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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0111
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Kirchendienerordnung 1537

noch bessern kan, sal er unserm g. h. oder seiner
f. g. reten, kanzler11, stathalter12 etc. anzeigen und
wo alsdann der und ander dergleichen sachen nicht
geholfen werden mag, sollen zwehn der super-
intendenten nach gehaltenem synodo selbs per-
sonlich die conservatores oder aber, wo dieselbigen
nicht zu erlangen, unsern gnedigen hern selbs an-
suchen und umb statliche hulfe bitten.
Es sal auch ein jeder superintendens, nachdem
er in einer jeden pfarren allerlei geprechen ange-
hort und nach möglichkeit verrichtet, ein gute
predige tun insonderheit an denen orten, da er der
widdertaufer geschmeis und ander dergleichen ge-
prechen vermirkt, damit das volk durch die ein-
hellige predigt bei reiner lahr, gottesfurcht und
gehörsam behalten werde.
[5] Von der superintendenten zerung13.
Es sollen einen jeden superintendenten nach ge-
stalt und gelegenheit seines zirks N. gulden des
jares verordnet werden an einem besondern bene-
ficio oder sunst uff einem kloster oder geistlichem
gefell, darvon soll er die zerung zu der zeit seiner
visitation verlegen, damit er den pharhern und
kirchen unbeschwerlichen sei und keinen unkosten
mache; und hiervon sal er im synodo rechnung
tun, und was ubrig ist, sal der visitation zugut
kommen.
Will aber mangeln, sal mit der verlegung nach-
gevolget werden und darauf will unser g. h. ge-
denken, also daß daran nit mangeln sal.
Es sal aber ein superintendens in zeit seiner visi-
tation nicht mehr dann zwei pferde haben, es were
dann, daß er so geprechlich were, daß er zu wagen
faren mußte, so sal er auch zwei pferde oder drei
und druber nicht fur dem wagen haben.
11 Derzeitiger Kanzler: Johann Feige von Lichtenau,
geb. 1482, seit 1514 Kanzler der Landgräfin Anna,
1519 erneut von Philipp zum Kanzler bestellt, Ent-
lassung vom Kanzleramt und Bestellung zum Rat
und Diener 19. 12. 1542; vgl. Gundlach, Zentral-
behörden III, 62 ff. 350.
12 Derzeitiger Statthalter in Kassel: Siegmund von
Boyneburg 1536-1543; vgl. Gundlach, Zentral-
behörden III, 32. 350. — Statthalter an der Lahn:
Georg von Kolmetsch, 1533-1548, vgl. Gundlach,
aaO. 135 f. 361.

[6] Von an- und absetzung der pfar-
hern14.
Wo ein pfarr mit einem predikanten zu bestellen,
sal kein superintendens fur sich selbs allein macht
haben, einichen pfarhern dahin zu setzen on der
andern superintendenten verwilligung, sonder sol-
len sich die superintendenten einhelliglich mit-
einander, wo es also in der eile zugehen möchte,
vergleichen und samptlich, oder wo sie sich in eil
nicht also kunten vergleichen, ein ider insonder-
heit, dem gemelte pfarr zu visitiren gepurt, mit
höchsten vleiß nach einem tuglichen mann hin
und wider, furnemlich aber innerthalben des lands
(so er darinnen zu bekomen) on alles ansehen der
person, lieb, gunst etc. erkunden, der kein neuling
nach15 unbekanter zukomling, sonder in seiner
lahr und leben versucht und probirt seie, auch sol-
ches gute, rechtmeßige und unverdechtige kunt-
schaft von seinen nachpuren oder da er sich ge-
halten habe. Und wo solcher furhanden und zu
bekomen, mag ihnen der superintendens des zirks
sampt etlichen ihme am nehsten gesessen pfar-
hern vociren und uff die verledigte pfarren zum
versuch und probirung seines wesens ordenen,
doch zuvor denselben vocirten mit gepurlicher
commendation schrift an unsern g. f. und h.
schicken, daß sein f. g. mit furstlichen bevelh ihnen
uf die pfarr schicke und alsdann ihnen furter uf
den nechsten synodum bescheiden. Wo er alsdann
von denen, so zum synodo gehören, tuglick erkant,
sal er erstlich bei warem glauben und treuen zu-
sagen und des seine handgeschrift von ihme geben,
nichts neues on wissen und willen des synodi fur-
zunemen bei suspension und abweisung von seiner
pfarr, und darnach beneben einem besonderm
furstlichen bevelch durch zwehn die nechstgesessen
13 Der Abschn. 5 folgt der Kirchendienerordnung 1531,
Abschn. 5 (S. 73). Die Besoldung der Superinten-
denten für die Zeit ihrer Visitation beträgt dort
40 Gulden. Auch das Besoldungsbuch der Hof-
diener, wohl aus dem Ende des Jahres 1536, führt
die sechs Superintendenten, vgl. Gundlach, Zen-
tralbehörden II, 57.
14 Zu Abschn. 6 vgl. Kirchendienerordnung 1531, Ab-
schn. 3 (S. 72).
15 = noch.

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