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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0454
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Agende 1574

vertröstet erscheinen wir allhie vor deinen augen
deiner göttlichen maiestet, bitten und flehen, du
wöllest uns alle unsere sünd und ungerechtigkeit
verzeihen und unser herz mit deinem heiligen geist
erneuwern und zu deinem Sohn unserm Herrn Jesu
Christo aufrichten und entzünden durch deinen hei-
ligen Geist, daß wir dich für alle notturft deiner
kirchen und aller menschen mit allem vertrauwen
bitten und von dir erlangen, was uns allen zu deinem
lob und preis nützlich und forderlich sein mag; und
bitten dich erstlich für deine kirche und gemeine,
erlöse und behüt die für allen bischoffen und für-
gengern, die du nicht gesandt hast, und sende ihnen,
so alle deine zerstreuwete schäflein mit allen treu-
wen suchen und unserm Herrn Christo dem einigen
guten hirten zufüren, und welche sie ihm zubracht
haben, zu allem deinem willen und gefallen teg-
lichen bessern und sterker erbauwen, damit bei uns
und allenthalben alles gottlos wesen, alle secten, rot-
ten und aller falscher gottesdienst abgeschafft und
ausgetilget werden und wir in einigkeit wares glau-
bens und erkentnus deines lieben Sohns gottselig
leben, in ihm genzlich versamblet und eins werden
zu deinem lob und besserung unsers nechsten. Amen.
Also bitten wir dich auch für unser oberkeit, kei-
ser, könig, fürsten und herrn und fümemblich für
unsern landsfürsten, seine rät und gewaltigen und
regenten dieser stadt, gib ihnen, daß sie warhaftig
Gottes seien, alles arges bei ihren undertanen, wel-
che auch deiner hand werk und schäflein deiner
weide seind, abschaffen, alles guts pflanzen und for-
dern, damit wir frei von furcht der feinden dir die-
nen in aller heiligkeit und gerechtigkeit.
Wir bitten dich auch, gütiger Gott und vater, für
alle menschen, dieweil du doch wilt ein heiland sein
aller welt, ziehe zu deinem lieben Sohn die noch von
ihm entpfrembdet sein und gib denen, so du zu ihm
gezogen, in seiner erkentnus immer zu wachsen und
zuzunemen.
Und für die, so du uns allen zum exempel züchti-
gest mit allerlei anfechtung und trübsal, bitten wir
auch, tröst sie und hilf ihn aus allen nöten und gib
uns, daß wir deine väterliche warnung an ihnen zu
herzen führen und uns selbst richten und bessern,
daß wir nicht von dir müssen gerichtet werden, und
uns, die wir allhie vor deinen göttlichen augen zu

deinem wort, gebet, almusen und heiligen sacrament
versamblet sein, verleihe, daß wir ja allhie allein in
deinem und deines lieben Sohns namen versamblet
seien, gib, daß wir dein heiliges gesetz und evan-
gelion mit rechtem glauben fassen und daher einmal
genzlich uns selbst abstehen und an deinem Sohn
unsern einigen heiland uns ergeben, der uns auch
allein durch sein bitter leiden und sterben von sünden
und ewiger verdamnus erlöset und durch sein heilige
auferstehung und himmlische regierung zu sich in
seine kirch und gemein berufen und ihm selbst zum
ewigen leben eingeleibet hat, und gibe uns über
das alles auch seinen leib und blut in dem heiligen
sacrament zur speis und trank in das ewige leben,
auf daß wir immer mehr in ihm und er in uns lebe zu
unserm ewigen heil und seligkeit. Dies alles gib,
heiliger vater, uns im lebendigem rechtem glauben
zu bedenken und in solchem glauben diese gemein-
schaft des leibs und bluts deines lieben Sohns un-
sers Herrn von seinem tisch zu entpfahen, also daß
unser sündhaftigs fleisch in uns je lenger je mehr ge-
dempft und getötet werde, unser leben aber in
Christo Jesu immer wachsen und zunemen möge,
dir zum preis und dem nechsten zur besserung, da-
mit dein nam an uns also mehr geheiliget, dein reich
erweitert, und einmal alles bei uns auf erden mit
solcher lust und lieb nach deinem heiligen willen
geschehe, wie das im himmel geschicht, darzu gib
uns auch unser täglich brod, alle leibes notturft, ge-
sundheit und friede, daß wir dir dies zu lob gebrau-
chen mögen, und vergib uns unser tägliche fehl, wie
jetzund vor deinen augen wir allen denen verzeihen,
so uns je leid.es getan haben, und laß uns den ver-
sucher, den bösen feind nimmermehr mit seiner
listigen anfechtung obligen, sondern erlöse uns
von ihm und allem argen. Denn dein ist das reich,
die kraft und herrligkeit in ewigkeit. Amen.
Oder kürzer also3:
Barmherziger, ewiger allmechtiger Gott, himm-
lischer vater, der du uns in deines lieben Sohns un-
sers Herrn Jesu Christi namen zusammenzukommen
und dich umb alle unsere notturft anzurufen befoh-
3 Vgl. das Gebet in der Kölnischen Reformation 1543,
Bl. 108-109, dem sich die Agende, teilweise jedoch
unter starker Umarbeitung, anschließt.

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