d) Interessant ist die Frage nach dem altkirchlichen Brauch des Kinderabendmahles, da diese Sitte
keiner der Reformatoren in der praktischenAuswirkung übernimmt. Die KO zitiert zwar diesen Brauch
an zwei Stellen57, zieht aber ebenfalls keine praktischen Konsequenzen daraus58. Weitere Tradenten,
die auf diesen altkirchlichen Brauch zurückgreifen, liegen in der Straßburger Schrift an die Münsterer
(1534)59, bei Hyperius60, Calvin in der Fassung der Institutio 1539-155461 und bei Pezel in der
Berufung auf Melanchthons Johanneskommentar62 vor. Wiederum läßt sich lediglich ein breiter Tradi-
tionsstrom ermitteln, ohne die Abhängigkeit der Tradenten untereinander folgern zu können.
c) In der Lehre von der Handauflegung63 ist die Ordnung deutlich von Hyperius64 abhängig.
Aber über dieses erste Ergebnis einer greifbaren Abhängigkeit von Hyperius hinaus wird eine zweite
Frage drängend: War in den bisher behandelten Abschnitten Hyperius als Vermittler altkirchlichen
Gutes an die Ordnung greifbar, so interessiert nun dieser Vermittler selbst. Aus welcher Umwelt und
welchem Gedankenkreis entnahm er das Überlieferungsgut, das in so weitem Maße die Ordnung mit-
bestimmt ?
Im Abschnitt über die Schriftlehre war die Abhängigkeit von Hyperius nur beiläufig greifbar ge-
wesen. Kräftiger und geschlossener ist sein Einfluß im Abschnitt über die Tauflehre der KO, hauptsäch-
lich in den Darlegungen über den Katechumenat zu spüren, wo er im Anschluß an Traditionen zu finden
ist, die von Isidor herstammen und nicht in das Decretum einmünden. In den einzelnen Zitatgruppen
zur Frage der Kindertaufe ist er für die Ordnung nicht direkt zuständig, er kann aber dort immer im
Umkreis und innerhalb einer breiten reformatorischen Tradition angetroffen werden. Mithin ein Mann,
der vermittelnd auftritt, aber nie als Vermittler ein und derselben Tradition, sondern der aus kanonisti-
schen und reformatorischen Quellen selbst das Gut sichtet, das er in seinen Schriften tradiert.
Für den Abschnitt der Handauflegung scheidet das Decretum als Tradent für den größten Teil der
Zitate aus. Eine annähernd gleichartige Bezeugung, wie sie die Ordnung65 und Hyperius66 aufweisen,
liegt bei Calvin im vierten Buch seiner Institutio cap. 19, 4—13 De confirmatione67 vor, welcher Teil
aus der Fassung von 1543 stammt. So könnte eine allen vorgegebene Tradition im Straßburger Raum
vermutet werden68, zumal auch Bucer entscheidendes Gewicht auf die impositio manuum legt69.
mit der Straßburger Tradition natürlich vorausgesetzt werden kann, aber nicht unbedingt gegeben oder nachweis-
bar ist.
56 Excerpta Canonum lib. 4, tit. 26, MPL 84, 71.Wir hatten Isidor oben in einer Traditionskette greifen können,
die von der Ordnung aus über Hyperius auf ihn zurückging; dabei fiel als vermittelnde Größe das Decretum aus.
Hier jedoch fassen wir einen zweiten Traditionsstrang, der von ihm her über das Decretum in die Ordnung gelangt
ist. Eine selbständige Benutzung Isidors durch die KO liegt augenscheinlich in keinem der beiden Fälle vor: Beide
Traditionsstränge führen zwar auf die sammelnde und ordnende Tätigkeit Isidors zurück, im ersten Falle aber
liegt zwischen ihm und der KO die Schrift des Hyperius, im zweiten das Decretum, beides aber sind Texte, die den
Bearbeitern der KO leichter und bequemer zugängig waren als die Werke des Isidor, zumal der Einfluß des Hyperius
und des Decretum auch an anderen Stellen der KO nachgewiesen werden kann.
57 Vgl. S. 273 und S. 287.
58 Vgl. den Schluß der beiden Zitate S. 273 zu Anm. 63 und S. 287 oben.
59 Vgl. S. 273 Amn. 63.
60 Vgl. S. 287 Anm. 20.
61 Institutio cap. 17, de Baptismo; CR I, 988 f., vgl. S. 273 Anm. 63.
62 Vgl. S. 273 Anm. 63.
63 S. 286ff.
64 De catechesi, cap. 4; vgl. die Anm. 23 S. 287.
65 Vgl. vor allem die Zitatgruppe S. 289.
66 S. 289.
67 Niesel 5, 438 ff.; ausführlicher Nachweis S. 289 zu den entsprechenden Anmm.
68 Das Fehlen des Zitats ,,can. 39. conc. Eliberini“ bei Calvin weist darauf hin, daß etwa Calvin als Vorlage nicht
in Frage kommt.
