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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0122
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Ziegenhainer Zuchtordnung 1539

sach suchen, söliche leut zur buß zu vermanen, und
sich auch mit dem eußern von ihrer unnötigen ge-
meinschaft so beweisen, als die ein herzlich leid
tragen ab solcher leute ewigem verderben, darin sie
sich durch sölchs ihr gottlos wesen selb stürzen.
Doch soll die eußerung geschehen allein von der
unnötigen und unbesserlichen gemeinschafte b, als
da seind die besondern gastungen und gesellschaf-
ten, welche ein jeder allein mit denen haltet, die
ihm besonders verwandt oder an deren tun er son-
der lust hat oder denen er umb entpfangene oder
verhoffte guttaten besonder ehr und lieb beweisen
wil, welcherlei gemeinschaft oft auch die ver-
wandten freunde gegeneinander on verwiß nach-
lassen. Dann was burgerlich dienste und notwen-
dige hülf sein, oder auch deren gemeinschafte und
diensten, welche die leut einander aus der orde-
nung Gottes leisten sollen, von wegen der eeh, sip-
oder magschaft, oder auch von wegen anderer be-
ruffung, verwandtnus oder zusammenkommung,
wie sich das in gemeinen diensten, in reisen, her-
bergen, auf hochzeiten und anderen gemeinen wirt-
schaften, da einer zum andern on sein anschickung
kommet, begeben mag, dies alles sollen die chri-
sten allen ihren burgern, negsten, verwandten und
zukommenden, ja auch juden und heiden mit allen
treuen erzeigen und beweisen.
Wo dann sein, die wol zur predige, aber nit zum
tisch des Herren gehen, die sollen die prediger und
eltesten gleiches rats und maßen mit vermanen,
warnen, anbieten christliches underrichts under-
stehen dahin zu bringen, daß sie sich Christo dem
Herren gar begeben, und so der sich selbst, sein
leib und blut und das zum ewigen leben im h.
sacrament mitteilet, daß sie diese himlische speis
und geschenk des ewigen lebens doch nit so ver-
achten und meiden wolten, zu ihrem ewigen ver-
derben.
Findet man dann, daß solche leut von etwas ir-
tumbs wegen und nit aus verachtung das h. sacra-
ment scheuen und vom tisch des Herren bleiben,
die sol man freuntlich underrichten und dieweil

b + mit solchen leuten ZE
helin, Lebenswerk 513, und G. V. Lechler, Ge-
schichte der Presbyterial- und Synodalverfassung,

halten, wie man etwan die catechumenos gehalten
hat, nemlich als jünger des christentumbs, in das
sie sich aber noch nit völlig begeben haben.
Bei welchen aber verachtung gespürt wird, die
sol man doch vermanen, vom predigen nit abzu-
stehn, und sie allemal, so oft man das verhoffen
mag, fruchtbar zu sein, wider und wider ansuchen
und der milten gnaden des Herren, auch seines
strengen gerichts, das er gegen allen verächtern
seiner gnaden üben würt, erinnern. Jedoch so lang
die in solcher verachtung des h. sacraments ver-
harren, sollen die christen sich auch gegen ihnen
mit recht christlicher und besserlicher abscheu von
ihrem ungöttlichem tun erzeigen, als denen ein
besonder schmerz und leiden ist, daß solche also
ab der gemeinschaft des ewigen lebens in Christo
Jesu ein scheu haben. Doch sol dies scheuen, wie
vorgesagt, allemal dermaßen geschehen, daß man
doch gegen solchen leuten überal keinen dinst,
hülf oder gemeinschaft underlasse, die man ihnen
aus burgerlicher oder heüslicher oder einiger an-
derer rechtmeßiger verwandtnus oder zusammen-
kommung immer mer schuldig ist und damit man
ihnen zur besserung helfen möcht. Auch soll man
allwegen alle mittel und wege suchen und gebrau-
chen, sie zur besserung zu vermanen und anzu-
reizen.
Wo dann sein werden, die wol zur predig und
auch zum tisch des Herrn gehen, leben aber streff-
lich und werden befunden in stucken, die jeder-
man für unrecht erkent, dann man niemant sunst
zu genau ersuchen, oder der ding halben, die etwan
wol oder zum wenigsten sonder schwere ergernis
und verletzung christlichs glaubens geschehen mö-
gen, fürnemen soll.
Da sollen abermal der pfarher und die zugetanen
eltesten mit zeitigem rat durch sich selbst oder
andere einzelig oder samptlich, wie sie es allemol
besserlicher erkennen mögen, mit allem ernst so-
liche leut zur besserung vermanen und das so oft
und lang sie das mit hoffnung der frucht tun mö-
gen.

1854, S. 27. Vgl. Bellardi 18.

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