Kirchendienerordnung 1531
[4.] Ordenung, welcher massen hinfuro die pfarrer
vnd ire helfer, diakon vnnd alle kirchen diener verordenet, gehanthabet,
vnd im fhall, so ir einer oder meher vntuglich, lessig ader vngeschickt befunden
wurde, abgesatzt werden sall
15311
[1] Anfenglich setzen und ordenen wir in Gottes
namen sechs superintendenten, einen zu Marpurg,
dieser zeit magister Adam2, einen zu Cassel, dieser
zeit Johannes Campis3, einen zu Alsfeld, dieser zeit
doctor Tielman4, einen zu Rodenberg, dieser zeit
magister Johan Moller5, pfarrer daselbst, einen
zu Darmstadt oder in der graveschaft6, einen zu
Sant Gewer oder sonst in der nidern graveschaft7.
1 Abschriften: StA Marburg 22 a 1 Pak. 5; Weimar
Reg N Nr. 1003 (Art. 7).
Abdruck: Quellen ll, 206; Quellen lV, 15 (Art. 7)
Wappler 154 f. (Art. 7).
Druckvorlage: Abschrift Marburg.
Die Ordnung ist undatiert, am 29. Juni 1531 ist sie
noch unbekannt, von Philipp in dem Gewaltbrief für
die neuen Superintendenten 27. Juli 1531 erwähnt
(Quellen II, S. 213); Art. 7 (Wiedertäuferfrage) am
3. Jan. 1532 an Kurfürst Johann von Sachsen über-
sandt (Quellen IV S. 38); vgl. Sohm, Territorium
76 Anm. 1.
2 Adam Krafft, 1493-1558, Studium in Erfurt, Ma-
gister, Humanist, durch die Leipziger Disputation
für Luther gewonnen, 1523—24 Prediger in Fulda,
1525 in Hersfeld, 15. Aug. 1525 Hofprediger (Quel-
len II, 7) und Visitator (Quellen II, 57), seit 1527
Professor der Theologie in Marburg, erster Dekan
der Theologischen Fakultät (Gundlach, Catalogus
4), Superintendent; vgl. Hütteroth, Die althessi-
schen Pfarrer 184 ff; Hütteroth, Kurh. Pfarrer-
geschichte II, 7 f.
3 Johannes a Campis, Magister, Mönch und Lesemeister
im Karmeliter-Kloster zu Kassel (Quellen II, 250;
III, 799), pflegte noch als Mönch den Predigtgottes-
dienst (Sohm, Territorium 45; Quellen II, 12),
Hofprediger (1525) und Pfarrer auf der Freiheit zu
Kassel, Superintendent, † 1536; vgl. Hütteroth,
Die althess. Pfarrer 165; Hütteroth, Kurh. Pfar-
rergeschichte II, 4.
4 Tilman Schnabel, Alsfeld, Augustinermönch, 1525
Dr. der Theologie, Ordensprovinzial des Augustiner-
konvents, Alsfeld durch ihn für die Reformation ge-
wonnen, Pfarrer in Wittenberg und Leisnig a. d.
Mulde, 1526 nach Alsfeld zurück, Superintendent
(bis 1541), Mitverfasser des Gutachtens der hess.
Theologen an Philipp über das Recht der Gegenwehr
gegen den Kaiser (1530) und Mitverfasser der Zie-
genhainer Zuchtordnung (1539), † 27. Sept. 1559.
Dieselben sollen ufsehen haben uf alle pharrer und
kirchendiener, sie seien was stands sie wollen, uber
alle herschaften des fursten und furstentumbs
zu Hessen und sol ein ider sein termenei alle jar ein-
mal visitiren, wie hernach gemeldt wirdet:
Cassel soll haben in seiner termenei die amte8
Cassel, Sichelnstein9, Grebenstein, Imenhausen,
Zapfenburg10, Trindelnburg, Feckernhagen, Gissel-
5 Georg (in der Vorlage verschrieben) Möller, geb.
1485, Magister, Dechant der mittelalterlichen De-
chanei Rotenburg, seit 1525 Pfarrer und Dechant zu
Rotenburg, Superintendent, † 1542. Hütteroth,
Die althessischen Pfarrer 234 f.
