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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0133
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Kasseler Kirchenordnung 1539

kürzen, wie das jedes mal mehr bessern mag, und
dann uf soliche erklärung und vermanung soll der
diener die leut zum gebet vermanen und ihnen vor-
betten mit einem gebet17, in dem die herlichen zu-
sagungen Gottes unsern kindern beschehen, daß
sie, die von uns in ewigen tod geborn seind, durch
den heiligen tauf zum ewigen leben wider neuwe
geborn werden sollen, tröstlich gemelt und vorge-
halten und darneben unser untüchtigkeit und un-
dankbarkeit bekant und darauf der Herr gebetten
werd, daß er die kinder seiner eltern und unser
aller ungerechtigkeit nit entgelten, sondern des
todes und auferstentnus seines lieben Sons ge-
nießen und uns lassen da seine warhaften diener
f KE fügt hier ein: Auf diese form.
Ein form gemeines gebets bei dem
heiligen tauf
Almechtiger barmherziger Got und vater, du hast
aus deiner ewigen güte und milte uns zugesagt, du
wollest unser und unsers samens Gott und ewiger hei-
land sein an leib und seel und uns und die unsern in
Christo Jhesu deinem lieben Son unsern Herrn von der
sündlichen art, die dir alwege widerspenstig ist, in die
wir aber von unserm ersten vater her also geboren sein,
daß wir in derselbigen unser und aller kreatur halben
ewiglich verdammet sein müßten, zu deiner seligen
bildnus und göttlicher art durch den heiligen tauf wi-
der und neu geboren und uns solche verterbte wurzel
alles arges, die erbsünd, sampt allen ihren früchten,
allerlei sünde und ubertrettunge gnediglich verzeihen
und nimmermer zurechen. Wir aber, o milder Gott und
Vater, sein dieser deiner so unausprechlicher milde und
güte nie, wie sichs gebürt, dankbar gewesen, und haben
diese deine so selige gnad leider zu viel vergeblich uf-
genommen. Das ist uns aber leid und bitten dich durch
deine grundlose barmherzigkeit und durch den ver-
dienst deines lieben Sons, unsers einigen heilands und
erlösers Jhesu Christi, du wollest uns alle diese unsere
zu viel große undankbarkeit und verachtung deiner
lieb verzeihen und helfen, daß wir hinfurt unsern alten
Adam tapfer töten und dir in rechtem neuen und dir
gefelligen leben dienen und diese kinder, die zu [du ?]
ihren eltern und durch die diese deiner ganze gemein
und kirchen geschenkt hast, laß nicht derselbigen nach
unser undankbarkeit und ungerechtickeit entgelten,
sonder des verdiensts und der gerechtickeit deines lie-
ben Sons, unsers Herrn Jhesu Christi genießen. Und
als wir alhie in deinem und deines lieben Sons namen
zusammen kommen und aus deinem bevelch und auf
deine gnedigen zusagen diesen kindern den heiligen
tauf mitteilen und empfahen wollen, wollestu sampt
deinem lieben Son und dem heiligen Geist mitten un-
ter uns sein und uns hie deine ware diener lassen sein,

sein und den kindern durch den heiligen tauf, das
bad der widergeburt, abwäschung der sünden, die
neu geburt in das ewig leben mitteilen wölle und
den eltern, gefattern und aller kirchen verleihen,
daß sie diese sein so große gnade mit rechtem
glauben und dankbarkeit aufnemen und an den
kindern zu derselbigen getreulich dienen wolten,
auf daß auch durch solche kinder sein göttlicher
name mehr geheiliget, sein reich erweitert und
alles zu seinem götlichen willen angericht werde,
darzu er die kinder auch mit leiblicher notturft ver-
sehen, in gesundheit bewaren und von allem übel
behüten und erlösen wöllef.
Nach ende des gebets und nachdem das volk
diener des geistes und neuen testaments, daß wir dir
an diesen kindern zu der seligen widergeburt dienen,
durch die sie du von der sündlichen verterbten art des
alten Adams zu der heiligen und seligen art des neuen
und himlischen Adams, deines lieben Sons unsers
Herrn J. C. neu geberest, sie ihm inleibest und mit
ihm bekleidest, denn dein ist dieses werk, unser ist der
dienst. So gib nu, getreuer Vater, den eltern dieser
kinder, den gevattern und uns allen miteinander, dei-
ner ganzen gemein, daß wir alle diese deine so gnedige
zusagen und werk in warem glauben und mit recht
dankbarem gemüt aufnemen und dir an diesen kin-
dern, die nu deine kinder und erben sein sollen, getreu-
lich und mit lust dienen, sie also aufzuziehen, daß auch
durch sie dein götlicher nam mehr geheiliget, dein
reich erweitert und auf erden alles nach deinem göt-
lichen willen geschehe wie im himel mit aller lieb und
lust. Darzu du ihnen auch das teglich brot, alle leibes
notturft, gesundheit und frieden, desselbigen zu ge-
nießen, verleihen und vor allem ubel und sünden be-
waren wollest, wie doch allein dein ist das reich, die
kraft und herrlikeit, in ewigkeit. Amen.
Alia oratio
Almechtiger, gütiger Gott und Vater, dein geliebter
Son, unser Herr Jhesus, dem du gewalt hast geben
uber alles fleisch, hat aus deinem veterlichen barm-
herzigen willen auch uns armen heiden zu kindern
Abrahe und zu deinem heiligen volk aufgenommen und
uns geheißen, ihm unser kinder zu brengen, daß er auch
dieselbgen durch seinen segen von der ererbten und
ewig verdampter ungerechtickeit, in die sie von uns ge-
boren werden, erlöse und reinige und sie zu deinem
volk und kindern _ heilige. So erscheinen wir alhie,
himelischer Vater, vor deinen götlichen augen in sei-
nem namen, bekennen und klagen, daß wir diese deine
so große unaussprechliche gnade, erlösung und hülf
deines lieben Sons, unsers Herrn J. C. bisher so un-
dankbarlich ufgenommen haben, und bitten dich, du
wollest uns dein heiligen Geist verleihen, daß wir doch

17 Vgl. die liturgischen Ausführungen unter f, dazu auch Hubert 46ff.

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