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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Sprengler-Ruppenthal, Anneliese [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 1. Teil): Stift Hildesheim, Stadt Hildesheim, Grafschaft Oldenburg und Herrschaft Jever — Tübingen: J.B.C. Mohr (Paul Siebeck), 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.32954#0248
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2. Anfänge der Reformation

Die Reformation im Jeverland soll nach Hamelmann1 damit begonnen haben, daß der Jeversche
Pastor Heinrich Kramer aus Esens sich ihr zuwandte. Diese ersten Schritte in evangelischer Richtung
haben sich offenbar in loser Anlehnung an die Bewegung in Ostfriesland vollzogen. Kramer ließ sich
Schriften Luthers, Melanchthons, Bugenhagens u.a. aus Emden kommen und las sie fleißig: „Dum
ex his illuminaretur, et evangelium libere docuit, et sacramentum altaris omnibus sub utraque specie
exhibuit nostra lingua, qua etiam psalmos cecinit anno Domini 1525‘, heißt es bei Hamelmann. Und
weiter erzählt er, wie die Jeverschen Herrinnen über Kramer empört waren, ihm Einhalt geboten und
ihn des Amtes entsetzen wollten, wie sich dieser dann um Hilfe an den Grafen Enno von Ostfriesland
gewandt habe, der noch drei weitere evangelische Prediger schickte. Kramer selbst heiratete. Über die
ostfriesische Einmischung waren die Fräulein von Jever erst recht erzürnt. Doch der Rentmeister und
Ratgeber der Jeverschen Herrinnen Remmer von Seediek2 nahm sich der reformatorischen Sache an.
Ihm gelang es, die Fräulein umzustimmen. Von den drei evangelischen Predigern, die Graf Enno von

dechanten und dem Häuptling Christoph von Jever wegen der geistlichen Jurisdiktion in Östringen und Wanger-
land vom April 1513 wird bezüglich des Pfarrbesetzungsrechtes festgesetzt: ‚Item myt den beneficien in beyden
landen Ostringen und Wangerlande scall blyven, alse betherto sedtlick und wontlich, unde hyrmede scholen de insaten
der lande, beide geystlick und wertlick, aller nyen besweringe entleddiget unde entfryet syn ...“. Vgl. H. Reimers,
aaO. 152ff., bes. 157. 173ff. 189ff.; Oldenburgisches Urkundenbuch VI, Nr. 422. 470. Bei diesen Streitigkeiten
zwischen Archidiakon von Rüstringen bzw. Domdechant und Landesherrschaft Sind die Rechte der Kirchspiels-
genossen am Pfarrbesetzungsrecht übergangen. Diese betr. bestimmt das niederdeutsche Rüstringer Sendrecht :
„Und do avergaff uns pawest Leo, dat wy gadeshuser buwen und gudt christendoem holden, und dat alle Fresen
dorch ere nodt halven mogen buwen gadeshuser up eren fryen gude Sunder ahnsprake des byschoppes und prawestes,
und de lude, de dat gades huß beerven und de buwynge doen, dorch de ehre Gades umme ere to beteren, de
Scholen de preester kesen bynnen landes, und nene buten landes und de prawest horet eme dat geystliken to vorlenen . ..“
(vgl. dazu die ältere, friesische Fassung des Rüstringer Sendrechts bei W. J. Buma, De eerste Riustringer Codex,
131; mit hochdeutscher Übersetzung bei W. J. Buma-W. Ebel, Das Rüstringer Recht, 112f.). Das für Jever-
land wichtigere Sendrecht für Östringen und Wangerland bestimmt: „„Furs erste, daß wir mugen kirchen und kluse
bauen uf unser eigen erb mit willen des herrn dieses landes sonder verkeringe der prelaten zu Bremen... Item so
mogen wir erkiesen priestere uf kirchen oder vicarien mit zutat des landesherrn.“ „Item so mag unser herr der
dechant uns keine priester in unser. kirchen setzen gegen unser hern und des kaspels willen.“ Vgl. C. Borchling
I, 187. 244f.

H. Hamelmann, Opera, 804f. Ihm folgt K. Wöbcken, Luther und die Einführung Seiner Lehre, 33ff., ebenso
L. Schauenburg, Beiträge, 19f.; E. Pleitner, 22ff.

Remmer von Seediek stand 1531 bis 1557 im Dienst der Maria von Jever; er war Rentmeister, wurde seit 1540
auch öfter als Kanzler bezeichnet (Oldenburgisches Urkundenbuch VI, Nr. 1024. 1026. 1095. 1129). Ca. 1500
geboren, studierte er vermultlich in Rostock und wurde 1528 zum Priester geweiht. Etwa seit Ende des Jahres 1523
war er in Seediek tätig, zuletzt als Pastor. Er wirkte mit bei der Klärung des Besitzstandes der Einwohner von
Seediek, dıe durch die große Flut von 1511 notwendig geworden war, desgleichen bei der Festsetzung der Kirchen-
steuern (aaO. Nr. 518). Als die Fräulein von Jever 1531 einen tüchtigen Mann zur Aufstellung von Steuerlisten
benötigten, beriefen Sie im November 1531 Remmer von Seediek. Am 6. März 1532 wurde er von den Fräulein
Anna und Maria mit der Kirche in Neuende belehnt (aaO. Nr. 636); öfter erscheint er im Urkunden als Pfarrer
dieser Kirche (vgl. aaO. Nr. 861: 10.10.1537; Nr. 1022: 18.12.1540; Nr. 1052: 1542). Den Pfarrdienst versah
ein Vikar (vgl. aaO. Nr. 1112: 25.12.1547). Remmer von Seediek war bemüht um die Aufstellung eines neuen
Landrechts, um die Errichtung von Gemeindeschulen, um den Plan einer Lateinschule, um die Einführung der
Reformation, um die Sicherung des Landes durch Deichbauten usw. Von seinen vielseitigen Interessen und seiner
umfassenden Gelehrsamkeit zeugt auch seine Bibliothek, deren Bestände z.T. in die Bibliothek des Mariengymna-
siums in Jever, z.T. in die Landesbibliothek in Oldenburg gekommen sind. Vom reformatorischen Schrifttum inter-
essierten Remmer nicht nur Werke von Luther, Melanchthon, Bugenhagen, Brenz, sondern auch solche von Bucer,
Bullinger, Calvin, Beza, Pellican, Wolfgang Musculus, Petrus Martyr, Andreas Hyperius u.a. In den Staats-
dienst getreten, hat Remmer sich offenbar intensiv mit juristischen Studien beschäftigt. Vgl. G. Sello, Studien
zur Geschichte von Oestringen und Rüstringen, 37ff.; G. Andrée, Remmer von Seediek, 1ff.; H. Rogowski,
; A. Sprengler-Ruppenthal, Eine reformatorische KO, 313f., Anm. 3. H. Harms, 41ff., handelt unter
der Überschrift „„Remmer von Seediek‘“ u.a. über die Interimsfrage und die Jeverschen KOO (vgl. unten S. 974ff)»

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