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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0414
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Reformationsordnung 1572

sachen dem superintendenten, under dessen bezirk
der pfarherr gesessen, vorbracht und darauf nach
gelegenheit, entweder vom selbigen superintenden-
ten allein, oder, so die sach etwas wichtig ist, mit
unserer geistlichen und weltlichen räte oder des gene-
ral synodi oder auch unserer selbst bedenken und er-
kentnus, die gebühr vorgenommen werden.
Damit auch die predicanten ihren underhalt desto
besser haben und die pfarren allenthalben, sie gehö-
ren gleich uns oder andern, mit so viel tauglichern
personen besetzt, darzu der im anfang dieser ord-
nung vermelte consens under ihnen allen desta
statlicher erhalten werden mög, so soll ein jeder
superintendens in seinem zirk alle und jede, so wol
dem adel und andern als uns zustendige pfarren,
keine ausgenommen, des jahrs zum wenigsten ein-
mal visitiren, die predicanten zu den special synodis
erfordern, die kirchen- und kastenrechnungen, so
die pfarren uns zustehen, neben unsern beampten,
so sie aber des adels sein, neben denselben vom adel
oder ihren darzu verordenten anhören, alle vor-
fallende mengel zur besserung richten und anstellen,
sonderlich aber daruf sehen, daß die pfar- und kir-
chengüter, rente, zinse, zehenden und gefelle unver-
ruckt den pfarren und kasten zugute beieinander er-
halten werden, und da sie befünden, daß etzwas
darvon verruckt, vereußert, entzogen oder in eini-
cherlei weis zu privatnutzen underschlagen und ver-
wendet wer, dasselbig nach aller möglicheit wieder
herbeibringen, darzu wir ihnen jederzeit auf ihr er-
suchen die hülfliche hand bieten, auch unsern be-
ampten, allenthalben dasselbig zu tun, hiermit auf-
erlegt und befohlen haben wöllen.
[4] Daß die undertanen fleißig in die pre-
digt und zur lehr des catechismi zu gehen
vermahnet, und wie die, so solchs mutwil-
liglich verseumen, gestraft werden sollen
Ferner setzen, ordnen und wöllen wir15, daß ein
jeder predicant, auch die seniores und vorsteher der

15 Dem Abschnitt liegen als Quellen zugrunde: Ab-
schied der Generalsynode 1571, Abschn. 5, S. 358;
Kirchenzuchtordnung 1543, Abschn. 4, S. 151; und
die landgräfliche Verordnung über die Sonntags-
tänze und Kirmessen 1562, Quellen III, 892.
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kirchen jedes orts auf ihre pfarkinder, ob sie auch
aller die predigten besuchen, Gottes wort hören und
insonderheit den catechismum lernen und wissen
und wochentlich auf die gesetzte tage ihre kinder
und gesind darzu schicken, fleißig achtung geben
und die fahrlessigen erstet durch privat admonition,
auch sonstet das volk in gemein durch offentliche
vermahnungen darzu treülich weisen und anhalten
mit angehefter verwarnung und betrauung, da die
eltern und hausväter ihre kinder und gesinde in dem
verseumen, oder auch die erwachsene vor sich selbst
fahrlessig sein und ihren catechismum nicht können
würden, daß alsdann dieselben, wann sie freieten,
nicht allein ehlich nicht ingesegnet16, auch zu dem
brauch des hochwürdigen abendmals nicht gelassen,
noch zu gevatterschaften oder dergleichen ehren-
stenden verstattet, sondern noch darüber der obrig-
keit angezeigt und der gepür gestraft werden solten.
Derhalben wöllen wir auch, daß die pfarherrn und
seniorn oder vorsteher der kirchen jedes orts auf die-
jenigen, so communiciren, zu gevattern stehen oder
hochzeit halten, fleißige achtung haben, daß sie ihren
catechismum oder zum wenigsten die fünf haupt-
stück christlicher lehr wissen, und derhalben die-
jenige, so sie unwissenheit halben verdechtig halten,
zuvor privatim vorbescheiden, darin hören, under-
weisen und keinen zu solchen sacramenten und
stande zulassen, der hiervon nit einen christlichen
bericht und bekantnus zu tun weiß.
Da auch die predicanten auf solche weis mit ver-
mahnungen bei denselben leuten nichts ausrichten
könten, sollen unsere beampten eines jeden orts,
denen wir solchs hiermit ernstlichen und bei ver-
meidung ungnediger straf uferlegen und befehlen,
auf der predicanten und seniorn anzeige solchen
rohen, widerspenstigen leuten erstlich ein zimbliche
geldstraf von etzlichen weißpfennigen nach gelegen-
heit, erkantnus und vergleichung der predicanten
und seniorn abfordern, dieselbige in gemeinen
gottskasten geben und darüber durch die kasten-
meister jedes orts ein register halten lassen, auch
16 Vgl. dazu schon den Visitationsabschied 1556, Quel-
len III, 802, S. 239; von dort in die Kirchenordnung
1566 aufgenommen, vgl. S. 322.
 
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