Abschied 1572
[23] Abschied
der vierten Generalsynode zu Kassel
15721
Als die hierunden benente superintendenten und
theologen2 uf der durchleuchtigen und hochgebor-
nen fursten und herrn, der gebrüder Landgraven zu
Hessen gnedigen bevelch und verordenung3 alhier
zu Cassel abermals erschienen und einen christlichen
synodum gehalten, so ist demnach in solcher christ-
licher versamblung beratschlagt und gehandelt wor-
den, wie underschiedlich volgt:
[1] Erstlich, was die christliche lehr und consens
in gotlicher lehr belangen tut, lassens die superinten-
denten noch bei der vorigen vergleichung und be-
willigung in etlich gewisse scripta neben der prophe-
tischen und apostolischen schriften, in nechst ge-
haltenem synodo zu Marpurgk anno etc. 71 ufge-
richtet, pleiben4, und seind mit dem hieraus ge-
machten auszug, so i.g.f. und herrn zu einer gewis-
sen ordnung, nach deren sich die pastores hernach
zu halten hetten, verfertigen lassen, auch under-
teniglich zufrieden5. Allein besorgen sie sich, daß
1 Handschriftliches Original nicht mehr erhalten.
(gleichzeitige) Ahschriften: StA Darmstadt, V A 1
Konv. 3 Fasc. 3; StA Marburg, 22 a 8 Nr. 15.
Auszug: StA Darmstadt, V A 1 Konv. 4 Fasc. 2.
Druckvorlage: Abschrift Darmstadt.
Bibliographie: Heppe, Generalsynoden I, 85ff.;
Heppe, Kirchengeschichte I, 357f.
Weitere Akten zur Synode: StA Marburg, 22 a 8 Nr.
15. 16. 17. 18.; StA Darmstadt, V A 1 Konv. 3 Fasc.
3 und Konv. 4 Fasc. 2 und 3.
Zu Fragen der Einleitung vgl. S. 343f.
2 Die anwesenden Superintendenten und Theologen
vgl. S. 366. Der Abschied ist nicht von den land-
gräflichen Räten mit verabschiedet worden, obwohl
sie auf der Synode vertreten waren, vgl. die Instruk-
tion Ludwigs vom 13. Juni 1572 für seinen Rat David
Lauck und seine beiden Superintendenten (vorhan-
den: StA Darmstadt, V A 1 Konv. 3 Fasc. 3); vgl.
auch unten Abschn. 8.
3 Zur Frage des Termins der Synode vgl. den Schrift-
wechsel zwischen Landgraf Wilhelm und Landgraf
Ludwig und das Ausschreiben Wilhelms (StA Darm-
stadt, V A 1 Konv. 4 Fasc. 3). Die Synode tagte in
Kassel vom 16. bis 30. Juni 1572; vgl. auch die In-
struktion Ludwigs, StA Darmstadt, V A 1 Konv. 3
Fasc. 3.
1 Vgl. den Abschied 1571, Abschn. 1, S. 354.
die Aug. Confession nude, ohn die Apologia, welche
andere evangelische chur- und fürsten gemeinlich
pflegen darbei zu setzen, genent worden ist, werde
bei vielen ein seltzams ansehens haben und nicht
wenig verdacht geben. Bitten derohalben under-
tenig, i.f.g. wolten sie darzu setzen und, wie bisher
allewegen in diesem furstentumb gebreuchlich ge-
wesen, neben der Confession anziehen und benennen
lassen.
[2] Was sich aber nach itz angezogenem synodo in
der universitet Marpurgk des Paedagogiarchae M.
Justi Vulteii halber begeben und zutragen hab, des-
sen sich die superintendenten beschweren und wei-
terung daran zu erfolgen befurchten, solchs ist in
einer an u.g.f. und h. samptlich gestelter supplica-
tion6 verfaßt, i.f.g. ubergeben und gnediglich zu be-
denken heimgestelt, und seind wir hieruber i.f.g.
gnedige resolution erwarten.
[3] Als auch u.g.f. und herr, Herr Wilhelm, Land-
5 Vgl. die Reformationsordnung S. 395, die in dem-
selben Jahr gedruckt ist; sie unterläßt, dem Ab-
schied von 1571 folgend, die Nennung der Apologie
neben der Augustana.
6 Der Streit um Vultejus war schon auf der vorigen
Synode verhandelt worden, vgl. S. 356. Zu der
ganzen Frage vgl. die Supplikation der Superinten-
denten, vorh.: StA Marburg, 22 a 8 Nr. 18: Nun
lassen sich aber die sachen in der universitet zu Mar-
purg dermaßen an, daß wir uns höchlich besorgen,
da man nicht beizeiten darzu sehe, es werde die
zwinglische lahr vom heiligen nachtmal (umb wel-
cher willen etzliche oberlendische stedte die Con-
fession zu underschreiben sich geweigert) genzlich
einreißen und uberhand nehmen. Dan der Paeda-
gogiarcha Justus Vulteius hat vor einem jar in syn-
odo sich ausdrucklichen erklert, daß er des Zwinglii
und Calvini meinung vom nachtmal vor recht halte.
