Stipendiatenordnung 1529
[2.] Stipendiatenordnung
1529 1
Von Gottes gnaden Philipps, Landgrave zu Hes-
sen, Grave zu Catzenelnpogen etc. Lieben getreuen,
nachdem wir des vordern jars zur ehre Gottes, ge-
meinem christlichen glauben und nutze zu gut,
auch ganzen unsern furstentumb und landschafte,
denen wir zum besten vorzusein von Gott veror-
dent, zu wolfart aus sondern bewegenden ursachen
in unser statt Marpurg ein löblich universitet2 von
den clostergütern wesenlich zu underhalten3 uff-
richten lassen und aber neben anderm bedacht,
daß solich unser studium auch heilsame künsten
und sprachen (so denen in gegenwertigen geschwin-
den und seltzamen leuften mit zeitlichem rat und
vorteil nit zu hilf kommen wurdet) schwerlich in
uffnemen gepracht werden und in garnach un-
widerpringlichen abfall wachsen möchten, haben
wir fur christlich und gut angesehen, daß zu uff-
zyhung gelärter, gottseliger und verstendiger leute
und prediger4 aus jeder statt oder flecken, in un-
sern furstentumb und landschaften gelegen, ein
anzal der geistlichen lehen, so wir bei ihnen haben,
jetzt oder mitlerzeit vacirn wurden, nach gelegen-
heit zugeordent werden sollen und müssen, von
denselben lehen nun hinfuro zu jeden zeiten ein
oder mehr stipendiaten5, ihrer burger kind, an ge-
meltem studio zu Marpurg, nemlich ein jede per-
son alweg sieben jar lang zu halten, also daß zu
1 Originaldruck: Marburg StA, Verordnungen II/A
1 Pak. 1.
Abdruck: HLO I, 56 f.
Druckvorlage: Originaldruck.
Bibliographie: Dommer Nr. 19; Erman-Horn II
Nr. 13 722.
2 Eröffnung der Universität am 30. Mai 1527, Her-
melink, 10.
3 Vgl. den Stiftungsbrief Hildebrand Nr. III S. 7.
4 Das Stipendium war ursprünglich nur für das Stu-
dium der Theologie bestimmt, vgl. die Verordnung
vom 7. Juni 1537 (Hildebrand, 29); sie regelt, daß
Stipendiaten, die das Studium der Theologie aufge-
ben, die empfangene Unterstützung wiederzuerstat-
ten haben (Hildebrand aaO.). Die Stipendiaten-
ordnung von 1560 läßt zwei Nichttheologen zum
Stipendium zu, einen Mediziner und einen Juristen,
S. 168. Vgl. ferner das Schreiben Landgraf Wilhelms
IV. vom 27. Dezember 1571 an die Universität
Marburg, bei Gundlach, Zentralbehörden I, 111 f.
solichem studio einem jeden des jars von gemelten
benefitien [ ]5a gulden6 gereicht und gegeben
werden, daß auch ein jeder fleck, sobald der bene-
fitien eins, oder so viel hierzu vonnöten, ledig wer-
den, solich sein angemast anzal personen unserm
Rectori zu Marpurg7 und desselben zugeordenten8,
zuvor zu examinirn, ob dieselben zu studirn ge-
schickt oder nit seien, unverzüglich presentirn und
gegen denjenigen, so als untüchlich verworfen
widerumb anheim kemen, andere ihrer burger kind
an desselben stat zuschicken sollen, daß auch die-
selben stipendiaten, so sie zu guter vernunft und
geschicklicheit kommen und so tüglich befunden
werden (damit der gemeine man seine kind desto
getröster zum studio halten müg), allenthalben in
den stetten, flecken und dorfen unserer fursten-
tumb und graveschaften zu pfernern, predicanten
und schulmeistern vor andern promoviert und ge-
nommen werden sollen, alles und jedes nach ver-
möge der privilegien, So wirgemelter unser uni-
versitet derwegen zugestellt haben9. Demnach und
wann euch nun in solichem studio zu Marpurg [ ]
person aus euern burgern oder stattkindern neben
andern zu halten zugeordent, so begeren wir an
euch mit gnaden ernstlich, daß ihr uff die bene-
fitien und lehen, so wir bei euch haben, sobald dero
eins oder mehr ledig werden, von stund an aus
5a Zu ,,[ ]“: im Text finden sich hier Lücken zur spä-
teren Eintragung der Zahlen.
5 Die Errichtung des Stipendiums ist in den Stiftungs-
brief der Universität vom 31. August 1529 einge-
gangen, Hildebrand Nr. III, 19.
6 Zunächst sollen 15 Gulden jedem Studenten ausbe-
zahlt werden (Hildebrand Nr. III, 20 S. 14), diese
werden aber schon in der Ordnung vom 18. Mai 1539
auf 20 Gulden erhöht, vgl. S. 143.
7 Der derzeitige Rektor war Adam Krafft, vgl.
Gundlach, Catalogus 543.
8 Neben dem jeweiligen Rektor gehörten dem Sti-
pendienverwaltungsrat vor allem Johann Eiser-
mann, Professor der Rechte (Gundlach, Zentral-
behörden III, 55), und Gerhard Geldenhauer No-
viomagus (Gundlach, Catalogus 544) an; vgl. die
Stipendiatenordnung vom 18. Mai 1539, S. 143.
9 Vgl. den Stiftungsbrief des Landgrafen, Hilde-
brand Nr. III S. 6 ff.
