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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0410
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Reformationsordnung 1572

[34.] Ordnung vnd Reformation |
Vnser von Gotts gnaden | Wilhelms,Ludwigs, Philipsen vnnd | Georgens,
Gebrüder Landtgrauen zu Hessen, Grauen zu | Catzenelnbogen, Dietz, Ziegenhain
vnd Nidda, etc. Wie es | in vnsern Fürstenthumben, Graff vnd Landtschafften,
nicht | allein im Kirchen Regiment von vnsern Visitatore vnd Prae- | dicanten,
mit der Lehr, jrem Leben vnd Wandel, Visitation [ der Pfarren, annemunge vnd
beurlaubung der Praedicanten, | übunge des Catechismi vnd dergleichen:
Sondern auch son- | sten in andern, zu abschaffung allerhand Aberglaubens, Rot-
ten vnd ergerlichen Lebens, auch beförderung Christlicher | Zucht vnd Erbarkeit,
vnd erhaltunge guter Policey dienli- | chen stücken, als mit Cristallen sehern,
Zauberern, Wid- | derteuffern, Kirmessen, Sontags tentzen, Gotttslesterern |
vnd Vollsauffern, auch in etzlichen Ehefellen, vnd mit straff der Vnzucht vnd
Ehebruchs, gehal- | ten werden soll. |
[Wappen* 1]
M. D. LXXII2.

Von Gotts gnaden wir, Wilhelm, Ludwig, Philips
und Jörg, gebrüder Landgraven zu Hessen, Graven
zu Catzenelnbogen, Dietz, Ziegenhain und Nidda
etc., entbieten allen und jeden unsern statthaltern,
oberamptleuten, superintendenten, pfarherrn, rent-
meistern, schultheißen aund allen andern unsern
befelchhabern und undertanena unserer nieder- und
oberfürstentumb Hessen und zugehöriger grave-
und herschaften unsere gnad und fügen euch zu
wissen:
Nachdem Gott der allmechtige aus sonderlichem
gnedigen erbermbden uns bis anhero ein gute zeit das
liecht seines heiligen allein seligmachenden worts
hell und klar scheinen lassen, darfür wir billich, sei-
ner göttlichen allmacht nicht allein von grund un-
sers herzens lob und dank zu sagen, sondern auch
unsere dankbarkeit mit einem bußfertigen christ-
lichen leben und wandel zu beweisen, verpflichtet,
gleichwol aber daran nicht geringer fehl und mangel
allenthalben gespürt wird, indem nicht allein der
großer teil in roher, unbußfertiger sicher- und üppig-
keit immerzu fortfehret und allerhand schand und
laster je lenger je mehr überhand nehmen, sondern

auch in der lahr von vielen articuln unserer wahren
christlichen religion bei diesen letzten und gefehr-
lichen zeiten allerhand gefehrliche und fast erger-
liche disputationes, fragen und gezenk zu nicht ge-
ringer verwirrung und betrübung vieler frommer
christlicher herzen und gewissen erregt werden3,
darumb von nöten, daß jeder christ desta wackerer
sei und seiner seelen heil und seligkeit wahrnehme,
sonderlich aber die obrigkeiten, als denen Gott der
Herr die tafeln seines göttlichen gesetzes befohlen
hat, sich ihres von Gott auferlegten ampts gebrau-
chen und hierinnen allenthalben ein solch ernstes
einsehens tun, daß beids4, die lahr rein und unver-
felscht bei uns und vor unsere nachkomnen erhalten
und dem volk treülich eingebildet, auch zugleich bei
den zuhörern ihres lebens verbesserung und würdige
früchte der buße gespürt und vermerket werden: So
haben wir demnach weiland des hochgebornen Für-
sten, Herrn Philipsen des eltern, Landgraven zu
Hessen, Graven zu Catzenelnbogen, unsers geliebten
Herrn Vaters löblicher und seliger gedechtnus je bis-
weilen zu vortpflanzung und erhaltung der reinen
gesunden lehr göttlichs worts, auch befurderung

fehlt 1574
1 Wappen: Dommer Nr. 47.
2 Originaldruck: vorhanden UB Göttingen, 4° Jus.
Stat. II, 7245.
Abdruck: HLO I, 357-368.
Druckvorlage: Originaldruck.

Zu Fragen der Entstehungsgeschichte und der Ein-
leitung vgl. S. 344.
3 Vgl. dazu durchgängig die Beratungen und Ab-
schiede der Generalsynoden.
4 Zur Forderung einer Reformation der Lehre und des
Lebens vgl. S. 188.

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