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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0043
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predigern, wenig ausgenommen, nachteilig und ganz beschwerlich sein werde. Im dritten teil aber ge-
melter ordnung wird von heiligen sacramenten insgemein, darnach von der tauf und vom heiligen
abendmal des Hern weitleüffig gehandelt, welchs teil ins teutsch schon transferirt und Herr Johann von
Nidda zu sich genommen, dasselbige zu abbreviren und corrigiren. Es wird aber dasselbige dritte teil
dem drucker nit zugestellt werden, es sei dan von unserm g.f. und h., wie die ersten zwei zuvor, erstlich
durchlesen und approbiert und darnach von andern superintendenten ubersehen und subscribirt. Ich
verhoff aber, Herr Johann von Nidda werde alles, was die heiligen sacramente unserer christlichen
religion belangt, also disponiren und corrigiren, daß die kirchen dieses ganzen furstentumbs in kein
bosen verdacht des calvinismi, zwinglianismi oder sonst einiges irrtumbs kommen sollten, dan daran
ist nit allein den predigern in der niddergraveschaft, sondern uns andern predigern groß angelegen, daß
mir18 uns bei andern kirchen der Augspurgischen Confession des calvinismi oder zwinglianismi nit
verdechtig machen. Dies hab ich euch, meinen günstige hern, auf euer schreiben und begeren nit wollen
verhalten.
Befele euch hiemit dem almechtigen Gott in seinen gnedigen schutz.
Datum Marpurg am 19. Julii im jar etc. 1563.
E. a. williger
Nicolaus Rodingus
Pfarrer in Marpurg.“19

3) In ihrer deutschen Form liegt die Ordnung in drei ersten Teilen im Jahre 1565 den Superinten-
denten vor. Ein vierter Teil, der die Kirchenzucht enthalten soll, wartet noch der Ausführung20. Im
Jahre 1566 werden die ersten drei Teile im Namen der Superintendenten und unter dem Privileg des
Landgrafen veröffentlicht. Zu rechtlicher Geltung ist die Ordnung in der Gestalt von 1566 innerhalb
des landgräflich hessischen Territoriums nicht gekommen21; sie übte jedoch einen bedeutenden Einfluß
auf die folgenden hessischen Ordnungenaus22.Dieser Umstand läßt auch die Frage nach der Herkunft
ihrer Traditionen so drängend werden.
Die Kirchenordnung und ihre Traditionen23.
Die hessische Kirchenordnung von 1566 ist formal ein Gutachten über Bestand, Wesen und Legiti-
mation der hessischen Kirche. In ihr liegt nicht im geringsten das Bestreben vor, der Kirche eine uni-

18 = wir
19 Auffallend ist, daß dieser Brief, der — nach allem, was wir wissen — noch zu Lebzeiten des Hyperius geschrieben
ist, ihn selbst mit keinem Wort erwähnt. Dagegen wird deutlich, daß schon vor dem Tode des Hyperius der dritte
Teil (inwieweit ?) fertiggestellt war und — verdeutscht — dem Superintendenten Johannes Pistorius übergeben
worden ist, damit er diesen Teil vor dem Druck korrigiere und evtl. kürze. Über die weiteren Folgerungen vgl.
S. 28 Anm. 27 u. S. 330 Anm. 36.
20 Die Ausarbeitung des vierten Teils der KO wurde von der Generalsynode 1568 dem Kasseler Superintendenten
Bartholomäus Meier übergeben (vgl. Text Nr. 20). Dieser vierte Teil ist jedoch nie erschienen. Er sollte die Fragen
der Bestallung der Kirchenältesten, der Visitation, der Inspektion, der Synoden, die Festlegung der Ehehindernisse,
die Einrichtung von Schulen und Hospitälern enthalten.
21 Jedoch hat die KO einen nachhaltigen Einfluß auf andere Territorien ausgeübt: einzelnes ist in die Österreichische
Kirchen-Agenda von 1571 übernommen. Die Ordnung selbst war in Solms in Gebrauch, vgl. Hassencamp II,
506.
22 Dies gilt vor allem für die Kirchenagenda von 1574 (Text Nr. 34), die für die weiteren hessischen und einen Teil
der außerhessischen Ordnungen (vgl. dazu S. 346) als Quelle dient.
23 Im folgenden können nur die Ergebnisse einer längeren Überlegung dargelegt werden; wegen dieser notwendigen
Verkürzung der Darstellung sind die Anmerkungen zu den Kirchenväterzitaten innerhalb der Ordnung selbst hin-
zuzuziehen. Ausführlicher sind die Gedankengänge dargelegt bei H. Jahr aaO.

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