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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0303
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Kirchenordnung 1566

und bluts Christi zu essen und zu trinken gereicht16,
wie das bezeugt Cyprianus in der predig de lapsis17
und Augustinus18, wie zuvor vermeldt19. Solchs
lassen wir in seinem wert beruhen. Wir aber, zum
teil bewegt durch den spruch des apostels: Der
mensch prüffe sich selbst und also esse er von die-
sem brot und trinke von diesem kelche, etc. [1. K
11, 28], zum teil folgende dem gemeinen urteil der
ersten kirchen20, verziehen, das heilig abendmal
den kindern zu reichen uf ein ander zeit, und ach-
ten notwendiger sein, daß, welche in der kindheit,
da sie noch nicht vor sich selbst dem teufel absagen
noch den glauben Christi bekennen mögen, durch
die hei. taufe gereiniget und dem Herrn Christo
und seiner kirchen eingeleibt seind, so bald die zeit
kompt ihres verstands, daß sie mögen in den heupt-
artickeln christlicher lehr und religion underwiesen
werden und itzt etlichermaßen underrichtet sein,
daß sie alsdenn ihren glauben vor der kirchen be-
kennen und bericht geben von den vornemsten
heuptpunkten christlicher religion, welche den
catechumenen und kindern gewonlich in der kir-
chen seind vorgelegt worden21. Denn wir zweifeln
nicht, diejenigen, so im alten testament in der kind-
heit beschnitten worden, seien hernach, wenn sie
zu ihrem verstand kommen, in den artikeln, die
ware religion belangend und vornemlich das sacra-
ment, so sie vorlangst entpfangen, underricht wor-
den, und demnach, was sie von herzen gegleubt ha-
ben zur frommigkeit, haben sie auch mit dem mund
bekent zur seligkeit (Rom. 10, 10). Denn von Abra-
ham, dem vatter aller gleubigen, welcher den sei-
nen, so itzt beschnitten waren, die ware religion ufs
allerfleißigst vortrug und vorhielt, spricht Gott
selbst: Ich weiß, er wird befehlen seinen kindern

16 Vgl. S. 273.
17 Cyprian, De lapsis 25; MPL 4, 484f.; CSEL 3, I,
255; vgl. W. M. Plöchl, Geschichte des Kirchen-
rechts 1, 1953, S. 77. 355.
18 Augustinus, Contra duas epistolas Pelagianorum 2,
4, 7; MPL 44, 576. Contra Julianum Pelagianum 1,
4, 13; MPL 44, 648.
19 Vgl. S. 273.
20 Vgl. Hyperius, De catechesi 3; Var. op. 1, 472.
21 Vgl. die Fragstücke S. 300ff.
22 Zur Frage der Parallelisierung von Taufe und Be-
schneidung vgl. S. 269 Anm. 40. Zur Frage der Par-

und seinem hause nach ihm, daß sie des Herren
weg halten und tun, was recht und gut ist, uf daß
der Herr uf Abraham kommen laß, was er ihm ver-
heißen hat (Gen. 18, 19)22. Es hetten zwar die jü-
den ihrer beschneidung, in der kindheit entpfan-
gen, sich nicht so fast rühmen mögen, wenn sie nicht
die gnade, kraft und brauch des sacraments der
beschneidung und was sonst die ware religion be-
langt, hernach, da sie zu ihren jaren kamen, besser
verstanden und volkomner gelernet hetten. Densel-
bigen erzvättern23 und vortrefflichen mennern ha-
ben fleißig gefolget unser vorfahren in der ersten kir-
chen, welche mit fleiß versehafft, daß die, so in der
kindheit getauft, in den heuptartickeln unser christ-
lichen religion underricht worden bis so lang, daß
sie geschickt, die summarien des christlichen glau-
bens zu erzelen. Darnach haben sie von denjenigen,
so underrichtet gewesen, ihres glaubens bekentnus
offentlich vor der kirchen gefordert, wie auch mit
den alten geschehen vor der taufe24. Ja, wenn vor-
zeiten etliche, so bei den ketzern getauft waren25,
ihn vorgesatzt hetten, sich widerumb zu der rech-
ten waren kirchen Christi zu begeben, waren die
rechten lehrer vor allen dingen sorgfellig, daß die-
selbige im glauben recht underwiesen und vor der
ganzen kirchen ihres unverfelschten glaubens be-
kantnus teten26. Wieviel mehr ist vonnöten, daß
wir gleiche sorg uf uns nemen von wegen dero, so
in der unverstendlichen kindheit getauft seind wor-
den. Wenn aber etliche uf itzgemelte weise ihren
glauben in unsern kirchen, ehe denn sie zum disch
des Herrn gehen, bekennen söllen, so werden ihnen
auch durch die pfarherrn oder superintendenten die
hende ufgelegt27, oder (welches eben so viel ist)
nach dem heiligen Augustino, von der taufe wider
allelisierung von Lehre nach der Beschneidung und
Lehre nach der Taufe vgl. auch die Braunschweiger
KO 1528, Sehling VI, 1, 351.
23 Zum folgenden vgl. Hyperius, De catechesi 4; Var.
op. 1, 498f.
24 Vgl. oben S. 268.
25 Vgl. Hyperius, De catechesi 4; Var. op. 1, 499.
26 Z. B. Conc. Laodicense can. 7; Mansi 2, 585. Zur
Tradition: Isidor, Exc. can. 9, 6; MPL 84, 87.
27 Zur Aufeinanderfolge von Buße, Glaube, Taufe,
Lehre und Handauflegung vgl. Hyperius, De cate-
chesi 3; Var. op. 1, 463 (aus Hebr 6, 1f. entwickelt).

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