Als Zusammenfassung dieses Unterabschnittes kann der theologische Standort des Hyperius auf-
gezeigt werden: Innerhalb der Lehre von der Taufe und der Handauflegung gibt er Traditionsgut weiter,
das inhaltlich die Erwachsenentaufe voraussetzt und von da aus sehr stark die Fragen der kirchlichen
Zucht und der kirchlichen Ordnung in den Blick nimmt — bis hin zur impositio manuum. So kann
von diesen inhaltlichen Aussagen her seine Nähe zu Straßburger Formen des kirchlichen Lebens aufge-
wiesen werden.
3. Eine Abhängigkeit von einer festgefügten vorgegebenen Tradition ist innerhalb der liturgischen
Teile der KO durchweg schwieriger aufzuweisen als in den dogmatisch-rechtlichen Abschnitten, die die
Kirchenväterzitate bieten70. Als Beispiel eines Abhängigkeitsverhältnisses von geformter Tradition
kann jedoch das Eheformular gelten71:
Das Eheformular der Kirchenordnung zeigt einen merkwürdig komplizierten und verschlungenen
Aufbau, der durch mehrere Doppelungen bedingt ist:
a) Durch das ganze Eormular hindurch bleibt die Frage offen, ob hier eine bereits geschlossene
Ehe durch den Diener der Kirche bestätigt oder ob das Zusammengeben der Brautleute durch den
Pfarrer erst vollzogen werden soll72.
b) Das Anzeigen der Brautleute bei dem Pfarrer zu Beginn des Formulars hat einen doppelten
Grund: Es dient der Feststellung eines eventuellen Ehehindernisses und der Befragung der Eheleute
nach ihrer versprochenen Ehe73.
c) Der Feststellung eines Ehehindernisses dient aber auch ein doppeltes mehrmaliges Aufgebot der
Brautleute in der Kirche74.
d) Schließlich soll auch das Befragen der Eheleute durch den Pfarrer noch ein zweites Mal - nach
dem ersten mehrmaligen Aufgebot - geschehen und dient jetzt dem Katechismusexamen75.
Weitere Doppelungen lassen sich auch sonst noch feststellen; sie zeigen an, daß Bruchstellen inner-
halb des Formulars vorliegen. Geht man diesen Bruchstellen nach, so wird deutlich, daß sie veranlaßt
sind durch eine hinter ihnen auftauchende Tradition, die durch mehrere Quellen vertreten wird76.
Daher ist es nötig, zunächst Herkunft und Umfang der einzelnen verwendeten Quellen festzustellen.
Das Formular der Ordnung läßt sich auf Teilstücke folgender Quellen zurückführen:
1. auf die Zürcher KO von 1529
2. auf Luthers Traubüchlein von 1529
3. auf die Württemberger (bzw. Brandenburg-Nürnberger) KO von 1536 (bzw. 1533)
4. auf die Hannoversche KO von 1536
5. auf die Kasseler KO von 1539
6. auf die Kölnische Reformation von 1543
7. auf die Straßburger KOO bis 1561.
Bei allen diesen Quellen ist nachzuweisen, daß sie nicht nur mit anderen benutzten Ordnungen
gleichlaufen, sondern im weiteren oder geringeren Maße selbständig angezogen wurden. Über die jewei-
lige Verwendung der einzelnen Quelle kann hinzugefügt werden:
70 Häufig ist zwar, wie nach dem Vorwort der KO auch nicht anders zu erwarten ist, die Zitierung der Kasseler KO,
der sächsischen Agende und der Kölnischen Reformation nachweisbar, vgl. etwa S. 271ff. 283f.
71 Die Überlieferung ist im folgenden ausführlicher gegeben, da sich innerhalb des Textes (S. 320ff.) die Abhängigkeit
von verschiedenen liturgischen Traditionen schwerer verdeutlichen läßt.
72 Bestätigung der Ehe: S. 322b Z. 15; S. 323a Z. 27; S. 324a Z. 5; Zusammengeben der Brautleute: S. 323b Z. 21.
73 Anzeigen zur Feststellung eines Ehehindernisses: S. 321b Z. 28; Anzeigen zur Befragung der Eheleute: S. 322a Z. 8.
74 Doppeltes Aufgebot: S. 322a Z. 26 und S. 323a Z. 30.
75 S. 322b Z. 4.
76 W. Diehl, Zur Geschichte des Gottesdienstes 329, hatte schon Straßburg und Luther erkannt, vgl. S. 322 Anm. 97.
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gezeigt werden: Innerhalb der Lehre von der Taufe und der Handauflegung gibt er Traditionsgut weiter,
das inhaltlich die Erwachsenentaufe voraussetzt und von da aus sehr stark die Fragen der kirchlichen
Zucht und der kirchlichen Ordnung in den Blick nimmt — bis hin zur impositio manuum. So kann
von diesen inhaltlichen Aussagen her seine Nähe zu Straßburger Formen des kirchlichen Lebens aufge-
wiesen werden.
