Stadt Hildesheim
mit allem geburendem christlichem eiver gehalten
werden.
Und obwoll die wort dieses articuli oben so aus-
furlich auf alle felle in so grosser eil und geheim,
darinne durch sonderlichen wunderbaren rat und
gnedige schickunge Gottis des almechtigen das
grosse hohe werk vorrichtet, in specie und aus-
trucklicher nit mugen gesagt werden, so ist doch
der vorstand und meinunge beider stette nicht
anderst gewesen, und wirt ein jeder, wehr den
buichstab und scopum desselben unparteilich an-
sihet und erweget, nicht anderst statuiren, dan das
darmit ein einiges durchgehendes ewig pleibendes
unzertrenlichs und nicht zwey mynisteria in Hildes-
heim, daran alle praedigere godtlichs worts gebun-
den, fundiret und dahero auch unter demseiben eine
geburliche correspondenz haben will. Das auch bei-
der stette meinunge dahin ohne alle difficultirunge
gerichtet, das ein sotanes einig bestendich myniste-
rium sein und dessen conventus, zusamenkunft und
beradtschlagunge, auf gemeine und wichtige sachen
von allen und jeden personen desselben besucht und
gehalten werden sollen, ist unter andern daraus zu
beurkunden und greiflich zu beweisen, das sobalde
7 Joachim Brandis, aaO. 194, berichtet über den
Dienstantritt des Superintendenten Conrad Becker:
,,Am Michaelisdage [1582] dede de doctor Conradus
Becker sine erste provepreddig und wort den 2. Oc-
tober für einen superintendenten von der ganzen
regerunge angenomen." Über das Ende der Hildes-
heimer Zeit des streitbaren Becker heißt es aaO.
249f.: . besloten, dat twe personen des rats neven
M. Pini und dem baumester Eggert Ruideman wor-
den geschicket to D. Becker und leiten ome in die
korte seggen, dat he darto fürdacht woire und rui-
mede für den künftigen Mandage mit wive und kin-
deren und al sinem gerede die wemen [ = das Pfarr-
haus] und die stat Hildensheim. Wolde he nu mit
willen, so wolde one e. e. rat mit oren wagen neven
wif und kinderen laten foiren wente na Braun-
sweich... Mandag den20.Febr. [1587] wort D.Bek-
ker up des rats wagen mit wif und kinderen weg-
gefuiret na Braunsweich. Her Got, wat kan sich
einer sülven to doinde maken!" - Becker stammte
aus Braunschweig, promovierte in Wittenberg (vgl.
CR XII, 624 ff., propositiones de quibus disputavit
Magister Conradus Becker Brunsvicensis, vocatus
ad gubernationem ecclesiae Stadensis, Witebergae
anno 1556, die ultimo Octobris), war Superinten-
dent in Güstrow gewesen, angeblich auch in Wien;
als Superintendent von Hildesheim wurde er schon
das heilige unionwerk zu seinem stande geraten, so-
woll die praediger der alten als Neustadt Hildes-
heim alle miteinander an den damaligen hern super-
intendenten hern Doctorem Conradum Beccerum7,
christlicher gedechtnus, in den chur der heubtpfarre
zu S. Andreas8 durch den syndicum und andere dar-
zu aus der ganzen sambtregierunge vorordnete com-
missarien gewiesen und untir andern angezeigt, das
sie woll und selig gedachtem hern Doctorem Con-
radum Beccerum fur ihr haubt und obersten erken-
nen, annemmen, ehren, neben demselben zum besten
raten, convocationes besuchen, und alles, was zu
ihrem ambte gehoret, getreulich vorrichten sollen,
welchs sie dann, wie billich und recht, ohne wider-
redent getan, und manu stipulata anlobende, vor-
heisschen9.
So ist auch solchs nicht bey blossen worten ge-
lassen, sondern mit dem werke bestendig also er-
folgt. Dan weil wegen des memorientags, so wegen
der christlichen durchgehenden union anzustellen,
eine ungleicheit sententiarum und unterschiedliche,
zum teil widerlaufende meinunge, doch allenthalben
aus guitem christlichem eiver furfallen wollen10, sein
alle praedigere in Hildesheim darzu vociret, erschie-
am 2. 9. 1586 vom Magistrat entlassen, † 1588; vgl.
Ph. Meyer, Pastoren I, 501. Eine kurze Beschrei-
bung seines Lebensweges bei J. B. Lauenstein
II 3 § 5. Vgl. auch Einleitung, oben S. 817 mit
Anm. 7.
8 Zur Andreaskirche vgl. Einleitung, oben S. 794f.
9 = versprochen; vgl. Grimm, Deutsches Wörter-
buch XII, 1, 554 ff.
Zum Streit über den Memorientag berichtet Joa-
chim Brandis der Jüngere in seinem Diarium,
208f. (zum Jahr 1584): ,,Nademe die fürdracht twi-
schen beiden steden fürm jar durch Gottes schik-
kunge geschein, hadde die samptregerunge beider
stede beraden, dat se alle jar up den dag, alse de
vordracht geschein, Got dem almechtigen darfür
danken wollen, und leten solches dorch ore gesand-
ten dem superintendenten D. Cunrat Becker und
dem ministerio anzeigen nicht lange na der vor-
dracht. Averst dat wolde dem manne nicht gefallen
ut orsaken, dat up den 15. Augusti fieren die papi-
sten den dag Marie himmelfart, und damit men mit
den papisten nicht moichte huichelen, stunde die
dag nicht natogeven. So wolde ok dem rade alse
einer weltliken obricheit nicht gebuiren, ihme alse
den geistlichen to gebeiden, wan se fieren scholden,
wuiste auch nicht, wat se fuiglich für einen text ut
der biebel zur predigte nemen sollten. Darumme de
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mit allem geburendem christlichem eiver gehalten
werden.
