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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0046
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der Konzilien)39 in direkter oder indirekter Weise auf Isidor40 zurückführt. So erweist es sich, daß die
KO auch in ihrer systematischen Zusammenordnung von Isidor beeinflußt ist41.
ß) Eine parallellaufende Überlieferung zu den Zitaten, die der Begründung der Kindertaufe42
gewidmet sind, ist bei Zwingli43, Calvin44, Melanchthon45 und in der Straßburger Schrift an die
Münsterer (1534)46 zu finden, wobei die Parallelität mit der Straßburger Schrift am weitesten trägt47.
Ein genetisches Abhängigkeitsverhältnis der einzelnen Tradentenuntereinander ist wohl kaum auszu-
machen, wahrscheinlicher ist die gemeinsame Abhängigkeit von vorgegebener (mittelalterlicher) Tra-
dition48.
y) Zur Frage49 der Taufzeit50 ergibt sich eine parallellaufende Überlieferung innerhalb des hessi-
schen51, bucerischen52 und wiedertäuferischen53 Raumes, die jeweils auf das Decretum54 zurückgeführt
wird55. Hinter dem Decretum taucht wiederum Isidor56 als Quelle auf.

39 Vgl. die entsprechenden Zitate S. 267f.
40 Neben dem Decretum hat das Mittelalter der Folgezeit vor allem die beiden großen Sammlungen des Dionysius
(MPL 67) und des Isidor (MPL 84) überliefert. Eine Abhängigkeit von einem der beiden Sammelwerke aufzu-
weisen ist nur durch einen Vergleich der gebotenen Texte möglich. Da Hyperius in seiner Schrift De catechesi den
Text der canones mitteilt und in diesen Texten der Tradition des Isidor folgt (vgl. etwa S. 267 Anm. 21), ist die
Rückführung auf Isidor zwingend.
41 Neben einer rein historischen Sammeltätigkeit des Isidor sind von ihm auch auf systematischen Überlegungen auf-
gebaute Werke erhalten, durch die er sich vor allem das Verdienst eines vorgratianischen Kanonisten erworben hat.
Seine vier Bücher der Excerpta canonum gehören hierher (MPL 84, 70). In tit. 21, De catechumenis, bietet er sieben
Zitate, von denen allein fünf in De catechesi des Hyperius wiederzufinden sind — wenn auch nicht in einer ge-
schlossenen Zitatreihe. So weisen die Excerpta zum mindesten darauf hin, daß für Isidor und Hyperius in diesem
Falle eine gemeinsame Traditionsbasis gegeben ist.
42 S. 268ff.
43 Zwingli, Von der Taufe, von der Wiedertaufe und von der Kindertaufe Zw. opp. 4, 321 f.
44 Calvin, Institutio IV, 16, 8 ed. Niesel 5, 312.
45 Melanchthon, Adversus anabapt. iud. 1528 CR I, 962 = Werke I, 315; Verlegung etlicher unchristlicher Artikel
1536, Werke I, 281; Loci tert. aet. CR 21, 858, Werke II, 2, 514.
46 Bericht aus der heiligen geschrift 1534, q iiij v; Stupperich, Bibliographia Bucerana Nr. 43.
47 Sie weist alle vier Zitate, die von der KO von 1566 hier herangezogen werden, auf, sogar mit Angabe der Fundstellen,
die aus der KO zu den ersten beiden Zitaten nicht zu ermitteln sind. Melanchthon vertritt fast dieselbe Tradition
in drei verschiedenen Schriften, nur daß hier das zweite Augustin-Zitat (vgl. S. 270 Anm. 46) fehlt. Der einfachste
Weg wäre also, die Ordnung in einer vielleicht direkten Abhängigkeit von Straßburg zu sehen. Fraglich wäre nur
der Vermittler des Traditionsgutes an die Ordnung. Jedoch ergibt sich gerade hier aus einer weiteren Beobachtung
eine beträchtliche Variation des zunächst so einfach erscheinenden Ergebnisses. Als Vermittler käme Hyperius in
Betracht, der selbst Straßburger Gut nahesteht. Eine direkte Bezeugung der einschlägigen Zitate ist aber bei
ihm nicht zu finden. Jedoch wird in der Marburger Universitätsbibliothek das Handexemplar des Hyperius der
Loci communes Melanchthons aus dem Jahre 1545 aufbewahrt (Sign.: XIX cC 756b Ms 690). S. 305 gibt einen
wichtigen Aufschluß: die hier von Melanchthon zitierten Kirchenväter sind am Rande von Hyperius rot vermerkt!
48 Durch das unterschiedliche Vorkommen des Überlieferungsgutes bei Zwingli erscheint es wahrscheinlich, daß kein
genetisches Abhängigkeitsverhältnis vorliegt, sondern eine gemeinsame Tradition den einzelnen Tradenten gegeben
war. Dies würde die Möglichkeit der verschiedenartigen Ausprägung der Überlieferung in den einzelnen Dokumen-
ten ergeben. Die hinter allen reformatorischen Zeugen liegende Überlieferung ist bis jetzt jedoch nicht festgestellt.
Ihre weite Verbreitung kann jedoch auf eine solche schließen lassen.
49 Mit dem Beginn eines neuen Themas wechselt die KO sehr häufig ihre Quellen, aus denen sie schöpft.
50 S. 270ff.
51 Neben der KO eine solche Tradition auch bei Hyperius: De catechesi cap. 4, Var. op. I, 497 f. Hyperius belegt
seine Aussagen hier jedoch nicht mit Kirchenväterzitaten.
52 De Regno Christi I, cap. 7; TA 38, Op. Lat. 15, 67; deutlicher in der Schrift an die Münsterer, r ij v (vgl. S. 270
Anm. 48) mit dem anschließenden Verweis auf das Decretum.
53 Vgl. den Schluß des oben erwähnten Zitats, S. 270 Anm. 48.
54 De cons. Dist. 4 can. 13 (De pen. Dist. 1 can. 61. 89) 11. 18. 15. 14. 17. 11.
55 Die verschiedene Weise der Zitierung dieser Überlieferung bei den einzelnen Tradenten läßt jedoch eine direkte
Abhängigkeit der KO von Bucer ohne die Benutzung des Decretum undenkbar erscheinen, da ja die Ordnung die
einzelnen Zitate selbständig angibt. Solange also eine vermittelnde Quelle nicht erhoben werden kann, muß auf
eine unmittelbare Entnahme der angeführten Zitate aus dem Decretum geschlossen werden, wobei eine Vertrautheit

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