Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sprengler-Ruppenthal, Anneliese [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 1. Teil): Stift Hildesheim, Stadt Hildesheim, Grafschaft Oldenburg und Herrschaft Jever — Tübingen: J.B.C. Mohr (Paul Siebeck), 1980

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.32954#0238
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
und über solche, die hartnäckig in äußeren Sünden leben, urteilt, sowie gleichzeitig Ehegericht. Als Ehe-
gericht wird es als Fortsetzung des bischöflichen Ehegerichts verstanden. Die Ehesachen sollen beim
Kirchengericht bleiben, weil von Ehegelübden so viele Irrungen vorfallen. Die vielen Irrungen in Ehe-
gelübden ergaben sich z.T. aus dem noch fortspukenden kanonischen Recht, wonach die Ehe durch bloßen
formlosen Verbalkonsens der Nupturienten zustandekommen konnte, und wonach man unterschied zwi-
schen sponsalia de futuro und de praesenti, eine Unterscheidung, die praktisch kaum klar zu vollziehen
war. Ein neues Problem ergab sich aus der reformatorischen Eheauffassung, der zufolge die Ehe kein
Sakrament und in bestimmten Fällen scheidbar war. Die bei den Konsistorien anhängigen Prozesse hatten
dann — darauf deutet auch unsere KO hin - im wesentlichen die Erlaubnis zur Wiederheirat zum Ziel42.

Zuletzt sei noch ein Blick auf die Visitationsordnung geworfen. Sie lehnt sich eng an die Mecklen-
burger KO an, die im allgemeinen auch vorbildlich war für die Visitationsfragen. Doch ist hier noch
eine Oldenburger Besonderheit zu verzeichnen. Mecklenburg bietet kein Vorbild für die Frage nach den
Büchern der Pastoren, wie Oldenburg sie gestellt wissen will, mat der Begründung : „Denn Flaccianische,
sacramentirische, widerteuferische und dergleichen bücher sollen nicht gelidden werden bey einfeltigen,
die leichtlich dardurch irre werden43.“ Hier grenzt man sich also nach mehreren Seiten ab ; deutlich liegt
der Weg des gemäßigten Luthertums vor Augen. Die Frage nach den Büchern der Pastoren sollte auch
später noch in Oldenburg eine wichtige Rolle spielen.

Die Oldenburger KO von 1573 wurde abgelöst durch die KO vom 16.7.172544 . Den veränderten
agendarischen Bedürfnissen war schon vorher Rechnung getragen worden, insbesondere durch das 1690
von dem Superintendenten Nikolaus Alardus zusammengestellte Handbuch, das 1719 aufs neue publi-
ziert wurde45 .

42 Unten S. 1124.

43 Unten S. 1125.

44 Auch gedruckt im Corpus Constitutionum Oldenburgicarum ..., Supplementum I, Nr. 1, S. 5-35. — Titel nach
dem Original in der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen: „Neue / vollständige Kirchen-
Ordnung / In der Stadt und Graffschafft Oldenburg / auch zugehörigen Landen / OLDENBURG, Gedruckt bey
Jacob Nicol. Adler / Königl. Dännemarckisch. privileg. Buchdruck. 1725.“ Anfang: „Wir Friederich der vierte,
von Gottes gnaden, könig zu Dännemarck, Norwegen, der Wenden und Gothen, herzog zu Schleswig, Holstein,
Stormarn und der Dithmarschen, graff zu Oldenburg und Dellmenhorst etc. etc., tun kund hiemit: Daß uns unsere
zur regierung und dem consistorio zu Oldenburg sämbtlich verordnete alleruntertänigst vortragen lassen, welcher
gestalt sie in ansehung, daß die nach der reformationszeit in anno 1573 in unserer graffschaft Oldenburg und zu-
gehörigen landen publicirte kirchenordnung nur hin und wieder mehr verhanden, der notwendigkeit zu seyn er-
achtet, selbige wieder nachzusehen, zu erwegen und nach gegenwärtigem zustande und anderen bewehrten kirchen-
ordnungen eine neue kirchenordnung abzufassen und einzurichten, davon der zu unserer allergnädigsten approba-
tion eingesandter entwurf folgenden inhalts lautet: ...“.

45 KO von 1725 verweist unter „„Caput. XI X. Kirchen-Agenda“ (S. 68) auf das Handbuch: „Finden sich in
dem bekannten und ohnlängst in duodecimo wieder aufgelegten Oldenburgischen Hand-Buch, dessen sich die pre-
diger in jedem fall zu bedienen haben.“ Titel des Handbuches nach dem Original im der Landesbibliothek Olden-
burg: „Hand-Buch / Für Die Prediger in der Graffschafft Oldenburg / Welches jedoch Auch an andern Orten füg-
lich gebrauchet werden kan / Weil Das meiste / so im Predig-Ampte zuthun vorkommen mag / Hieselbst beysammen
gefunden wird / Vormahls heraus gegeben von Sel. Herrn Nacolao Alardo. S. S. Theol. Doctore, und Königl.
Dennemärck. General-Superintendent. in diesen Oldenburg. Landen. Zweyte Edition, Auffs neue übersehen / von
Fehlern gesäubert / und nach dem Zustande der jetzigen Zeiten zum Gebrauch näher eingerichtet. Cum Privilegio
Regio. Oldenburg / gedruckt und verlegt von Jacob Nicolaus Adler / Königl. Dännemärck. privileg. Buchdrucker /
1719.“ - Titel der ersten Auflage nach dem Original in der Landesbibliothek Oldenburg: „Hand-Buch / Darin be-
findlich: 1. Der Catechismus ohne Außlegung. II. Derselbe mit der Außlegung Lutheri. III. Allerhand zum Heil.
Predig-Amt gehörige Formulen. IV. Allerley Trost- und Schreck-Gründe bey gewissen Fällen. V. Hauß-Visita-
tions-Artickel. VI. Allerley Collecten. VII. Die gewöhnliche Evangelia und Episteln durchs gantze Jahr mit be-
sonderen Collecten. VIII. Die Passions-Historia aus den vier Evangelisten gezogen. IX. Das 53ste Capittel
Esaiae, und der 22ste Psalm / als Lectiones zur Fasten-Zeit. X. Die sieben Buß-Psalmen / samt dreyen besonderen
Buß-Texten. XI. Hiesiges Orts gewöhnliche Kirchen-Gebete nach denen Predigten. XII. Eine Zugabe / von Ordi-
nations- und Introductions-Formulen, wie auch Kirchen-Visitations-Artickeln | etc. etc. Cum Privilegio. Olden-
burg / Gedruckt und verlegt durch Joh. Erich Zimmer und Nicolaus Götjen / 1960.“

963
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften