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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Sprengler-Ruppenthal, Anneliese [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 1. Teil): Stift Hildesheim, Stadt Hildesheim, Grafschaft Oldenburg und Herrschaft Jever — Tübingen: J.B.C. Mohr (Paul Siebeck), 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.32954#0242
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Grund, weshalb man in Oldenburg eine Ausgabe des Katechismus veranstaltete, war den Vorreden zu-
folge die Gefahr, die dem lutherischen Bekenntnis in der Grafschaft drohte durch Einführung anderer,
d.h. falscher, offenbar reformierter Katechismen bzw. neuer Lehren in der Nachbarschaft. Zu denken
ist dabei auch daran, daß sich die Stadt Bremen inzwischen dem Calvinismus zugewandt hatte. Die
Katechismusausgabe sollte das lutherische Bekenntnis in der Grafschaft bestätigen und bekräftigen.
Auch die endgültige Vorrede bringt das deutlich, jedoch maßvoller zum Ausdruck als die Entwürfe.

Stangen starb 1603 oder 1605. Es trat dann eine Vakanz in der Superintendentur ein, während
derer Mag. Judex zeitweise mit der Wahrnehmung der Amtsgeschäfte des Superintendenten betraut
wurde18. Am 5.Januar 1609 kam Dr. Gottfried Schlüter nach Oldenburg und erhielt das Superinten-
dentenamt. Er Starb am 15. Februar 163719. Er ist es vor allem gewesen, der Hamelmanns Werk weiter-
geführt hat, besonders auf dem Gebiet des Schulwesens. Die Schulordnung Anton Günthers vom 14. Mai
1614 geht auf Anregungen Schlüters und Velsteins zurück ; Velstein hat sie auch verfaßt, Schlüter und
der damalige Kanzler Fr. Johannes Prott haben sie herausgegeben. Auch das Volksschulwesen wurde
weiter gefördert20.

Sittenmandate ergingen mehrfach von seiten der Landesherrschaft. Überliefert ist eine „„Policey-
ordnung wegen der hochzeiten, kindtaufen, begrabnissen, kirchgäng und kirchmessen de ao. 1606“. Die
Prediger sollten sie jährlich viermal von der Kanzel ablesen. Auch wird in der Visitation von 1609/11
auf dieses Mandat bezug genommen, werden nach seiner Innehaltung Erkundigungen eingezogen, wird
es erneut eingeschärft. Die Sittenzucht wird von weltlichen und kirchlichen Instanzen gemeinsam wahr-
genommen. Wir geben die Polizeiordnung, vor allem wegen ihres Bezuges zur Visitation 1609/11,
wieder21.

burg II, 125, Anm. 59) als Vorbilder. Davon, daß dieses erste Oldenburger Druckwerk „in den osterlichen feyer-
tagen dieses 99. jahres" veröffentlicht und den Predigern und Lehrern anbefohlen wurde, zeugt der im gleichen Jahr
erschienene Erstdruck der Chronik Hamelmanns: Oldenburgisch Chronicon. Das ist Beschreibung der Löblichen
Uhralten Grafen zu Oldenburg und Delmenhorst ... Oldenburg: (Berends Erben) 1599, 493. Zu den Entwürfen
der Vorrede liegen Gutachten des Kanzlers Dr. Hermann Niger vom 14.9.1598 - tags zuvor hatte er alle drei Ent-
würfe erhalten - und des Jeverschen Superintendenten M. Jodocus Glanaeus (vgl. S. 982, Anm. 8) vom 25.9.1598
vor (Siehe auch Schauenburg II, 583ff.). Glanaeus sprach sich für den dritten Entwurf der Vorrede aus; er hatte
Bedenken, den konfessionellen Zustand in der Grafschaft allzu schwarz darzustellen, „dieweil auß E.G. landen
niemals der Kleine Catechismus D. Lutheri auß kirchen und schulen in abgang und von handen kommen und
andere falsche und widerwertige lehre von den benachbarten darjegen eingeführet worden“ (Staats-A. Oldenburg,
aaO. Bl. 11). Niger trat für den zweiten Entwurf der Vorrede ein und meinte, daß dieser „feyn glimpflich und
demutig ohn einige infestation der benachbarten kirchen gestellet und gleichwoll E.G. christliche confession und
löblichen eyfer zu der rechten unvorfälscheten religion gnugsamb an tagk gibt...‘ (aaO. Bl. 9). - Schauenburg
II, 118f., hält den Hofprediger Johann Judex für den Verfasser der ersten beiden konfessionell schroffen Ent-
würfe, während er den gemäßigten dritten Entwurf anscheinend dem Superintendenten Stangen zuschreibt. Vgl.
auch Dietzel, aaO. mit Anm. 50.
18 Vgl. oben Anm. 3; J. Ramsauer, 163. 159f. 154; auch L. Schauenburg I, 6.
19 Vgl. L. Schauenburg I, 7ff.; J. Ramsauer, 154. Gottfried Schlüter wurde am 8. Januar 1562 zu Wesel geboren,
studierte zu Helmstedt unter seinem Onkel Tilemann Heßhusius, wurde 1588 Magister, war 1590-91 Konrektor
zu Braunschweig, studierte dann wieder in Helmstedt, war danach zwei Jahre Adjunkt der philosophischen Fakultät
in Königsberg, darauf Dozent in Helmstedt. 1597 wurde er Superintendent in Göttingen; 1598 verlieh ihm die
theologische Fakultät in Helmstedt den Doktortitel.
Vgl. L.Schauenburg I, 189. Zur Schulordnung J.Weichardt, 15. Abschriften der Schulordnung von 1614 im
Staats-A. Oldenburg, Best. 73 Nr. 245 und Best. 262-1 Nr. 4445 (3 Abschriften um 1700), ein Vorentwurf (Hs.
aus der Zeit Anton Günthers ) im der Niedersächsischen Staats- u. Universitätsbibliothek Göttingen, Hs. Jurid. 8 II,
Bl. 508-512.
Text Nr. 6. Die „Policeyordnung“ von 1606 im Staats-A. Oldenburg, Best. 292 Nr. 9, Heilersieg, Tom. 3, P 2.
Es handelt sich um eine zeitgenössische Abschrift (Kanzleireinschrift). Eine zweite zeitgenössische Abschrift be-
findet sich ebd. in Best. 289 Nr. 21 — Copial allerhand Sachen, insbes. Gräfl. Mandata u. Verordnungen 1596-
1608 - pag. 86-93. Dort lautet die Überschrift: „Mandatum in anno 1606 publicirt, betrift die verordnung bey den
verlobnußen und hochzeiten, auch abschaffung der haußholdungen, item von der kindertaufe, kirchgang, begreb-

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