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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sprengler-Ruppenthal, Anneliese [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 1. Teil): Stift Hildesheim, Stadt Hildesheim, Grafschaft Oldenburg und Herrschaft Jever — Tübingen: J.B.C. Mohr (Paul Siebeck), 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.32954#0276
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Kirchenordnung 1573

und seine krefte gern rühmen wil. Aber Augustinus
sagt fein De natura et gratia, cap. 53 Quid tantum
de naturae possibilitate praesumitur, vulnerata,
sauciata, vexata, perdita est, vera confessione et
sanatione, non falsa defensione opus habet. Und
sol dis alles gerichtet werden, nicht zum unnötigen
gezenk, sondern dahin, das die Christen solche
gaben des heiligen Geistes erkennen, ihm dafür
danken, zu dem rechten arzt, der in diesen sachen
allein helfen kan, sich finden und halten, und das
sie wissen mügen, bey wem sie solche gaben suchen
sollen29.
Zum vierten mus in dieser lere auch das gemeldet
werden, wie und wodurch der heilig Geist solches,
was zur bekehrung gehöret, wirken und geben wolle,
nemlich nicht ohne mittel, wie die enthusiasten30
sagen, sie wollen weder mit dem wort noch sacra-
menten sich bekümmern, sondern immer für sich
hinleben und so lang warten, bis Gott one mittel
ihnen die bekehrung eingebe und sie mit gewalt
ziehe, das sie es fülen können, das es Gottes wirkung
sey, sondern Gott hat dazu eingesetzet und gegeben
die ordentlichen mittel, das mündliche wort und
die sacramenta. Das wort sollen wir hören und be-
trachten, die sacramenta brauchen; denn also und
dadurch wil der heilig Geist kreftig sein, seine gaben
und wirkung geben. Derhalben sollen die leute, die
solcher gaben des heiligen Geistes bedürfen und
begeren, zum wort und sacramenten als ordentliche
mittel und werkzeug des heiligen Geistes geweiset
werden
Zum letzten gehöret zu dieser lere auch die er-
innerung, das der h. Geist mit seinen gaben und
mit seiner wirkung alles, was zur bekerung gehört,
nicht alsbald und auf einmal gar ausrichtet und
volnbringet, sondern wie es durch die ordentliche
mittel von dem h. Geist wird angefangen, also wirds
auch von demselben durch die ordentliche mittel,

28 De natura et gratia, cap. LIII, 62; MSL 44, 277.
CSEL 60, 279.
29 Der Absatz wörtlich nach Chemnitz, Kurzer, ein-
feltiger... bericht...; Sehling VI, 1, 117.
30 Vgl. oben S. 997 mit Anm. 9; auch FC, Solida decla-
ratio II, Bek. Schr. 905, dazu C. Schlüsselburg,
aaO. X (1599).
Der Absatz wörtlich nach Chemnitz, Kurzer, ein-
feltiger... bericht...; Sehling VI, 1, 117.

wiewol in grosser schwacheit, gefürdert, gesterkt,
vermehret, erhalten und bis ans ende hinausgefüret.
Sollen derhalben die Christen vermanet werden,
wenn der heilig Geist solche wirkung durchs wort
bey uns anhebet, das wir solches nicht hindern oder
zerstören; denn das heist dem heiligen Geist wider-
streben, Act. 7 [51], sondern die neue angefangne
gaben des Geistes in uns mit vleis und ernst uben,
zum wort uns imer halten und daneben vleissig
beten; denn also und dadurch wil der heilig Geist,
was er angefangen hat, fördern, sterken, mehren,
erhalten und bis zum ende hinausführen, wie das
gleichnis von den fünf centnern Matth. 25 [14ff.]
leret. Und das meinet Christus, wenn er spricht:
Wer da hat, den wird gegeben werden, und wer
nicht hat, den wird dasselbig, was er hat, genomen
werden. Das wil auch Augustinus De dogmat. cap.
3232; Deus agit in nobis, ut velimus et agamus, nec
ociosa in nobis esse patitur, quae exercenda, non
negligenda dedit, ut et nos cooperatores simus
gratiae Dei. Ist derhalben falsch und unrecht, das
etzliche fürgeben, weil es Gottes gaben sind, so
wollen sie sich keines dinges annemen noch befleis-
sigen, wider keine böse lust streiten etc. Denn das
wir arme menschen der wirkung des heiligen Geistes
widerstreben und seine gaben widerumb verlieren
und verwarlosen können, ist leider allzu wahr, wie
viel schreckliche exempel in der schrift zeugen. Das
wir aber nicht widerstreben, sondern folgen, ist auch
ein gabe des heiligen Geistes, der imer dabey sein
mus, nicht allein, wens angefangen sol werden,
sondern auch, wens gefordert, gemehret, erhalten,
geübet sol werden, wie davon Augustinus aus Gottes
wort schön schreibt De correp. ca 1233.
Auf diese weise kan die lere den einfeltigen aufs
allerbequemlichste zur erbauung fürgetragen, von
allen papistischen saurteig gereinigt und für aller
verfelschung rein verwahret werden34
Pseudo-Augustin (Gennadius von Massilia um
492), De ecclesiasticis dogmatibus liber, cap. XXXII;
MSL 58, 988.
33 De correptione et gratia, cap. XII, 33-38; MSL 44,
936-940. - Der Absatz im allgemeinen wörtlich nach
Chemnitz, Kurzer, einfeltiger... bericht...; Seh-
ling VI, 1, 117f.
34Wörtlich nach Chemnitz, Kurzer, einfeltiger...
bericht...; Sehling VI, 1, 118.

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