Und obwoll die wort dieses articuli oben so aus-
furlich auf alle felle in so grosser eil und geheim,
darinne durch sonderlichen wunderbaren rat und
gnedige schickunge Gottis des almechtigen das
grosse hohe werk vorrichtet, in specie und aus-
trucklicher nit mugen gesagt werden, so ist doch
der vorstand und meinunge beider stette nicht
anderst gewesen, und wirt ein jeder, wehr den
buichstab und scopum desselben unparteilich an-
sihet und erweget, nicht anderst statuiren, dan das
darmit ein einiges durchgehendes ewig pleibendes
unzertrenlichs und nicht zwey mynisteria in Hildes-
heim, daran alle praedigere godtlichs worts gebun-
den, fundiret und dahero auch unter demseiben eine
geburliche correspondenz haben will. Das auch bei-
der stette meinunge dahin ohne alle difficultirunge
gerichtet, das ein sotanes einig bestendich myniste-
rium sein und dessen conventus, zusamenkunft und
beradtschlagunge, auf gemeine und wichtige sachen
von allen und jeden personen desselben besucht und
gehalten werden sollen, ist unter andern daraus zu
beurkunden und greiflich zu beweisen, das sobalde
7 Joachim Brandis, aaO. 194, berichtet über den
Dienstantritt des Superintendenten Conrad Becker:
,,Am Michaelisdage [1582] dede de doctor Conradus
Becker sine erste provepreddig und wort den 2. Oc-
tober für einen superintendenten von der ganzen
regerunge angenomen." Über das Ende der Hildes-
heimer Zeit des streitbaren Becker heißt es aaO.
249f.: . besloten, dat twe personen des rats neven
M. Pini und dem baumester Eggert Ruideman wor-
den geschicket to D. Becker und leiten ome in die
korte seggen, dat he darto fürdacht woire und rui-
mede für den künftigen Mandage mit wive und kin-
deren und al sinem gerede die wemen [ = das Pfarr-
haus] und die stat Hildensheim. Wolde he nu mit
willen, so wolde one e. e. rat mit oren wagen neven
wif und kinderen laten foiren wente na Braun-
sweich... Mandag den20.Febr. [1587] wort D.Bek-
ker up des rats wagen mit wif und kinderen weg-
gefuiret na Braunsweich. Her Got, wat kan sich
einer sülven to doinde maken!" - Becker stammte
aus Braunschweig, promovierte in Wittenberg (vgl.
CR XII, 624 ff., propositiones de quibus disputavit
Magister Conradus Becker Brunsvicensis, vocatus
ad gubernationem ecclesiae Stadensis, Witebergae
anno 1556, die ultimo Octobris), war Superinten-
dent in Güstrow gewesen, angeblich auch in Wien;
als Superintendent von Hildesheim wurde er schon
das heilige unionwerk zu seinem stande geraten, so-
woll die praediger der alten als Neustadt Hildes-
heim alle miteinander an den damaligen hern super-
intendenten hern Doctorem Conradum Beccerum7,
christlicher gedechtnus, in den chur der heubtpfarre
zu S. Andreas8 durch den syndicum und andere dar-
zu aus der ganzen sambtregierunge vorordnete com-
missarien gewiesen und untir andern angezeigt, das
sie woll und selig gedachtem hern Doctorem Con-
radum Beccerum fur ihr haubt und obersten erken-
nen, annemmen, ehren, neben demselben zum besten
raten, convocationes besuchen, und alles, was zu
ihrem ambte gehoret, getreulich vorrichten sollen,
welchs sie dann, wie billich und recht, ohne wider-
redent getan, und manu stipulata anlobende, vor-
heisschen9.
So ist auch solchs nicht bey blossen worten ge-
lassen, sondern mit dem werke bestendig also er-
folgt. Dan weil wegen des memorientags, so wegen
der christlichen durchgehenden union anzustellen,
eine ungleicheit sententiarum und unterschiedliche,
zum teil widerlaufende meinunge, doch allenthalben
aus guitem christlichem eiver furfallen wollen10, sein
alle praedigere in Hildesheim darzu vociret, erschie-
am 2. 9. 1586 vom Magistrat entlassen, † 1588; vgl.
Ph. Meyer, Pastoren I, 501. Eine kurze Beschrei-
bung seines Lebensweges bei J. B. Lauenstein
II 3 § 5. Vgl. auch Einleitung, oben S. 817 mit
Anm. 7.
8 Zur Andreaskirche vgl. Einleitung, oben S. 794f.
9 = versprochen; vgl. Grimm, Deutsches Wörter-
buch XII, 1, 554 ff.
Zum Streit über den Memorientag berichtet Joa-
chim Brandis der Jüngere in seinem Diarium,
208f. (zum Jahr 1584): ,,Nademe die fürdracht twi-
schen beiden steden fürm jar durch Gottes schik-
kunge geschein, hadde die samptregerunge beider
stede beraden, dat se alle jar up den dag, alse de
vordracht geschein, Got dem almechtigen darfür
danken wollen, und leten solches dorch ore gesand-
ten dem superintendenten D. Cunrat Becker und
dem ministerio anzeigen nicht lange na der vor-
dracht. Averst dat wolde dem manne nicht gefallen
ut orsaken, dat up den 15. Augusti fieren die papi-
sten den dag Marie himmelfart, und damit men mit
den papisten nicht moichte huichelen, stunde die
dag nicht natogeven. So wolde ok dem rade alse
einer weltliken obricheit nicht gebuiren, ihme alse
den geistlichen to gebeiden, wan se fieren scholden,
wuiste auch nicht, wat se fuiglich für einen text ut
der biebel zur predigte nemen sollten. Darumme de
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