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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0152
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Kasseler Katechismus 1539

heiligen Geists. U: Was soll dies bei dir guts bringen ?
K: Daß ich mich der verzeihung der sunden und des
neuen ewigen lebens in Christo wol getröste und mich
von allem argen in das neu himlisch leben imer bas
richte und schicke. U: Was ist mehr handlung in der
kirchen ? K: Das ampt der schlüsselen. U: Was ist das-
selbige ? K: Warnung und straff der sunden, hinden
und bannen, die sich nicht besseren wöllen, lösen und
zur genaden Gottes wider uffnemen, die sich zur bes-
serung begeben. U: Was besserest du dich hiervon?
K: Daß ich mich gern warnen und straffen lasse, mei-
nen nehisten auch gern warne, der kirchen zucht und
trost teur schätze und vleißig gebrauche. U: Was ist
weiter handlung in der kirchen ? K: Das heilig abent-
mal Christi. U: Was ist dasselbige? K: Die ware ge-
meinschaft des leibs und bluts unser Herren Jesu Chri-
sti, der uns mit dem brot und kelch des Herren uber-
geben wirt. U: Wer soll dies sacrament empfahen ? K:
Alle, die Christo gleuben und begeren, seine jünger zu
sein. U: Was besserestu dich von diesem sacrament ?
K: Daß ich der erlösung Christi unsers Herren immer
meer getröstet und versicheret werde und daß ich
auch meer im Herren lebe und er in mir. U: Was ist
dasselbige leben ? K: Ein recht heilig gottsehg leben in
allen guten werken, mit frölicher erwartung uff das
künftig ewig leben. U: Das verleihe und mere in dir
Christus unser Herre und heiland, Amen.
Erklerung des Vater unsers.
Matthei 6. [9-13], Luce 11. [2-4]
Underrichter: Kanstu auch betten, liebes kind ? K:
Ja, herr. U: Was ist betten ? K: Gott unsern himlischen
Vater herzlich anruffen und von ihm alle unsere not-
durft begeren. U: Wolan, so sihe, daß dein gepet nicht
allein im mund gehe, sonder von herzen und aus warem
vertrauen zu Gott. Wie bettestu aber ? K: Wie uns un-
ser Herre Jesus geleret hat. U: Wie hat er uns geleret ?
K: Unser Vater in dem himel, dein nam werde ge-
heiliget, dein reich komme, dein will geschehe auf er-
den wie in dem himel, gib uns heut unser teglich brod
und vergibe uns unser schuld, wie wir unsern schuldi-
gern vergeben, und füre uns nicht in versuchung, son-
der erlöse uns vom bösen. Denn dein ist das reich und
die kraft und die herrligkeit in ewigkeit, Amen.
U: Warumb sagstu zu Gott Vater ? [Bild: Jesus mit
erhobener Hand auf Gott Vater weisend] K: Daß ich
mich seiner veterlichen liebe und güte erhmere. U:
Warumb das? Iv: Daß ich ihn deste mit herzlicherem
vertrauen anruffe und bette. U: Warümb sagstu unser
Vater? K: Daß er unser aller Vater sein will, ob wir
schon arme sunder sind. U: Warümb sprichstu im
himel ? K: Daß ich mich erinnere der großen macht und
himlischen herrligkeit meines Gottes und Vaters. U:
Warzu aber erinnerestu dich des ? K: Daß ich mich
uff Gottes hülfe deste freier verlasse und habe allen

meinen schatz im himel. U: Was bettestu nu von
Gott? K: Ich bette ihn umb alles guts und daß er
mich von allem ubel erlöse und behüte. U: In was ord-
nung bettestu das ? K: Unser Herre hat uns geleret,
erstlich umb den rechten glauben und die frömkeit
betten, darnach umbs zeithch. U: Diese ordnung gebe
dir Gott in allem deinem gebet zu halten. Denn unser
verkeret herz bettet sunst imer und fur allem umbs
teglich brot, wo es anders nicht allein drümb bettet.
Für was ubel bettestu aber, davon dich Gott erlösen
und davon er dich behüten solle ? K: Für die sunde
und was von der sunden herkömet. U: Recht, denn wo
kein sunde ist, da ist auch kein unglück und dienen alle
ding zu gutem. So sage nun nach ordnung, wie bettestu?
Welches ist das erste stück?
K: Dein nam werd geheiliget. [Bild: Predigt des
göttl. Wortes; vgl. WA 30, I, 198. 370] U: Was ist das ?
K: Daß alle welt Gott unsern himlischen Vater recht
erkenne und gros mache. U: Wodurch geschicht das ?
K: Durch das heilig evangelion, wenn das allethalben
rein geprediget und in warem glauben uffgenomen
wirt. U: Sö bettestu hie umb den fürgang und aus-
breitung des heiligen evangelii? K: Ja, herr. U: So ge-
denke dem gebet wol nach und hilf, den namen unsers
himhschen vaters durch das heilige evangelion heiligen
und herrlich machen in allen deinen worten und wer-
ken. Wie betestu weiter ?
K: Dein reich komme. [Büd: Das zweite Predigt-
bild, mit dem Holzsammler, Num 15, 32-36; vgl. WA
30, I, 371] U: Wie kömet das reich Gottes zu uns ? K:
So wir uns in die gehorsame des evangelii begeben, das
uns itzt unser Herre Jesus in allem allein furet und
regieret durch sein wort und heiligen Geist. U: Sölich
reich Gottes ist doch bei allen christen. K: Aber noch
nicht volkomen. U: Wol, der satan erlanget noch lei-
der alzufil seinen willen an uns, obwohl das reich Chri-
sti bei uns ist und sein Geist und wort uns regieret.
Was folget ?
K: Dein will geschehe auf erden wie im himel. [Bild:
Christus trägt sein Kreuz, Mt 27, 31f.; vgl. WA 30, I,
202. 372] U: Was bettest du hierin ? K: Das wir Gottes
guten willen gegen uns möchten mit lust und liebe tun
und leiden, wie das im himel geschicht. U: Darümb
bette treulich, denn wir den Herren ja liebhaben sollen
von ganzem herzen, von ganzer selen und von allen
kreften [Mt 22, 37]. Dahin könden wir aber nicht kom-
men, so lang wir uff erden leben, unser arges fleisch hat
imer unlust zum guten und lust zum argen und mag
nichts recht gedulden, das ihm Gott uffleget. Wie
bettestu ferner ?
K: Gib uns heut unser teglich brod. [Bild: Spei-
sungswunder, Joh 6, 5-15; vgl. WA 30, I, 204. 373] U:
Warumb betestu da? K: Umb alle leibliche nodorft.
U: Du meldest doch nur die speis ? K: Bei diesem für-
nembsten stück der leibhchen notdurft verstehe ich

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