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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sprengler-Ruppenthal, Anneliese [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 1. Teil): Stift Hildesheim, Stadt Hildesheim, Grafschaft Oldenburg und Herrschaft Jever — Tübingen: J.B.C. Mohr (Paul Siebeck), 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.32954#0300
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Kirchenordnung 1573

Contra:
Sind doch viel tugenden in der bekerung,
warumb sprichstu denn: Sola fide? Mus
doch reu und leid im menschen sein? Item
guter fürsatz, lieb und hoffnung etc.?
Antwort:
Obgleich viel tugenden in der bekerung sind und
sein müssen, so sind sie doch nicht verdienst oder
causae oder ursach, darumb die person vergebung der
sünden habe und für Gott gerecht, das ist, Gott ge-
fellig sey, sondern allein umb des Herrn Christi willen
empfahen wir vergebung der sünden und seind ge-
recht, das ist, Gott gefellig, und dieses kan anders
nicht denn durch glauben angenomen werden, der
die verheissung fasset, wie S. Paulus spricht: Ideo
ex fide, gratis, ut firma sit promissio14
Contra:
Gleuben doch die teufel auch und sind
nicht gerecht, warumb sprichstu denn:
Allein durch glauben sind wir gerecht?
Antwort:
Die teufel gleuben nur die historien. Sie gleuben
aber nicht, das Christus ihnen zugut gesand sey
und ihr heiland sey, ja, sie wissen, das er sie in
grausame, ewige straffe verdamnet. Haben der-
halben ein grimmigen zorn und has wider Gott und
den Herrn Christum. Aber wir sollen gleuben, das
der Herr Christus uns zugute gesand ist und uns
zugut ein opfer worden ist und unser gerechtigkeit
und versünung ist, wie im symbolo15 stehet: Qui
propter nos16 et propter nostram salutem descendit
de coelo. Und in Esaia ist geschrieben: Der Son ist
uns gegeben. Und diesen einfeltigen bericht von
unterscheid des glaubens in teufeln und des rechten
glaubens sol man den leuten treulich erkleren17.

14 Contra und Antwort wörtlich nach Melanchthon,
Der ordinanden examen 1552, MW VI, 189f.; Seh-
ling V, 167f.
15 Symbolum Nicaenum, Bek. Schr., 26.
16Melanchthon, aaO., MW VI, 190; Sehling V,
168: propter nos homines. Ebenso das Symbolum

Contra:
Ists doch unmüglich, das etwas gerecht
sey allein durch wissen.
Nun ist der glaube nur ein wissen?
Antwort:
Der glaube, dadurch der mensch vergebung der
sünden erlangt und gerecht ist, ist nicht allein das
wissen, wie auch in den teufeln und gottlosen men-
schen ein erkentnis der historien ist, sondern dieser
rechte glaube ist, alle artikel des glaubens wissen
und für war halten und darin auch die verheissung
der gnaden Christi, darauf alle artikel, als auf das
ende, gerichtet sein. Und ist also ein warhaftig,
herzlich vertrauen auf den Son Gottes, Jhesum
Christum, den mittler und versüner, das wir umb
seinetwillen und durch ihn haben vergebung der
sünden, gnad und seligkeit. Dieses vertrauen ist so
fern von des teufels glauben als der himel ist von der
hell und leben vom todt.
Und man sol die leute wol unterrichten, das sie
im symbolo18 diesen artikel merken: Credo remis-
sionem peccatorum. Ich gleube vergebung der
sünden. Verstehe: nicht wie die teufel gleuben, das
andern, als dem David und Petro, die sünde ver-
geben sind, sondern also verstehe diesen artickel:
ich gleube vergebung der sünden, das sie mir selbs
vergeben sind umb des Herrn Christi willen on mein
verdienst.
Dieser glaub begreift alle artickel und ist darzu
das vertrauen, das durch den Son Gottes zu Gott
zuflucht hat, wie Roma. 5 [1] geschrieben ist: So
wir gerecht werden durch den glauben, haben wir
frieden bey Gott. Item Ephes. 3 [12]: Durch Chri-
stum haben wir ein frölichen zutritt mit vertrauen,
das da kömpt durch den glauben auf ihn.
Also ist die unterscheid klar zu vorstehen. Die
teufel gleuben nicht, das ihnen ihre sünde vergeben

Nicaenum.
17 Contra und Antwort im allgemeinen wörtlich nach
Melanchthon, Der ordinanden examen 1552, MW
VI, 190; Sehling V, 168.
18 Symbolum Apostolicum, Bek. Schr., 21.


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