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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0416
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Reformationsordnung 1572

ernstlich ansagen und gepieten, in maßen weiland
unsers geliebten Herrn Vaters hiebevor publicierte
ordnung klarlich. inhelt und vermag, alles dasjenige,
das sie under uns haben, haus, hof, acker, wiesen,
korn, hafer, frucht, viehe und alles anders, was
ihnen zustehet, innerhalb vierzehen tagen ihres be-
sten zu verkeufen, zu vereußern und under einer an-
dern herrschaft ihre wohnung und enthaltung zu
suchen. Und do sie das ermelten unsern beampten
glaublichen bei wahren worten verwilligen und zu-
sagen, sollen sie es von ihnen annehmen und soviel
müglich kaufleut verschaffen, auch ihnen gestatten,
ihr geld ganz oder zum teil nach ihrer gelegenheit
mit sich zu nehmen ohne verhinderung. Und welche
solches innerhalb vierzehen tagen nicht tun werden,
derselben hab und güter aller, nichts ausgescheiden,
sollen unsere beampten, neben burgermeister und
rat in stetten oder greben und vorstehern uf den
dörfern zu sich nehmen, zum besten und teursten
als sie mögen verkeufen und eigentlich verzeichnen,
was es gilt, auch was einem jeglichen zustehet, das-
selbig also verwarlich jedes orts hindern rat oder
andre glaubhaftige stett legen. So bald nun die
widerteufer, denen das ihr solcher gestalt verkauft
und das geld hinderlegt wer, sich außerhalb unserer
oberkeit und gebiet anderswo, doch nit auf zwölf
meil wegs nahe bei unserer landgreniz, niderzutun
gemeint und ihres gelds mit beglaubter gewisser bot-
schaft begerten, denen soll dasselbig unaufgehalten
gevolgt werden.
Würde aber ein solcher widerteufer, dem unser
land zu reumen geboten wer, dasselbig verechtlich
halten und gleich sehr in seiner wohnung sitzen blei-
ben, so sollen unsere beampten desselben ungehor-
samen wohnung zusperren und verschließen und
kein feür noch rauch darinnen zu haben vergünnen,
auch nichts desta weniger mit verkaufen desselben
hauses und güter gebaren als obstehet.
Wolten aber die widerteufer auf beschehnes ver-
bot willig abziehen und doch ihre behausungen,
ecker, wiesen und andere liegende güter lieber be-
halten und umb einen järlichen zins andern ver-
19 Vgl. landgräfliche Verfügung an die Pfarrer über
Gemeindezucht vom 27. Aug. 1540, Quellen II,
417; Kirchenzuchtordnung 1543, oben S. 148ff. (bes.
S. 153); landgräfl. Verordnung über Sonntagstänze,
400

lassen, dann erblich verkaufen, so wöllen wir das-
selbig in hoffnung ihrer besserung und bekerung ver-
statten, jedoch mit dieser austrücklichen maß und
anders nicht, daß sie solchen leuten, die mit dieser
sect nicht befleckt sein ond sich christlicher gemei-
nen und gehorsams gehalten, auch die gemeinen
landsbürden und -pflichten mittragen helfen, ihre
haus und güter eintun und sie vor ihre personen, all-
dieweil sie in ihrem irtumb verharren, sich unsers
lands auf zwölf meil wegs weit, wie vorstehet, ent-
halten.
Wofern aber under zweien eheleuten eines allein
mit dem widertauf befleckt und das ander oder auch
ihre erwachsene kinder unbefleckt wer, auch das-
selbig unbefleckte teil sich obgesetzter vereußerung
der güter und landsreumung, die wir allein wider
das schuldige teil und demselben zur straf gemeint
haben wöllen, beschwerte, so soll ein solcher fall mit
seinen umbstenden an uns gelangt und darüber
unsers fernern bescheits erwartet werden.
Wir gebieten auch hiermit allen und jeden unsern
undertanen in gemein, daß sie sich der widerteufer,
ihrer weiber und kinder, so derselben secten an-
hengig, mit hausen, herbrigen, essen, trinken und
anderm vorschub gar nicht annehmen in aller ma-
ßen, wie sie sich unserer christlichen gemein auch
eußern und entschlagen. Wer aber solchs wissentlich
übertreten und verächtlich halten würde, der soll
gleicher straf wie die widerteufer selbst zu gewarten
haben.
Die sich aber von ihrem irtumb bekehren und
widerumb zu unserer christlichen gemein mit an-
hörung göttliches worts und gebrauch der hochwür-
digen sacramenten treten, denen soll ihr voriger
fehl verziehen sein und sie zu gnaden wieder auf- und
angenommen werden.
[7] Von kirmessen und tänzen
Wiewol unser geliebter Herr Vater gottseligen in
anno 40, 43 und 62 underschiedliche ordnungen
publiciren lassen19, darinnen die sontagstenze, be-
vorab die under der predig und catechismo gesche-
Kirmessen und Kirchendiener vom 12. Juni 1562,
Quellen III, 893. Alle drei Texte liegen z.T. wört-
lich diesem Abschnitt zugrunde.
 
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