69 De Regno Christi, lib. I cap. 7; TA 38, Op. Lat. 15, 66.
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keiner der Reformatoren in der praktischenAuswirkung übernimmt. Die KO zitiert zwar diesen Brauch
an zwei Stellen57, zieht aber ebenfalls keine praktischen Konsequenzen daraus58. Weitere Tradenten,
die auf diesen altkirchlichen Brauch zurückgreifen, liegen in der Straßburger Schrift an die Münsterer
(1534)59, bei Hyperius60, Calvin in der Fassung der Institutio 1539-155461 und bei Pezel in der
Berufung auf Melanchthons Johanneskommentar62 vor. Wiederum läßt sich lediglich ein breiter Tradi-
tionsstrom ermitteln, ohne die Abhängigkeit der Tradenten untereinander folgern zu können.
c) In der Lehre von der Handauflegung63 ist die Ordnung deutlich von Hyperius64 abhängig.
Aber über dieses erste Ergebnis einer greifbaren Abhängigkeit von Hyperius hinaus wird eine zweite
Frage drängend: War in den bisher behandelten Abschnitten Hyperius als Vermittler altkirchlichen
Gutes an die Ordnung greifbar, so interessiert nun dieser Vermittler selbst. Aus welcher Umwelt und
welchem Gedankenkreis entnahm er das Überlieferungsgut, das in so weitem Maße die Ordnung mit-
bestimmt ?
Im Abschnitt über die Schriftlehre war die Abhängigkeit von Hyperius nur beiläufig greifbar ge-
wesen. Kräftiger und geschlossener ist sein Einfluß im Abschnitt über die Tauflehre der KO, hauptsäch-
lich in den Darlegungen über den Katechumenat zu spüren, wo er im Anschluß an Traditionen zu finden
ist, die von Isidor herstammen und nicht in das Decretum einmünden. In den einzelnen Zitatgruppen
zur Frage der Kindertaufe ist er für die Ordnung nicht direkt zuständig, er kann aber dort immer im
Umkreis und innerhalb einer breiten reformatorischen Tradition angetroffen werden. Mithin ein Mann,
der vermittelnd auftritt, aber nie als Vermittler ein und derselben Tradition, sondern der aus kanonisti-
schen und reformatorischen Quellen selbst das Gut sichtet, das er in seinen Schriften tradiert.
Für den Abschnitt der Handauflegung scheidet das Decretum als Tradent für den größten Teil der
Zitate aus. Eine annähernd gleichartige Bezeugung, wie sie die Ordnung65 und Hyperius66 aufweisen,
liegt bei Calvin im vierten Buch seiner Institutio cap. 19, 4—13 De confirmatione67 vor, welcher Teil
aus der Fassung von 1543 stammt. So könnte eine allen vorgegebene Tradition im Straßburger Raum
vermutet werden68, zumal auch Bucer entscheidendes Gewicht auf die impositio manuum legt69.
mit der Straßburger Tradition natürlich vorausgesetzt werden kann, aber nicht unbedingt gegeben oder nachweis-
bar ist.
56 Excerpta Canonum lib. 4, tit. 26, MPL 84, 71.Wir hatten Isidor oben in einer Traditionskette greifen können,
die von der Ordnung aus über Hyperius auf ihn zurückging; dabei fiel als vermittelnde Größe das Decretum aus.
Hier jedoch fassen wir einen zweiten Traditionsstrang, der von ihm her über das Decretum in die Ordnung gelangt
ist. Eine selbständige Benutzung Isidors durch die KO liegt augenscheinlich in keinem der beiden Fälle vor: Beide
Traditionsstränge führen zwar auf die sammelnde und ordnende Tätigkeit Isidors zurück, im ersten Falle aber
liegt zwischen ihm und der KO die Schrift des Hyperius, im zweiten das Decretum, beides aber sind Texte, die den
Bearbeitern der KO leichter und bequemer zugängig waren als die Werke des Isidor, zumal der Einfluß des Hyperius
und des Decretum auch an anderen Stellen der KO nachgewiesen werden kann.
57 Vgl. S. 273 und S. 287.
58 Vgl. den Schluß der beiden Zitate S. 273 zu Anm. 63 und S. 287 oben.
59 Vgl. S. 273 Amn. 63.
60 Vgl. S. 287 Anm. 20.
61 Institutio cap. 17, de Baptismo; CR I, 988 f., vgl. S. 273 Anm. 63.
62 Vgl. S. 273 Anm. 63.
63 S. 286ff.
64 De catechesi, cap. 4; vgl. die Anm. 23 S. 287.
65 Vgl. vor allem die Zitatgruppe S. 289.
66 S. 289.
67 Niesel 5, 438 ff.; ausführlicher Nachweis S. 289 zu den entsprechenden Anmm.
68 Das Fehlen des Zitats ,,can. 39. conc. Eliberini“ bei Calvin weist darauf hin, daß etwa Calvin als Vorlage nicht
in Frage kommt.
69 De Regno Christi, lib. I cap. 7; TA 38, Op. Lat. 15, 66.
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