3. Eine Abhängigkeit von einer festgefügten vorgegebenen Tradition ist innerhalb der liturgischen
Teile der KO durchweg schwieriger aufzuweisen als in den dogmatisch-rechtlichen Abschnitten, die die
Kirchenväterzitate bieten70. Als Beispiel eines Abhängigkeitsverhältnisses von geformter Tradition
kann jedoch das Eheformular gelten71:
Das Eheformular der Kirchenordnung zeigt einen merkwürdig komplizierten und verschlungenen
Aufbau, der durch mehrere Doppelungen bedingt ist:
a) Durch das ganze Eormular hindurch bleibt die Frage offen, ob hier eine bereits geschlossene
Ehe durch den Diener der Kirche bestätigt oder ob das Zusammengeben der Brautleute durch den
Pfarrer erst vollzogen werden soll72.
b) Das Anzeigen der Brautleute bei dem Pfarrer zu Beginn des Formulars hat einen doppelten
Grund: Es dient der Feststellung eines eventuellen Ehehindernisses und der Befragung der Eheleute
nach ihrer versprochenen Ehe73.
c) Der Feststellung eines Ehehindernisses dient aber auch ein doppeltes mehrmaliges Aufgebot der
Brautleute in der Kirche74.
d) Schließlich soll auch das Befragen der Eheleute durch den Pfarrer noch ein zweites Mal - nach
dem ersten mehrmaligen Aufgebot - geschehen und dient jetzt dem Katechismusexamen75.
Weitere Doppelungen lassen sich auch sonst noch feststellen; sie zeigen an, daß Bruchstellen inner-
halb des Formulars vorliegen. Geht man diesen Bruchstellen nach, so wird deutlich, daß sie veranlaßt
sind durch eine hinter ihnen auftauchende Tradition, die durch mehrere Quellen vertreten wird76.
Daher ist es nötig, zunächst Herkunft und Umfang der einzelnen verwendeten Quellen festzustellen.
Das Formular der Ordnung läßt sich auf Teilstücke folgender Quellen zurückführen:
1. auf die Zürcher KO von 1529
2. auf Luthers Traubüchlein von 1529
3. auf die Württemberger (bzw. Brandenburg-Nürnberger) KO von 1536 (bzw. 1533)
4. auf die Hannoversche KO von 1536
5. auf die Kasseler KO von 1539
6. auf die Kölnische Reformation von 1543
7. auf die Straßburger KOO bis 1561.
Bei allen diesen Quellen ist nachzuweisen, daß sie nicht nur mit anderen benutzten Ordnungen
gleichlaufen, sondern im weiteren oder geringeren Maße selbständig angezogen wurden. Über die jewei-
lige Verwendung der einzelnen Quelle kann hinzugefügt werden:
70 Häufig ist zwar, wie nach dem Vorwort der KO auch nicht anders zu erwarten ist, die Zitierung der Kasseler KO,
der sächsischen Agende und der Kölnischen Reformation nachweisbar, vgl. etwa S. 271ff. 283f.
71 Die Überlieferung ist im folgenden ausführlicher gegeben, da sich innerhalb des Textes (S. 320ff.) die Abhängigkeit
von verschiedenen liturgischen Traditionen schwerer verdeutlichen läßt.
72 Bestätigung der Ehe: S. 322b Z. 15; S. 323a Z. 27; S. 324a Z. 5; Zusammengeben der Brautleute: S. 323b Z. 21.
73 Anzeigen zur Feststellung eines Ehehindernisses: S. 321b Z. 28; Anzeigen zur Befragung der Eheleute: S. 322a Z. 8.
74 Doppeltes Aufgebot: S. 322a Z. 26 und S. 323a Z. 30.
75 S. 322b Z. 4.
76 W. Diehl, Zur Geschichte des Gottesdienstes 329, hatte schon Straßburg und Luther erkannt, vgl. S. 322 Anm. 97.
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