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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0054
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Reformationsordnung 1526

herrn, rittern, knechten, diener und untertanen mit
höchstem fleiß und ernst verfügen und verschaffen sol,
daß niemands den andern zu vollen oder halben oder
zu gleicher maß zutrinken, auch nit deuten oder win-
ken sol, in kein weise, auch niemants vom andern
keinen gleichen trunk oder bescheid fordern oder war-
ten, noch den für sich selhst heimlich und geferlich,
damit doch den andern sein will und gleicher drunk
geschehe, tun sol. Sundern so jemands mit dem andern
ehrlich geselschaft haben wil, sol und mag er die on
gemessen und genöttigt zudrinken, wie gemelt, ehrlich
und züchtig wol tun, auch niemand bei Gots namen,
leiden, wunden, heiligen, himel, erdreich, elementen
etc., wie den bisher von etlichen zu merklichen un-
ehren und verletzung unsers christlichen namens und
barmherzigen Gots geübt, und des teglich je mehr je
mehr erdacht worden ist, schweren und fluchen sol.
Dieweil wir nu an unserm hofe bei allen unsern graven,
herrn, rittern, knechten und dienern solchs dermaßen
bei vermeimmg unser ungnediger straf und verlierung
eins jeden diensts zu underlassen gepotten und mit
Gots hilf einsehen haben wöllen, daß wir hoffen, es
sol auch dermaßen gehalten werden, so wollen wir euch
unsere amptleut, diener und untertan bei dem gehor-
sam und pflichten, damit ihr uns verwant und aus
göttlicher versehung als eurem rechten herrn ver-
pflicht seid, gütlich und gnediglich ermant, auch euch
solchs ernstlich befohlen und gepotten haben, solch zu-
drinken und gotslesterung, schwur und fluch, wie ob-
gemelt, ob ihr es bisher geübt hettet, zu meiden und
zu lassen und dies unser ehrlich und christlich gepot
nicht zu ubertreten, noch das von andern zu geschehen
zu gestatten. Wilcher aber über diese unser christlich
gnedig ermanung und gepot solchs alles oder der eins,
wie obgemelt, verbrechen, den wurden wir darumb
unser bewilligung nach ernstlich strafen, euch unser
diener eurer ämpter beurlauben und hinfür desto
leichter halten. Darum wir uns zu euch unsern dienern
und amptknechten, auch allen vorgesetzten burger-
meistern, reten und obern in allen unsern schlossen,
steten, flecken und dörfern gewißlich versehen wollen,
ihr werdet hirin und allen andern euren hendeln und
werken, so ihr von unsertwegen oder vor euch selbs zu
üben habt, unsern verwandten und untertanen, edel
und unedel, burger und bauern, welchen ihr von uns
vorgesetzt seit, dermaß fürgehen, damit sie von euch
jhe kein ergernis oder verletzung, sondern mehr gute
sitten, ebenbild und exempel sehen und nemen mögen.
Wöllet auch allen und jeden pfarherrn, den das wort
Gottes bei euch allenthalben im ampt zu predigen be-
fohlen ist, ansagen und sie erinnern, daß sie das volk
im evangelio und leer Christi unsers behalters und
säligmachers lauter und reine, treulich und christlich
underrichten zu der liebe Gottes und des nechsten,
under ihnen selbs zu friede und einikeit und gegen

ihrer rechten oberkeit zu gutwilligkeit und gehorsam
anweisen, von aufrure, widerwertikeit oder wider-
willen gegen alle menschen, wie Christus und alle seine
aposteln gelert haben, desgleichen von gemessem zu-
drinken, füllerei, gotslesterung und allen andern la-
stern, nemlich nach der lere des heiligen Aposteln
Pauli, von ehebrecherei, hurerei, unreinigkeit, geilheit,
abgötterei, zauberei, bösen schwüren, wucher, geiz,
feindschaft, hader, eifer, zorn, zank, zwitracht, secten,
haß, mord, saufen, fressen und dergleichen mit höch-
stem fleiß abziehen. Und daß sie ihrer arbeit zu ihrer
selbst, ihrer weibe und kinder narung, die Gott verh-
hen hat, fleißig und ernstlich anhangen und dabei an-
sagen. Wiewol wir unser bewilligung noch auch vor
uns selbs schuldig und geneigt weren, jetzt alsbald das
zutrinken bei hoher straf mit ganzem ernst zu ver-
pieten, so haben wir doch dabei erwogen und bedacht,
daß solch zudrinken leider in unserm fürstentumb und
landen so hart eingerissen, daß es nit leichtlich on
große mühe und arbeit zu verkomen ist. Und damit
dann jhe einicher unmiltigkeit halben, als viel Gott
gefellig ist, an uns nit mangels sei, so wöllen wir, daß
der gemein man durch die prediger gewarnt und under-
richt werden sol, und wir darnach zu unser gelegen-
heit solch zudrinken, als wir schuldig sein, ganz und
gar verpieten und abschaffen.
[2] Von bettlern und stationirern.
Es ist auch unser meinung, daß in allen unsern
ampten keine frembde betler, die in unsern gerichten
und gepieten der art nicht geporen, gezogen sein oder
gewont haben, desgleichen keine stationirer oder die
mit heiligtum furen umbgehen, der seien was ordens
oder geschlechts sie wollen, zu bettlen oder station zu
halten zugelassen oder gelitten werden. Wo aber ein
arm mensch kompt, das von diesen geboten nicht
wissen het, dem man so viel zu lassen, daß er furtgehen
und an ein ander ort komen möge, doch daß es von
stund an wider zuruck aus unserm furstentum gewie-
sen und nit weiter hinnein gelassen werde, es were dann,
daß es zusagte, nicht zu betteln. So auch einer mit
schwacheit unversehenlich beladen wurde, den sol man
leiden und ihm hilf tun, bis er aufkommen und weiter
wandern mag, sunst sol man mit ernstlichem vleiß
daran sein, daß eine jede stat, fleck oder dorf ihre
arme dürftige leute umb Gots willen selbst underhalt,
soviel immer moglich ist, kein not leiden lasse und also
einer des andern burden miltiglich tragen helfe.
[3] Von kinttaufen.
Wir setzen und wollen auch, daß der groß uncost zu
den kinttaufen abgestellt werde und ein gefatter dem

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