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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0425
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Agende 1574

und jeden kirchen unserer fürstentumb, grafschaf-
ten, obrigkeiten und gebieten steif und fest gehalten,
sondern auch euch, unsern superintendenten inson-
derheit mit gnedigem ernst uferlegt und befohlen
haben, daß ihr sampt und sonderlich ein jeder in
seinem zugeordenten bezirk mit treuwem fleiß in den
gewöhnlichen visitationen und sonstet darauf sehet
und inquiriret, damit solcher Agenden alles ihres
inhalts durchaus in einer jeden pfarr unweigerlich
gelebt und nachgesetzt werde, wie wir uns dessen
gewißlichen versehen.
In urkund unserer zu ende getruckter fürstlicher
secret insigel, geben den 20. tag Julii Anno 1573.
Von tagen, an welchen gemeine versamb-
lung gehalten und die offentliche kirchen-
dienste verrichtet werden sollen
Wiewol die menschen zu jeder zeit und in ihrem
ganzen leben, Gott und seine woltaten zu erkennen
und zu betrachten und ihren schöpfer, erlöser und
seligmacher zu loben und zu preisen, schuldig und
verpflichtet seind und alles, damit wir umbgehen, uf
die ehr Gottes und zu seinem dienst und gehorsam
gerichtet sein soll, dieweil aber doch die notturft er-
fordert, daß auch andere werk, so Gott einem jeden
zu ufenthaltung und erstreckung dieses vergeng-
lichen lebens auferlegt und befohlen hat, nicht über-
gangen und unterlassen werden, so seind demnach
zu allen zeiten bei dem waren volk Gottes etliche
gewisse zeit und tage bestimpt und darzu verordnet
gewesen, daß an denselbigen alle arbeit, werke und
hantierung dieses zeitlichen lebens notturft be-
treffende underlassen und allein, was zur warhafti-
gen erkantnus Gottes und seiner heiligen göttlichen
werk, dergleichen zu lob und preis seines göttlichen
namens dienen und gereichen mag, vorgenommen
und getrieben werden möchte, dessen uns auch er-
innert das göttlich gesetze, da es gebeut [Ex 20, 8],
a + auch B
5 Vgl. Barnabasbrief 15, ed. Bihlmeyer 28f; Justi-
nus Martyr, Dialogus cum Trypho 138, ed. J. C. Th.
von Otto II, 486; vgl. Kirchenordnung 1566, S. 227.
6 Ab hier beginnt das handschriftliche Bruchstück der
Agende (vgl. S. 408 Anm. 1, unter B), es reicht bis
S. 430.

wir söllen eingedenk sein des sabbats oder feiertags,
daß wir ihn heiligen. Und haben derwegen die Israe-
liter aus Gottes befelch den siebenden tag sampt
andern durch Mosen verordneten festen feiren und
halten müssen. Nachdem aber die policei Mose ein
ende genommen und alle ceremonien des gesetzes
durch die zukunft des Herrn Jesu Christi abgetan
seind, haben die alten lehrer und vorsteher der
christlichen kirchen, zu bezeugen die christliche
evangelische freiheit, anstatt des siebenden tags den
ersten in der wochen nunmehr zu feiren verorde-
net5.6, welchen wir nach altem brauch den sontag
nennen, in der Offenbarung Joannis aber wird er ge-
nent des Herren tag, Apoc. 1 [10], darumb, daß der
Herr Jesus am selbigen tage von toten auferstanden
ist. Und ist glaublich, daß auch die aposteln selbst
ihr meiste und fürnembste versamblunge an diesem
tage gehalten haben, dieweil man etliche mal lieset
beim Luca in der Apostel geschicht [Act 20, 7], daß
an einem der sabbater, das ist am ersten der sabba-
ter nach hebraischer art zu reden, seien die jünger
zusammenkommen, das brot zu brechen. Daher
dann auch in Sermonibus Augustini* 5 6 7 stehet: Die
aposteln und apostolische menner haben verordnet,
daß des Herrntag heilig und ehrlich gehalten und
alle herrligkeit des jüdischen sabbats ihm zugelegt
werden solt. Und der christliche gottselige keiser
Constantinus hat diese christliche satzung der kir-
chen confirmirt8 und damit bestetiget, daß er ge-
boten, man solt am sontage alle gerichtshendel und
alle weltliche gescheft underlassen, uf daß jederman
desto besser Gottes wort hören und betrachten und
also den gottesdienst rechtschaffen verrichten künt.
Es hat aber jederzeit die christliche kirche neben
dem sontag auch etliche andere tage zu feieren, wie-
viel derselbigen nützlich und zu erbauung des glau-
bens an Christum dienstlich, nach gelegenheit jedes
lands und volks zu ordnen und setzen, macht gehabt.
Derhalben so behalten wira zum christlichen feier-
7 Pseudo-Augustinus, Sermo 280, 2; MPL 38/39, 2274;
vgl. Th. Zahn, Geschichte des Sonntags vornehm-
lich in der alten Kirche, 1878, S. 44 Anm. 48.
8 Eusebius, Vita Constantini IV, 18; GCS Eusebius I,
124; Zahn aaO. S. 74 Anm. 39; - Cassiodor, Hist.
trip. 1, 9; MPL 69, 891f.; CSEL 71, 24f.; - vgl. auch
Kirchenordnung 1566, S. 229.

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