordnet, soich sein ampt also verwaften,
damit diesesfalß kein verweiß oder klage gespuret
werde, wie auch den ein jeder in puncto der stunden
an seinem ohrt in der kirch, die er zu versorgen, soll
kegenwertig sein. Sie sollen auch auf die lectiones
studieren, ihrer sachen gewiß sein und mit fust und
liebe die arbeit verrichten, so gehts den nach dem
altent spruchwort: Lust und liebe zum dinge machet
alle arbeit geringe24.
18 Adergeld = Geld zur Kräftigung nach dem zweimal
jährlichen Aderlassen (im März und Oktober).
Lichtgeld = Geld, das ein Beamter anstatt der sonst
ihm zu liefernden Beleuchtung empfängt; Licht-
und Holzgeld bezog Bach als Kantor in Leipzig; vgl.
Grimm, Deutsches WörterbuchVI, 884; vgl. auch
G. O.Fischer, Geschichte des Gymnasium Andrea-
num, 75.
Vgl. oben S. 890 mit Anm. 37.
Vgl. oben S. 844 mit Anm. 4.
Vgl. oben S. 841 mit Anm. 8.
23 Vgl. oben S. 890 mit Anm. 38.
23 Vgl. oben S. 841 mit Anm. 9.
24 Vgl. K.F. W. Wander, Deutsches Sprichwörter-
Lexikon III. 1873, 289. 55.

911
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften