Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0340
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Kirchenordnung 1566

manet es auf nachvolgende weise: Ihr geliebten im
Herrn, euch sei zu wissen, daß diese zwo personen
mit namen N. und N. sich ehlich miteinander ver-
pflicht und die bezogene ehe für euch als christlichen
zeugen bestetiget haben. Darumb seid alle ermanet
umb brüderlicher treu willen, Gott den Herrn aus
warem glauben durch Christum zu bitten umb einen
guten christlichen anfang im namen Gottes zu be-
schehen, damit es wol gerate und sie miteinander
nach dem willen Gottes in rechtschaffener liebe
leben, auf daß sie nicht allein kinder des fleisches,
sondern viel mehr des geistes zeugen, also daß sie
den ehelichen stand itzunder im Herrn anfangen,
zur ehr Gottes und besserung des nechsten im waren
glauben also hinausfüren, daß sie nach diesem elen-
den leben das ewig durch Christum besitzen mögen.
Derhalben betet zu Gott ein Vatter unser etc.
Nach dem gebett verlieset der diener die wort der
einsegnung des heiligen ehestands also15: Die kraft
und einsegnung des heiligen ehestands höret aus dem
evangelisten Mattheo [19, 3-6]: Die Phariseer traten
zum Herrn Jesu, versuchten ihn und sprachen zu
ihm: Ist es auch recht, daß sich ein mann scheide
von seinem weibe umb irgend einer ursachen willen ?
Er aber antwort und sprach: Habt ihr nicht gelesen,
daß, der im anfang den menschen gemacht hat, der
macht, daß ein mann und ein weib sein solt, und
sprach, darumb wird der mensch vatter und mutter
verlassen und seinem ehegemahl anhangen und
werden die zwei sein ein leib. So seind sie nun nicht
zwei, sondern ein leib. Was nun Gott zusamengefüget
hat, das soll der mensch nicht scheiden.
Weiter spricht der diener16: Gleubet diesen wor-
ten des Herrn, euers Gottes, und gedenkt, daß euch
Gott zusamenbracht habe in den stand der heiligen
ehe, habt euch auch undereinander lieb mit treuen
nach dem gebott des Herrn. Im kreuz und anfech-
tung sei dies euer trost, daß ihr wisset und gleubet,
daß euer stand für Gott angenem und gesegnet ist
in Christo dem Herrn.
Der Herr17 sei mit euch.

15 Der Zürcher Ordnung folgend bietet hier die KO als
Bibelzitat nur Mt 19, 3-6; vgl. dazu auch oben S. 34.
16 Diesem Abschn. liegen Traditionen der Zürcher
KO 1529 (Richter 1, 135f.), der Straßburger KOO
bis 1561 (Hubert 13ff.) und Luthers Traubüchlein

Laßt uns miteinander also beten: O almechtiger
Gott, barmherziger Vatter, dieweil nicht gut ist, daß
der mensch allein sei, hastu dem Adam im paradeis
ein gleichen gehülfen, die fraue, geschaffen zu einer
reinen beiwonung und zu einem steten bund und
einigkeit, also daß der mensch vatter und mutter
verlassen soll und seinem ehegemahl anhangen, auf
daß sie zwei seien als ein mensch, und hast ihnen
auch zu solcher beiwonung viel segens und guts ver-
heißen. Wir bitten dich, du wollest diesen eheleuten
deinen heiligen Geist verleihen und ihre herzen freien
und ledigen von wolust, inwirkung der unreinigkeit,
von fleischlicher lust und begirde, von weltlicher
ding sorgfeltigkeit, und gib ihnen einen willen und
gemüt, dir allein zu gefallen, dir zu leben und zu
sterben durch einen steifen glauben, stete liebe und
unbewegliche hoffnung, auf daß sie in dir ein mensch
seien, der mann des weibs heupt und heiland, also
daß er sein weib liebe, wie dein Sohn, unser Herr
Christus, uns armen sünder, sein gemein, geliebet
hat und liebet. Das weib sei des manns leib und ge-
hülf und sehe auf ihn, wie die ware kirche auf ihren
gemahl Christum sihet, damit sie beide selbst under-
einander und allen ihren nechsten durch sich und
die ihren zu deinem gefallen dienen und allezeit sie
bessern mögen. Gib ihnen wie Abraham, Isaac und
Jacob den segen, auf daß sie dich loben und preisen
an der frucht ihres leibes, die du ihnen reichhch
geben und zu allem guten bewaren wollest, damit
also dein göttlicher name durch sie und uns alle
immer mehr geheiliget, dein reich erweitert, deinem
willen mit allem lust wie im himmel gelebt werde,
darzu du ihnen auch wollest geben ihr teglich brot,
ihr leibes notturft und, was sie teglich ubersehen,
gnediglich umb Jesu Christi willen verzeihen, daß
sie auch denen, die sie immer beleidigen, von herzen
verzeihen. Wollest sie auch nimmer mehr in ver-
suchung fahen lassen, sondern erlöse und beware sie
vor dem bösen alten feind und versucher und vor allem
argen zu deinem lob und preisund besserung des nech-
sten, durch unsern Herrn Jesum Christum, Amen.
1529 (Bek. Schrr. 533) zugrunde; im einzelnen vgl.
H. Jahr 106.
17 Bis ,,und laßt euch die armen befohlen sein“ liegen
die Straßburger KOO bis 1561 (Hubert 13ff.) zu-
grunde.

324
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften