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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0031
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ministri ecclesiae legen deutlich Zeugnis davon ab. So begleiten die in ihr aufgewiesenen Möglichkeiten
einer Gestaltung des kirchlichen Lebens und seiner Zucht auch weiterhin die Entwicklung der hessi-
schen Kirche47.

b) Teilordnungen der Jahre 1527-1537
Das Jahrzehnt nach der Homberger Synode und der Reformatio ecclesiarum Hassiae ist gekenn-
zeichnet durch mehrere kleinere Ordnungen, die nun, da eine alle Fragen umfassende Ordnung fehlt,
jeweils einzelne Gebiete des kirchlichen Lebens regeln.
Ein Denkzettel des Landgrafen Philipp über die Reformation aus dem Anfang des Jahres 15271
und eine landgräfliche Instruktion für die Visitatoren vom 9. Juni 15272 geben sehr deutlich Aufschluß
über die Fragen, an deren Erledigung zunächst gearbeitet wird3.

1. Die Auflösung der Klöster
Am dringendsten ist die Lösung der Klosterfrage, die Philipp 1526 in Angriff nimmt4. Das
Ergebnis ist schon 15275: Die Einsetzung eines Vogtes in jedem Kloster zur Verwaltung des Kloster-
gutes, Registrierung der Einkommen, Verwahrung der Kleinodien6 und schließlich die Abfindung der
Klosterpersonen7. Alles geschieht nicht ohne betont obrigkeitlichen Nachdruck, aber doch mit dem Er-
gebnis, daß 1527 das Klosterwesen in Hessen im ganzen erloschen ist.
Der Kasseler Landtagsabschied vom 15. Okt. 15278 regelt die Verwendung des Klostergutes: Es
dient der Versorgung der unverheirateten Töchter und der nachgeborenen Söhne aus dem Adel9, ferner
der Aufstellung eines gemeinen Kastens10 und schließlich der Errichtung der Universität Marburg11.
Ausführendes Organ sind in diesem Anfangsstadium der hessischen Reformation die Visita-
toren12. Am 15. Aug. 1525 wird Adam Krafft vom Landgrafen zum Visitator bestellt13. Ihm zur Seite
treten weitere, teils weltliche, teils geistliche Visitatoren14. Ihr Aufgabenbereich ist die Visitation und
Inventarisation der Klöster, bald auch die Visitation der Gemeinden, der Schulen und des Armen-
wesens15. Ziel ist es festzustellen, ob die Pfarrer geschickt sind, das Wort Gottes rein und unverfälscht
47 Vgl. etwa die Ziegenhainer Zuchtordnung von 1539 (S. 101 ff), sie bringt als konstruktive Elemente: Konfirmation,
Bann und Ältestenamt. Die Kasseler Kirchenordnung hat diese kirchlichen Ordnungen fruchtbar gemacht und an
die Landesagende von 1566 weitergegeben, von dieser aus sind sie dann in die folgenden hessischen Ordnungen
aufgenommen worden.
1 Quellen II Nr. 37; Sohm, Territorium 31.
2 Quellen II Nr. 57; Sohm, Territorium 49.
3 Alles soll unter der Voraussetzung ,,eines künftigen Nationalkonzils“ geschehen.
4 Sohm, Territorium 31 ff.
5 Quellen II Nr. 39. 55.
6 Dies alles soll der Erhaltung des Klostergutes dienen, vgl. Quellen II Nr. 16. 39.
1 Sie lag in der Hand des Kammermeisters Rudolf von Weiblingen, Quellen II Nr. 47; Sohm, Territorium 36.
8 Quellen II Nr. 69, 70; Sohm, Territorium 40.
9 Quellen II Nr. 69, 1. 2.
10 Quellen II Nr. 69, 4.
11 Quellen II Nr. 69, 3. - Zur Frage nach der Verwendung des Klostergutes vgl. Heppe, Kirchengeschichte I,
194 ff.
12 Vgl. Reformatio eccl. Hassiae cap. 22 und den Denkzettel des Landgrafen vom Jan. 1527, Quellen II Nr. 37.
13 Quellen II Nr. 7; Sohm, Territorium 28.
14 Es handelt sich zunächst um Jost von Weiters und Johann von Sachsen, Quellen II Nr. 39; Sohm, Terri-
torium 34 ff.
15 Für das Niederfürstentum sind neben Adam Krafft Balthasar von Weitolshausen (genannt Schrautenbach), Amt-
mann in Gießen, und Rudolf von Weiblingen, Kammermeister, als Visitatoren geplant (Quellen II Nr. 49);

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