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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 2. Teil): Grafschaft Schaumburg, Goslar, Bremen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.30840#0358
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Goslar

27. Disziplinarmandata
22. Februar 1595

Wier, burgermeistere und raith der kaiserlichen frei-
en reichs stadt Goslar, thuen kundt menniglichen
unnd fuegen allen unnd jeden unsern burgern, bur-
gers kindern und einwohnern, insonderheytt den
krugern1 unnd schencken alhie, mitt diesem offenen
edict zuwißen:
Nachdem wyr auß sonderbarer, embsiger betrach-
tung dieser gantz gefehrlichen, drangkseligen2 unnd
hochbetrübten leuffte, da man allenthalben leyder
nichts guts höret oder erfehret, und Gott, der al-
mechtiger [sic], nach seinem gerechten eyffer unnd
zorn umb der menschen boßheit willen, so teglich
uberhandt nhemen und inn vollem schwange gehen,
dem grausamen erbfeinde, dem Turcken, uber die
christenheit greuliche tyranney und verfolgung ver-
hengt, auch neben, zu andere schwere straffen, alß
pestilentz, ungewitter, teurung unnd dergleichen,
zuschicket etc., euch, den krugern unnd gastgebern,
mitt ernste aufzuerleggen unnd anzuzeigen bewogen
wordenn, das ihr zu dieser zeitt kein spielwerck3
mitt pfeiffen, trommeten, paucken, geygen noch an-
ders zu freuden gerichtet, vielweiniger auch kartten
oder wurffell spiell inn euwern krugen unnd
schenckheusern jemandts gestatten oder vergonnen
sollet.
Unnd demnach, solchem zu ferner volge, auch nicht
weintziger4 gemeint, auß schuldiger pflicht unsers
tragenden ambts unnd von obrigkeyt wegen, dem
greulichen fluchen, schweren, lestern bey Gottes hei-

a Textvorlage (Handschrift): StadtA Goslar VO A 21.
1 Gastwirt eines Kruges, s. FWb 8, Sp. 1721f.
2 Bedrängenden.
3 Musik, s. Grimm, DWb 16, Sp. 2428.
4 Weniger, s. Grimm, DWb 30, Sp. 499 (s.v. winzig).
5 Närrisches, ungereimtes Reden, s. Grimm, DWb 13,
Sp. 382f.

ligen namenn, leiden, marter, wunden, creutze, todt,
elemente und sacramente, auch andern schandtba-
ren, ergerlichen, untzuchtigen reden unnd narren-
thedingen5, so leider itzo bey jungen unnd alten sehr
gemein ist unnd gemeiniglich unnd am meisten bey
solchen spielen getrieben wirdet, so viel muglich,
mit allem ernste zuwehren unnd gepurliches einse-
hen zuthun, hierumb, so ist unser ernstliche mey-
nung, gepieten unnd wollen, das ihr solche blasphe-
mie, gottslesterungen unndt schandtreden keines
weges mitt stilschweigen beliebet6 oder guttheisset,
sondern solchen gottslesterern mit bescheiden-
heit7 unnd guten wortten untersaget und sie gepur-
lich davon abmahnet, do sich aber der ein oder an-
der freventlich darwieder setzen unnd auflöhnen
wurden, uns dieselben antzeiget. Wollen wir solch
unleidliche laster und crimen laesae maiestatis di-
vinae ahn einem oder mehr solchen frevelern ohn
ansehend der person mit auflegung deren peen unnd
straffe, besage8 keyserlicher beschribener rech-
te9, ordenungen unnd reichs abschieden, dermaßenn
unsern ernst geprauchen, das menniglich zuspuren,
das wir darob ein hochstes mißfallen tragen und an-
dere eyn abscheulich10 exempel nhemen mugen etc.
Dornach sich ein jeder hatt zurichten unnd vor
schaden zuhuten etc.
Urkundlich mit unser stadt kleinem signet versie-
gelt. Geben den 22ten Februarii anno Christi 1595
etc.

6 Akzeptiert, billigt, s. FWb 3, Sp. 1223.
7 Besonnenheit, s. FWb 3, Sp. 1653-1655.
8 Nach Inhalt, s. FWb 3, Sp. 1576f.
9 Vgl. die Constitutio criminalis Carolina, ed. Schroe-
der, Nr. 106, S. 71.
10 Abschreckendes, s. FWb 1, Sp. 325.

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