66
[2.] Stipendiatenordnung
1529 1
Von Gottes gnaden Philipps, Landgrave zu Hes-
sen, Grave zu Catzenelnpogen etc. Lieben getreuen,
nachdem wir des vordern jars zur ehre Gottes, ge-
meinem christlichen glauben und nutze zu gut,
auch ganzen unsern furstentumb und landschafte,
denen wir zum besten vorzusein von Gott veror-
dent, zu wolfart aus sondern bewegenden ursachen
in unser statt Marpurg ein löblich universitet2 von
den clostergütern wesenlich zu underhalten3 uff-
richten lassen und aber neben anderm bedacht,
daß solich unser studium auch heilsame künsten
und sprachen (so denen in gegenwertigen geschwin-
den und seltzamen leuften mit zeitlichem rat und
vorteil nit zu hilf kommen wurdet) schwerlich in
uffnemen gepracht werden und in garnach un-
widerpringlichen abfall wachsen möchten, haben
wir fur christlich und gut angesehen, daß zu uff-
zyhung gelärter, gottseliger und verstendiger leute
und prediger4 aus jeder statt oder flecken, in un-
sern furstentumb und landschaften gelegen, ein
anzal der geistlichen lehen, so wir bei ihnen haben,
jetzt oder mitlerzeit vacirn wurden, nach gelegen-
heit zugeordent werden sollen und müssen, von
denselben lehen nun hinfuro zu jeden zeiten ein
oder mehr stipendiaten5, ihrer burger kind, an ge-
meltem studio zu Marpurg, nemlich ein jede per-
son alweg sieben jar lang zu halten, also daß zu
1 Originaldruck: Marburg StA, Verordnungen II/A
1 Pak. 1.
Abdruck: HLO I, 56 f.
Druckvorlage: Originaldruck.
Bibliographie: Dommer Nr. 19; Erman-Horn II
Nr. 13 722.
2 Eröffnung der Universität am 30. Mai 1527, Her-
melink, 10.
3 Vgl. den Stiftungsbrief Hildebrand Nr. III S. 7.
4 Das Stipendium war ursprünglich nur für das Stu-
dium der Theologie bestimmt, vgl. die Verordnung
vom 7. Juni 1537 (Hildebrand, 29); sie regelt, daß
Stipendiaten, die das Studium der Theologie aufge-
ben, die empfangene Unterstützung wiederzuerstat-
ten haben (Hildebrand aaO.). Die Stipendiaten-
ordnung von 1560 läßt zwei Nichttheologen zum
Stipendium zu, einen Mediziner und einen Juristen,
S. 168. Vgl. ferner das Schreiben Landgraf Wilhelms
IV. vom 27. Dezember 1571 an die Universität
Marburg, bei Gundlach, Zentralbehörden I, 111 f.
solichem studio einem jeden des jars von gemelten
benefitien [ ]5a gulden6 gereicht und gegeben
werden, daß auch ein jeder fleck, sobald der bene-
fitien eins, oder so viel hierzu vonnöten, ledig wer-
den, solich sein angemast anzal personen unserm
Rectori zu Marpurg7 und desselben zugeordenten8,
zuvor zu examinirn, ob dieselben zu studirn ge-
schickt oder nit seien, unverzüglich presentirn und
gegen denjenigen, so als untüchlich verworfen
widerumb anheim kemen, andere ihrer burger kind
an desselben stat zuschicken sollen, daß auch die-
selben stipendiaten, so sie zu guter vernunft und
geschicklicheit kommen und so tüglich befunden
werden (damit der gemeine man seine kind desto
getröster zum studio halten müg), allenthalben in
den stetten, flecken und dorfen unserer fursten-
tumb und graveschaften zu pfernern, predicanten
und schulmeistern vor andern promoviert und ge-
nommen werden sollen, alles und jedes nach ver-
möge der privilegien, So wirgemelter unser uni-
versitet derwegen zugestellt haben9. Demnach und
wann euch nun in solichem studio zu Marpurg [ ]
person aus euern burgern oder stattkindern neben
andern zu halten zugeordent, so begeren wir an
euch mit gnaden ernstlich, daß ihr uff die bene-
fitien und lehen, so wir bei euch haben, sobald dero
eins oder mehr ledig werden, von stund an aus
5a Zu ,,[ ]“: im Text finden sich hier Lücken zur spä-
teren Eintragung der Zahlen.
5 Die Errichtung des Stipendiums ist in den Stiftungs-
brief der Universität vom 31. August 1529 einge-
gangen, Hildebrand Nr. III, 19.
6 Zunächst sollen 15 Gulden jedem Studenten ausbe-
zahlt werden (Hildebrand Nr. III, 20 S. 14), diese
werden aber schon in der Ordnung vom 18. Mai 1539
auf 20 Gulden erhöht, vgl. S. 143.
7 Der derzeitige Rektor war Adam Krafft, vgl.
Gundlach, Catalogus 543.
8 Neben dem jeweiligen Rektor gehörten dem Sti-
pendienverwaltungsrat vor allem Johann Eiser-
mann, Professor der Rechte (Gundlach, Zentral-
behörden III, 55), und Gerhard Geldenhauer No-
viomagus (Gundlach, Catalogus 544) an; vgl. die
Stipendiatenordnung vom 18. Mai 1539, S. 143.
9 Vgl. den Stiftungsbrief des Landgrafen, Hilde-
brand Nr. III S. 6 ff.
66