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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 2. Teil): Grafschaft Schaumburg, Goslar, Bremen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.30840#0213
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Einleitung

oder Marktschule schicken sollten. In der Folge versuchte der Rat durch ein Mandat die Aufhebung der
Schule des Stifts St. Simon und Judas zu erreichen, was aber am Widerstand des Kapitels scheiterte143. Der
Beschluß des Rates vom 28. August 1529 und das Mandat zur Aufhebung der Domschule sind auch in einer
Beschwerde des Kapitels von St. Simon und Judas beim Kaiser („Supplicatio ad imperatorem Carolum V.)
erwähnt144.
7. Kirchenordnung, [nach 24. Februar] 1531 (Text S. 244)
Anfang November 1530 wandte sich der Goslarer Rat an Nikolaus von Amsdorf mit der Bitte, noch einmal
nach Goslar zu kommen, wu dat under den predigern binnen unser stadt ein ärdom, etlike artikel unses christ-
lichen gelovens belangende, itzund upgesteit [...], daruth denne under deme gemeinen volcke en grot ernisse tho
erwassende hoch besorglich. Gleichzeitig richtete der Rat an die Stadt Magdeburg die Bitte, Amsdorf noch
einmal auszuleihen. Am 11. November 1530 gab Magdeburg seine Zustimmung für die Reise nach Gos-
lar145. Anscheinend verzögerte sich der Beginn der Tätigkeit Amsdorfs aber bis in das folgende Jahr. Inzwi-
schen war der Superintendent Johannes Amandus gestorben, und ein Nachfolger war nicht in Sicht. Am 24.
Februar 1531 schrieb der Goslarer Rat deshalb erneut an die Stadt Magdeburg. In dem Brief betonte er die
Dringlichkeit von Amsdorfs Hilfe, da die borghere der swarmerie halben noch faste in groter mercklichen
twidracht staen und wi noch thor tidt neyne andere predigere [...] bekomen. Auf seiten des Rates fürchtete man,
dat de leste erringe noch vele groter und hefftiger, denne alse voren de io gewesen, werden mochte146
Innerhalb der evangelischen Geistlichkeit Goslars kam es zu Lehrstreitigkeiten, wobei die einzelnen
Gegenstände der Auseinandersetzung nicht immer genau faßbar sind. In der Literatur wird meist vom
Eindringen „zwinglianischer Ideen“ gesprochen. Diese Einschätzung beruht auf einem Bericht, den Niko-
fordert wurde, für die Wiederherstellung des Gotteshauses zu sorgen147. Neben der Frankenberger Kirche
war es auch in der zum Stift St. Simon und Judas gehörenden Pfarrkirche St. Thomas zu Übergriffen
gekommen: Im kaiserlichen Mandat vom 30. Oktober 1530, mit dem Karl V. auf die Beschwerden der
Stiftsherren reagierte (s. oben auf der Seite), ist neben der Zerstörung der Altäre und steinernen Kreuze
noch die Entwendung von Kleinodien und Ornamenten erwähnt148. Auch in St. Stephani wurden die Altäre
zerstört und Bilder und Kleinodien aus der Pfarrkirche entfernt. Bei Hölscher ist eine „Klagschrift der
St. Steffen Kirche“ abgedruckt, in der die Vorgänge verarbeitet sind149. Der Pfarrer der Kirche Anton
Corvinus wehrte sich in seiner 1529 veröffentlichten Schrift „Warhafftig bericht, das das wort Gottes ohn
tumult, ohn schwurmerey zu Gosler und Braunschweigk gepredigt wird“ gegen den Vorwurf, die Initiative
dazu sei von ihm ausgegangen. Er selbst habe lediglich fünf Steinbilder auf dem Stephani-Kirchhof, die
sogenannten „Stürzungen“, entfernt, weil sie von den Gläubigen, auch wegen des damit verbundenen Ablas-
ses von 100 Tagen, angebetet würden150.
143 Vgl. Gidion, Geschichte des Ratsgymnasiums, S. 20;
Lohse, Dauer der Stiftung, S. 153.
Eindringen „zwinglianischer Ideen“ gesprochen. Diese Einschätzung beruht auf einem Bericht, den Niko-

144 Vgl. StadtA Goslar Domstiftakten 663 (1524-1534),
S. 122-125.
145 Vgl. das bei Hölscher, Geschichte der Reformation,
S. 88 abgedruckte Schreiben an die Stadt Magdeburg.
146 StadtA Goslar B 4548, in Auszügen bei Hölscher,
Geschichte der Reformation, S. 90.
Amsdorf hatte bereits am 5. November 1530 sein Einver-
ständnis erklärt, noch einmal nach Goslar zu kommen,
um bei der Festigung des Glaubens zu helfen (StadtA
Goslar B 4548).

147 Vgl. Lange, Kirche und Kloster am Frankenberg, S. 23f.
und 34.
148 StadtA Goslar Urk. Stadt Nr. 1167; Abdruck des Man-
dats in Lichtenstein, Abhandlung, S. 59-62.
149 Hölscher, Geschichte der Reformation, S. 61f.; neu
abgedruckt in Quellen zur Geschichte 1, S. 23-26.
150 Corvinus, Warhafftig bericht (1529), Bl. C 4v.
abgedruckt in Quellen zur Geschichte 1, S. 23-26.
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