Da ihm dan auch auferlegt worden, er solte diesel-
bige den kindern nicht einbilden. Ob er da gleich
vorgewendet, er tractire solche dinge nicht bei der
jugent, hat er sich doch darneben vernehmen lassen,
seine undertenige zuversicht stehe zu e.f. g., die wer-
den ihm wider sein gewissen etwas zu handlen nit
anmuten. Und ob ihm da undersagt worden, er solte
seiner meinung gegen der jugent oder meniglich
nicht gedenken und alle proturbation und verwir-
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[23] Abschied
der vierten Generalsynode zu Kassel
15721
Als die hierunden benente superintendenten und
theologen2 uf der durchleuchtigen und hochgebor-
nen fursten und herrn, der gebrüder Landgraven zu
Hessen gnedigen bevelch und verordenung3 alhier
zu Cassel abermals erschienen und einen christlichen
synodum gehalten, so ist demnach in solcher christ-
licher versamblung beratschlagt und gehandelt wor-
den, wie underschiedlich volgt:
[1] Erstlich, was die christliche lehr und consens
in gotlicher lehr belangen tut, lassens die superinten-
denten noch bei der vorigen vergleichung und be-
willigung in etlich gewisse scripta neben der prophe-
tischen und apostolischen schriften, in nechst ge-
haltenem synodo zu Marpurgk anno etc. 71 ufge-
richtet, pleiben4, und seind mit dem hieraus ge-
machten auszug, so i.g.f. und herrn zu einer gewis-
sen ordnung, nach deren sich die pastores hernach
zu halten hetten, verfertigen lassen, auch under-
teniglich zufrieden5. Allein besorgen sie sich, daß
1 Handschriftliches Original nicht mehr erhalten.
(gleichzeitige) Ahschriften: StA Darmstadt, V A 1
Konv. 3 Fasc. 3; StA Marburg, 22 a 8 Nr. 15.
Auszug: StA Darmstadt, V A 1 Konv. 4 Fasc. 2.
Druckvorlage: Abschrift Darmstadt.
Bibliographie: Heppe, Generalsynoden I, 85ff.;
Heppe, Kirchengeschichte I, 357f.
Weitere Akten zur Synode: StA Marburg, 22 a 8 Nr.
15. 16. 17. 18.; StA Darmstadt, V A 1 Konv. 3 Fasc.
3 und Konv. 4 Fasc. 2 und 3.
Zu Fragen der Einleitung vgl. S. 343f.
2 Die anwesenden Superintendenten und Theologen
vgl. S. 366. Der Abschied ist nicht von den land-
gräflichen Räten mit verabschiedet worden, obwohl
sie auf der Synode vertreten waren, vgl. die Instruk-
tion Ludwigs vom 13. Juni 1572 für seinen Rat David
Lauck und seine beiden Superintendenten (vorhan-
den: StA Darmstadt, V A 1 Konv. 3 Fasc. 3); vgl.
auch unten Abschn. 8.
3 Zur Frage des Termins der Synode vgl. den Schrift-
wechsel zwischen Landgraf Wilhelm und Landgraf
Ludwig und das Ausschreiben Wilhelms (StA Darm-
stadt, V A 1 Konv. 4 Fasc. 3). Die Synode tagte in
Kassel vom 16. bis 30. Juni 1572; vgl. auch die In-
struktion Ludwigs, StA Darmstadt, V A 1 Konv. 3
Fasc. 3.
1 Vgl. den Abschied 1571, Abschn. 1, S. 354.
die Aug. Confession nude, ohn die Apologia, welche
andere evangelische chur- und fürsten gemeinlich
pflegen darbei zu setzen, genent worden ist, werde
bei vielen ein seltzams ansehens haben und nicht
wenig verdacht geben. Bitten derohalben under-
tenig, i.f.g. wolten sie darzu setzen und, wie bisher
allewegen in diesem furstentumb gebreuchlich ge-
wesen, neben der Confession anziehen und benennen
lassen.
[2] Was sich aber nach itz angezogenem synodo in
der universitet Marpurgk des Paedagogiarchae M.
Justi Vulteii halber begeben und zutragen hab, des-
sen sich die superintendenten beschweren und wei-
terung daran zu erfolgen befurchten, solchs ist in
einer an u.g.f. und h. samptlich gestelter supplica-
tion6 verfaßt, i.f.g. ubergeben und gnediglich zu be-
denken heimgestelt, und seind wir hieruber i.f.g.
gnedige resolution erwarten.
[3] Als auch u.g.f. und herr, Herr Wilhelm, Land-
5 Vgl. die Reformationsordnung S. 395, die in dem-
selben Jahr gedruckt ist; sie unterläßt, dem Ab-
schied von 1571 folgend, die Nennung der Apologie
neben der Augustana.
6 Der Streit um Vultejus war schon auf der vorigen
Synode verhandelt worden, vgl. S. 356. Zu der
ganzen Frage vgl. die Supplikation der Superinten-
denten, vorh.: StA Marburg, 22 a 8 Nr. 18: Nun
lassen sich aber die sachen in der universitet zu Mar-
purg dermaßen an, daß wir uns höchlich besorgen,
da man nicht beizeiten darzu sehe, es werde die
zwinglische lahr vom heiligen nachtmal (umb wel-
cher willen etzliche oberlendische stedte die Con-
fession zu underschreiben sich geweigert) genzlich
einreißen und uberhand nehmen. Dan der Paeda-
gogiarcha Justus Vulteius hat vor einem jar in syn-
odo sich ausdrucklichen erklert, daß er des Zwinglii
und Calvini meinung vom nachtmal vor recht halte.
Da ihm dan auch auferlegt worden, er solte diesel-
bige den kindern nicht einbilden. Ob er da gleich
vorgewendet, er tractire solche dinge nicht bei der
jugent, hat er sich doch darneben vernehmen lassen,
seine undertenige zuversicht stehe zu e.f. g., die wer-
den ihm wider sein gewissen etwas zu handlen nit
anmuten. Und ob ihm da undersagt worden, er solte
seiner meinung gegen der jugent oder meniglich
nicht gedenken und alle proturbation und verwir-
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