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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0365
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Abschied, 1568

der censur uber die predicanten undernehmen und
geprauchen sollen.
Ferner ist den superintendenten bevohlen16, daß
ein jeder alle pfarren in seinem bezirk und darbene-
ben einer jeden pfarren inkommen an gelde, frucht,
wiesen,acker,garten etc. underschiedlich verzeichne,
auch ob hirbevor was mehr darzu gehoret und dar-
von entwendet, durch wen das bescheen und wo
itziger zeit solcher abzug zu befinden, item wem die
collatur einer jeden pfarren zustehe, auch was itziger
zeit vor pfarherrn uf den pfarren residiren, wie alt
ungefehrlich und wes geschicklichkeit ein jeder sei,
wie er heiße, wohero er burtig und wer seine eltern
seien, und daß ein jeder superintendens solch ver-
zeichnus zwischen hier und Michaelis17 verfertige
und alsdan zu demselben synodo, so zu Cassel umb
dieselbe zeit sein sol, vorpringe.
[4] Als auch weiland unser g.f. und her hochlob-
licher und seliger gedechtnus ein ordnung in etz-
lichen notwendigen und zu erhaltung christlicher
zucht und erbarkeit, auch guter polizei dienlichen
puncten und articuln in anno etc. 43 ausgehen las-
sen18, so ist vor gut angesehen, daß unsere g.f. und
herrn dieselbe ordnung vor die hand nehmen, revi-
diren und mit dienlicher notwendiger verbesserung
wider hetten publiciren lassen19.
Was aber die kindtauf, in bemelter ordnung an-
gezogen20, anlangt, dieweil befunden, daß bei den
kindtaufen mit fressen und saufen, auch den geschen-
ken, so den kindbetterin geschehen, ein große uber-

16 Der ganze Abschn. folgt wörtl. der Instruktion Wil-
helms.
17 29. September. — Es war die erste Registrierung der
hessischen Pfarreien in der Reformationszeit.
18 Vgl. Text Nr. 13, S. 148 ff.
19 Zur Entwicklung der Revision dieser Ordnung vgl.
S. 344. — Die Abschn. 4 und 5 des Abscbiedes ent-
halten keine Parallelbestimmungen in der Instruk-
tion Wilhelms.
20 Vgl. Kirchenzuchtordnung 1543, Abschn. 7, S. 152 f.
und dazu die landgrfl. Verordnung wider die Sonn-
tagstaufen 1. Juni 1558, HLO I, 171; im Auszug:
Quellen III, 836.
21 Vgl. dazu Visitationsordnung 1537 Abschn. 10, S.
86.
22 Text Nr. 18, S. 228.
23 Die landgrfl. Verordnung gegen die Sonntagstänze
vom 12. Juni 1562 hatte die Hocbzeiten an Sonn-
und Eeiertagen nicht verboten, HLO I, 192 f; im

maß und mißprauch, und der arme man dardurch
hart verderbt und gleichwohl der rechte brauch
des sacraments der tauf wenig bedacht wird, so ist
vor nutzlich ermessen, daß solch fressen und saufen
bei den kindtaufen hinfurter in stedten und dorfern
zur zeit der kindtauf ganz und gar abgeschafft
werden und keiner, der sei gleich reich oder arm,
klein oder groß, uber einen taler der kindbetterin
schenken solle bei straf einer gewissen summen gul-
den, wie unsere g.f. und herrn dasselbig gnediglich
ermessen werden.
[5] Als auch mit den hochzeiten21 ein große un-
ordnung und der gemeine man dardurch hochlich
beschwert in dem, daß ein merkliche anzahl volks
zusamengeschlagen und gleichwohl braut und breut-
gam das geschenk widerumb uf den ufgelaufenen
uncosten verwenden und ausgeben müssen, so wird
zu unserer g. f. und herrn gnedigem bedenken ge-
stelt, ob nicht guet, daß hierinnen auch ein maß
troffen und etwo ein gewisse anzal personen, daruber
burger und bauern nicht laden durften, bestimpt,
auch die nachhochzeiten abgestelt, darbeneben ver-
ordnet wurde, daß die hochzeiten uf keinen sontag
oder andere feiertage, so in ihrer f.g. jungster ge-
machten kirchenordnung zu feiren geordnet22 und
daruf man zu Gottes wort und der predigt gehen
soll, gehalten werden musten23.
[6] Weil sich auch bisweilen zutregt, daß etzliche,
so der papistischen religion zugetan sein, von den
unsern zu gevattern gebeten werden24, derowegen
Auszug Quellen III, 892; unerlaubt waren jedoch
die Taufen an Sonntagen, vgl. Anm. 20.
24 Die Frage der Zulassung zur Patenschaft war in der
ersten Zeit der hessischen Reformation davon abhän-
gig gemacht worden, ob die in Frage kommende
Person mit dem Bann belegt war oder nicht, vgl.
etwa Marburger KO 1557, Abschn. 8, S. 164. Bald
verschob sich jedoch die Frage dahin, ob „Papisten“
als Paten zugelassen werden können. Im Zusammen-
hang mit der Visitation des hessischen Territoriums
im April 1556 bestimmt der Artikel über die ,,Papi-
sten“ ( Quellen III, 797): Dieweil auch dieselbigen
mit uns einen glauben bekennen und allein in etli-
chen mißbreuchen von uns sind abgesondert, wo die
von den unsern zu gevattern gebeten würden, und
dieselbigen in den gemeinen und vornehmsten arti-
keln unsers christlichen glaubens gefragt, ziemliche
antwurt geben, sollen sie zur gevatterschaft zuge-
lassen werden. - Ähnlich noch die Theologen zu Mar-

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