6 Ein Brief des Landgrafen an Johann Friedrich,
Landschreiber der Obergrafschaft vom 28. August
1531, erwähnt den Superintendenten zu Darmstadt, es
handelt sich schon um den in der Ordnung von 1537
bezeugten Bernhard Weigersheim (Wigershehn),Pfar-
rer in Witzenhausen, Arheilgen und Darmstadt; vgl.
Sohm, Territorium 76 Anm. 2. Vor ihm war Pfarrer
zu Darmstadt: Nikolaus Maurus (seit 1526), seit
1527 mit der Würde eines Superintendenten, vgl.
Diehl, Reformationsbuch 13 f.
7 Gerhard Ungefug (Eugenius) aus Homberg i. H.,
Magister, erster evgl. Pfarrer und späterer Super-
intendent in Sankt Goar. Er ist in einem Brief des
Matthias Limburger, Prädikant zu Frankfurt, an
den Landgrafen vom 19. März 1533 als Superinten-
dent bezeichnet (Quellen II, 258), vgl. auch die
Kirchendienerordnung von 1537.
8 Zum Umfang der einzelnen Ämter vgl. Heinrich
Reimer, Historisches Ortslexikon für Kurhessen,
VHKHW 14, 1926, und die Einzeluntersuchungen
in den SchrlnstL.
9 Es handelt sich um den dem hess. Sensenstein (vgl.
Reimer, Ortslexikon 441) gegenüberliegenden
braunschweigischen Sichelstein im Kaufunger Wald,
der bei der Hochzeit Landgraf Wilhelms I. mit Anna,
Tochter Herzog Wilhelms des Jüngeren von Braun-
schweig, zusammen mit Münden als Pfand für den
versprochenen Brautschatz eingesetzt wurde und so
bis 1535 in hessischem Besitz war, zu welchem Zeit-
punkt der Pfandbesitz wieder eingelöst wurde (vgl.
H. W. H. Mithoff, Kunstdenkmale und Alter-
thümer im Hannoverschen II, 1873, 190). Daher
wird der Sichelstein in der Kirchendienerordnung
von 1537 nicht mehr erwähnt.
10 Sababurg, Reimer, Ortslexikon 416.
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[4.] Ordenung, welcher massen hinfuro die pfarrer
vnd ire helfer, diakon vnnd alle kirchen diener verordenet, gehanthabet,
vnd im fhall, so ir einer oder meher vntuglich, lessig ader vngeschickt befunden
wurde, abgesatzt werden sall
15311
[1] Anfenglich setzen und ordenen wir in Gottes
namen sechs superintendenten, einen zu Marpurg,
dieser zeit magister Adam2, einen zu Cassel, dieser
zeit Johannes Campis3, einen zu Alsfeld, dieser zeit
doctor Tielman4, einen zu Rodenberg, dieser zeit
magister Johan Moller5, pfarrer daselbst, einen
zu Darmstadt oder in der graveschaft6, einen zu
Sant Gewer oder sonst in der nidern graveschaft7.
1 Abschriften: StA Marburg 22 a 1 Pak. 5; Weimar
Reg N Nr. 1003 (Art. 7).
Abdruck: Quellen ll, 206; Quellen lV, 15 (Art. 7)
Wappler 154 f. (Art. 7).
Druckvorlage: Abschrift Marburg.
Die Ordnung ist undatiert, am 29. Juni 1531 ist sie
noch unbekannt, von Philipp in dem Gewaltbrief für
die neuen Superintendenten 27. Juli 1531 erwähnt
(Quellen II, S. 213); Art. 7 (Wiedertäuferfrage) am
3. Jan. 1532 an Kurfürst Johann von Sachsen über-
sandt (Quellen IV S. 38); vgl. Sohm, Territorium
76 Anm. 1.
2 Adam Krafft, 1493-1558, Studium in Erfurt, Ma-
gister, Humanist, durch die Leipziger Disputation
für Luther gewonnen, 1523—24 Prediger in Fulda,
1525 in Hersfeld, 15. Aug. 1525 Hofprediger (Quel-
len II, 7) und Visitator (Quellen II, 57), seit 1527
Professor der Theologie in Marburg, erster Dekan
der Theologischen Fakultät (Gundlach, Catalogus
4), Superintendent; vgl. Hütteroth, Die althessi-
schen Pfarrer 184 ff; Hütteroth, Kurh. Pfarrer-
geschichte II, 7 f.
3 Johannes a Campis, Magister, Mönch und Lesemeister
im Karmeliter-Kloster zu Kassel (Quellen II, 250;
III, 799), pflegte noch als Mönch den Predigtgottes-
dienst (Sohm, Territorium 45; Quellen II, 12),
Hofprediger (1525) und Pfarrer auf der Freiheit zu
Kassel, Superintendent, † 1536; vgl. Hütteroth,
Die althess. Pfarrer 165; Hütteroth, Kurh. Pfar-
rergeschichte II, 4.
4 Tilman Schnabel, Alsfeld, Augustinermönch, 1525
Dr. der Theologie, Ordensprovinzial des Augustiner-
konvents, Alsfeld durch ihn für die Reformation ge-
wonnen, Pfarrer in Wittenberg und Leisnig a. d.
Mulde, 1526 nach Alsfeld zurück, Superintendent
(bis 1541), Mitverfasser des Gutachtens der hess.
Theologen an Philipp über das Recht der Gegenwehr
gegen den Kaiser (1530) und Mitverfasser der Zie-
genhainer Zuchtordnung (1539), † 27. Sept. 1559.
Dieselben sollen ufsehen haben uf alle pharrer und
kirchendiener, sie seien was stands sie wollen, uber
alle herschaften des fursten und furstentumbs
zu Hessen und sol ein ider sein termenei alle jar ein-
mal visitiren, wie hernach gemeldt wirdet:
Cassel soll haben in seiner termenei die amte8
Cassel, Sichelnstein9, Grebenstein, Imenhausen,
Zapfenburg10, Trindelnburg, Feckernhagen, Gissel-
5 Georg (in der Vorlage verschrieben) Möller, geb.
1485, Magister, Dechant der mittelalterlichen De-
chanei Rotenburg, seit 1525 Pfarrer und Dechant zu
Rotenburg, Superintendent, † 1542. Hütteroth,
Die althessischen Pfarrer 234 f.
6 Ein Brief des Landgrafen an Johann Friedrich,
Landschreiber der Obergrafschaft vom 28. August
1531, erwähnt den Superintendenten zu Darmstadt, es
handelt sich schon um den in der Ordnung von 1537
bezeugten Bernhard Weigersheim (Wigershehn),Pfar-
rer in Witzenhausen, Arheilgen und Darmstadt; vgl.
Sohm, Territorium 76 Anm. 2. Vor ihm war Pfarrer
zu Darmstadt: Nikolaus Maurus (seit 1526), seit
1527 mit der Würde eines Superintendenten, vgl.
Diehl, Reformationsbuch 13 f.
7 Gerhard Ungefug (Eugenius) aus Homberg i. H.,
Magister, erster evgl. Pfarrer und späterer Super-
intendent in Sankt Goar. Er ist in einem Brief des
Matthias Limburger, Prädikant zu Frankfurt, an
den Landgrafen vom 19. März 1533 als Superinten-
dent bezeichnet (Quellen II, 258), vgl. auch die
Kirchendienerordnung von 1537.
8 Zum Umfang der einzelnen Ämter vgl. Heinrich
Reimer, Historisches Ortslexikon für Kurhessen,
VHKHW 14, 1926, und die Einzeluntersuchungen
in den SchrlnstL.
9 Es handelt sich um den dem hess. Sensenstein (vgl.
Reimer, Ortslexikon 441) gegenüberliegenden
braunschweigischen Sichelstein im Kaufunger Wald,
der bei der Hochzeit Landgraf Wilhelms I. mit Anna,
Tochter Herzog Wilhelms des Jüngeren von Braun-
schweig, zusammen mit Münden als Pfand für den
versprochenen Brautschatz eingesetzt wurde und so
bis 1535 in hessischem Besitz war, zu welchem Zeit-
punkt der Pfandbesitz wieder eingelöst wurde (vgl.
H. W. H. Mithoff, Kunstdenkmale und Alter-
thümer im Hannoverschen II, 1873, 190). Daher
wird der Sichelstein in der Kirchendienerordnung
von 1537 nicht mehr erwähnt.
10 Sababurg, Reimer, Ortslexikon 416.
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