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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 2. Teil): Grafschaft Schaumburg, Goslar, Bremen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.30840#0107
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17. Ordnung für das Stift Obernkirchen

17. Ordnung für das Stift Obernkirchena
6. August 1603

Von Gottes gnaden, wir, Ernst, graf zu Holstein,
Schaumburgk unnd Sternebergk, herr zu Gehmen,
fügen hiemit unser domina1, schefferin2 unnd gant-
zem convent unsers closters Obernkirchen zuwißen:
Nachdem wir berichtet worden, zum theill auch
selbst erfharen haben, das daselbst in unserm closter
allerhandt gebrechen unnd mengell eingerißen, die
Gott, dem almechtigen, zun ehren, zu erbawung der
jugent unnd unßer landtschafft zu gutem abge-
schaffet unnd alles in einen beßern standt muß
gebracht werden, unnd damit wir, wie es hirumb al-
lenthalben im grunde bewandt, bestendige nachrich-
tung hetten, so haben wir derowegen durch etliche
unsere rethe unnd einen von der landschafft in ge-
dachtem unßerm closter eine ordentliche visitation
anstellenb unnd der eingefalnen mengelen unnd miß-
breuchen halber fleißige erkundigung nehmen wol-
len, vornemblich aber die itzige gelegenheit gegen
die vorige gehalten unnd bey |46v | der domina unnd
jungkfrawen selbst nachforschen laßen, wie unnd
welcher gestalth bißc dahero in einem unnd anderm

verfharen, inmaßen unsere abgeordente hievon,
unnd wie sie es in solcher erkundigung allenthalben
befunden, außfürlichen bericht, laut des protocols,
eingebracht. Dieweill wir dan darauß vermercken,
das die hoheste notturft sey, die bißhero erwachsene
mengell abzuschaffen unnd ferner verordnung zu-
thun, so haben wir die sach durch unsere rethe nach
notturfft erwegen, auch nach gehabtem rath be-
dacht, wie solche verbeßerung allenthalben anzu-
stellen unnd zubegreiffen3: Unnd weil solchs allein
Gott zun ehren unnd der lieben posteritet unnd un-
ßer landtsaßen kindern zum besten unnd ufneh-
men4 gemeint, alß5 wollen wir nicht zweiflen, solchs
werde allen verstendigen unnd die es mit unser landt
unnd leuten wolmeinen unnd unordnung haßen, alß
ein notiges unnd Gott wolgefelliges werck belie-
ben6, loben unndd |47r| vorsetzen7 helffen. Den da
diese ufsicht lenger verblieben8, hetten wir es gegen
Gott nicht zuverandtworten, wurde uns auch bei
benachbarten verweißlich sein. Unnd lautet die ord-
nung nun, so uf unser Closter gerichtet, wie folget:

Von lesen der Bibell unter der maeltzeit

Wir seint berichtet, das die teudtsche Biblia, alß in
welcher allein der grundt unsers christlichen lebens
unnd glaubens begriffen, nun in vielen jharen im
closter weder unterm eßen noch uf dem chor gele-
ßen. Dieweill dan dieses ein ergerlich werck, zuma-
hell an einer heilgen stette, die anfengklich nur
dartzu gestifftet, das man sich unableßlich in Gottes
wort uben soll, solchs auch dem gebrauch, welcher

a Textvorlage (Handschrift): NLA Bückeburg L 1,
Nr. 3370, Bl. 46r-52v. Abdruck: Sprengler-Ruppen-
thal, Essays und Nachträge, S. 52-55.
b Hs.: anzustellen.
c Korr. aus: bißher.
d Hs.: unnd unnd.

1 Gemeint ist die Priorin.

in allen reformirten clöstern gehalten, stracks zu-
wiederlauffet unnd allein dahero verblieben, das die
junckfrawen nicht im remter9, sondern der dominae
stuben gespeiset, so wollen |47v | wir, das hinfuro die
junckfrawen, wie von alters gewonlich, wiederumb
im remter sollen gespeiset unnd unter dem eßen mit-
tags zwey capittell auß dem Newen Testament ne-
bens 1 Psalm unnd des abendts zwei capittell auß

2 Schaffnerin.
3 Zu erlangen, s. FWb 3, Sp. 652f.
4 Gedeihen, s. FWb 2, Sp. 568f.
5 Also.
6 Schätzen, s. FWb 3, Sp. 1222f.
7 Durchführen, fortsetzen, s. Grimm, DWb 26, Sp. 1564f.
8 Unterblieben.
9 Refektorium, s. Grimm, DWb 14, Sp. 805.

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