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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sprengler-Ruppenthal, Anneliese [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 1. Teil): Stift Hildesheim, Stadt Hildesheim, Grafschaft Oldenburg und Herrschaft Jever — Tübingen: J.B.C. Mohr (Paul Siebeck), 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.32954#0268
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Kirchenordnung 1573

unterrichtet werden, wie sie eine jede person der
heiligen dreyfaltigkeit erkennen, anruffen, loben,
danken sollen, also das wenn sie gefragt werden,
ihren glauben fein einfeltig von einer jeden person
der heiligen dreyfaltigkeit bekennen und erkleren
können, wie solche lere in den symbolis und in
obgemelten schriften gründlich tradiert wirt. Es
sollen aller die prediger sich vleissig fürsehen, das
sie nicht allerley spitzige disputationes von diesem
grossen geheimnis der heiligen dreyfaltigkeit, vor
dem gemeinen volk ihre kunst dardurch zu beweisen,
regen, sondern bey der einfalt bleiben und das volk
vormanen, das sie fürnemlich in diesem artikel des
glaubens ihre vernunft gefangen müssen nemen
unter den gehorsam des glaubens, 2.Cor. 10 [5],

7 Dieser ganze Absatz in enger, weithin wörtlicher An-
lehnung an den ,,Kurzen, einfeltigen und noth-
wendigen bericht von etlichen fürnemen artickeln
der lehr..." des Martin Chemnitz aus der Wolfen-
büttler KO von 1569, Sehling VI, 1, 93f. Vgl. dazu
Einleitung, oben S. 958.
8 Vgl. FC, Epitome XII, Bek. Schr., 826: ,,Irrtumb
der neuen Arianer"; Solida declaratio XII, Bek.
Schr., 1098: ,,Irrige Artikel der neuen Arianer". Ge-
meint sind die Unitarier. Sie lehnten das Trinitäts-
dogma ab und huldigten einem rationalen Biblizis-
mus. Die Anfänge der ,,neuen Arianer" liegen im
Humanismus (Erasmus; Martin Cellarius, Schüler
Reuchlins, 1499-1564). Bedeutsam wurde Michael
Servets Werk ,,De trinitatis erroribus" 1531, dann
,,Restitutio Christianismi" 1553. Für Oldenburg ge-
fährlich werden konnte der antitrinitarische Stand-
punkt des David Joris (vgl. Anm. 11). Franz Davidis
(Siebenbürge) und Georg Biandrata (Italiener) wur-
den seit 1566 Begründer des Unitariertums in
Siebenbürgen (Ungarn). Namhafte Vertreter des
Unitariertums waren u. a. auch Lelio Sozzini aus
Siena und dessen Neffe Fausto Sozzini, der von
Biandrata 1577 nach Siebenbürgen berufen wurde
und seit 1579 in Polen die Kirche der Sozinianer be-
gründete. Vgl. M. Schmidt, RGG3 VI, 1148ff;
H. R. Guggisberg, RGG3 VI, 207ff; E. Eichele,
EKL III, 1563ff; D. Cantimori, EEL III, 1049ff
(Quellen und Lit. aaO.).
9 Vgl. FC, Epitome XII, Bek. Schr., 826: ,,Irrtumb
der Antitrinitarier"; Solida declaratio XII, Bek.
Schr., 1099: ,,Irrige Artikel der neuen Antitrinita-
rier". - Außer den in Anm. 8 Aufgeführten sind be-
sonders zu nennen die Tritheisten Matteo Gribaldi
(Rechtsgelehrter aus Padua, † 1564, wirkte von Far-
ges bei Genf aus auf die italienische Gemeinde in
Genf und auf die Antitrinitarier in Polen) und Va-
lentino Gentilis (Humanist aus Cosenza, † 1566, zeit-
weise Glied der italienischen Flüchtlingsgemeinde

und also von Gott gleuben und reden, wie er in
seinem wort sich geoffenbaret hat, l.Corin. 2 [6ff.].
Und sol diese ganze lere dahin gerichtet werden,
das die Christen dieselbige teglich, wenn sie ihr gebet
tun, uben mügen, also anruffen, die güter und wol-
taten bitten, dafür danken dem Vater, dem Son und
dem heiligen Geist, wie die lere vom artikel der
heiligen dreyfaltigkeit solches ausweiset7.
Und hie mus die antithesis auch getrieben werden
wider alle alte und neue ketzer, Arrianer8, Antitrini-
tarier9, widerteufer10, David Georgisten11 und der-
gleichen gottslesterer und schwermer, wo und wenn
vonnöten, auch was vielerley grosse abgötterey im
bapstumb getrieben sey worden mit den lieben
heiligen, mit bildern, mit walfarten etc., daraus man
in Genf, 1563-1566 in Polen). Vgl. E. Peschke,
RGG3 II, 1857; W. Maurer, RGG3 II, 1390.
Vgl. FC, Epitome XII, Bek. Schr., 822: ,,Irrige Ar-
tikel der Wiedertäufer."; Solida declaratio XII,
Bek. Schr., 1092: ,,Irrige Artikel der Wiedertäufer".
Im benachbarten Ostfriesland waren die täuferi-
schen Einflüsse immer noch besonders stark spür-
bar; vgl. Polizeiordnung 1545, Sehling VII, 1,
401ff mit Anm. 48ff; Gellius Faber, Eine ant-
wert... vp einen bitterhönischen breeff der Wedder-
döper, o. J.; die Emder Kirchenratsprotokolle, ent-
sprechende Auszüge bei Sehling VII, 1, 491f.,
Anm. 46. Betr. die Täuferbewegung im Jeverland
und in der Grafschaft Oldenburg vgl. L. Schauen-
burg, Täuferbewegung; Einleitung, oben S. 977f.
982, und unten S. 1222.
David Joris (1501/2-1556), Glasmaler und Kauf-
mann, bereiste von Antwerpen aus Frankreich und
England, ließ sich 1524 in Delft nieder, wandte sich
gegen die katholischen Priester (Störung einer Pro-
zession), wurde körperlich gezüchtigt und mußte
Delft verlassen. Bald schloß er sich den Täufern an,
die er auf dem Täuferkonvent zu Bocholt 1536 zu
einigen versuchte. Danach wurde er zum Stifter
einer eigenen täuferischen Partei im Bewußtsein,
ein Prophet zu sein. Er war mystischer Spiritualist,
der das Geistprinzip und das mystische Erlebnis dem
Schriftprinzip und der Buchstabenfrömmigkeit, dem
fleischlichen Wesen, entgegenstellte. Bis 1544 hielt
er sich in Holland, Ostfriesland und Belgien auf.
Über einen Besuch des Joris in Oldenburg 1538, der
ihm keinen Erfolg brachte, berichtet L. Schauen-
burg, Täuferbewegung, 49 ff. Später wandte Joris
sich - vor Erlaß der bereits in Vorbereitung befind-
lichen ostfriesischen Polizeiordnung und nach einer
Auseinandersetzung mit dem ostfriesischen Landes-
superintendenten Johannes a Lasco -nach Basel, wo
er unter dem Namen Johann von Brügge als ange-
sehener Bürger und nach außen als reformierter Christ
993

16 Sehling, Niedersachsen II/2
 
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