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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0462
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Agende 1574

angelegen were, soll ers fürnemlich dahin richten,
daß er gegen solche beschwerung gnugsam getröstet
werde. Und ob der krank zuvor ein verechter gött-
lichs worts und der sacramenten gewesen oder son-
sten mit groben und bekanten sünden behaftet und
darin bis daher unbußfertiglich verharret were, soll
er ihm dieselbigen mit ernst ftirhalten und ihnen zu
warer erkantnus und bekantnus solcher sünden und
zu rechter reuw und leid darüber vermanen, und
ehe dann er die zeichen der waren buß bei ihm siehet
und spiiret, ihm den trost, der in Gottes wort und
dem heiligen abendmahl den bußfertigen sündern
verordent ist, nicht mitteilen. Hiervon aber kann
man nicht wol ein gewisse form vorschreiben, da
muß ein jeder pfarherr die gelegenheit der personen
zu bedenken und mit einem jeden, nach dem er ih-
nen affectionirt befinden wird, zu handlen wissen,
also daß die halsstarrigen und widerspenstigen mit
verkündigung göttlichs gesetzes und zorns, doch
aufs allerfüglichst und ghmpfhchst, zu warer reu
und leid gebracht, die blöden und bekümmerten
herzen aber mit erklerung des heiligen gnaclenrei-
chen evangelii in ihren gewissen gesterket und ge-
tröstet werden.
Wann aber der kranke der communion begeret,
darzu mag nachfolgende form gebrauchet werden.
Beicht oder bekantnus der sünden29
Ich armer betrübter mensch klag und bekenne
für Gott und allen christgleubigen, daß ich nicht al-
lein in sünden entpfangen und geboren bin, sondern
auch die ganze zeit meinens lebens viel gesündiget
hab mit gedanken, mit worten und werken, inson-
derheit, daß ich meinen Gott von ganzem herzen,
von ganzem gemüt, von ganzer seel und allen mei-
nen kreften nicht geliebt hab, auch meinen nechsten
nicht wie mich selbs, wie mein Herr Gott mir sol-
ches geboten und befohlen hat. Mit welchen sünclen
ich mich schuldig gebe aller meiner sünde und rufe
zu Gott umb gnade mit herzlicher bitt und ver-
trauwen, daß er mir dieselbige von wegen des ver-
29 Das Formular entspricht im ganzen dem oben S. 413
gegebenen, ist jedoch in den Singular gesetzt.
30 Von hier an bis ,,das schöne Confitemini“ ist das
Formular der Krankenkommunion der sächsischen

dienstes seines lieben sohns, meines Herrn unci hei-
lands Jesu Christi erzeigen und mitteilen wolte.
Absolutio
So war ich lebe (spricht Gott durch den Prophe-
ten Ezechiel [Ez 33, 11]) hab ich nicht lust an dem
tod des sünders, sondern ich will, daß er sich bekehre
und lebe. Und der Herr Christus sagt [Mt 11, 28]:
Kompt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen
seid, ich will euch erquicken. Item [Joh 3, 16]: Also
hat Gott die welt geliebet, daß er seinen eingebor-
nen solin gab, daß alle, die an ihn gleuben, nicht ver-
loren werden, sondern das ewig leben haben. Daraus
offenbar ist, daß Gott allen bußfertigen sündern will
gnedig sein und ihnen ihr stinde vergeben. Und des
zum gewissen pfande hat er seinen einigen sohn las-
sen mensch werden, aller menschen sünde auf sich
nehmen und mit seinem tod und sterben darfür be-
zalen und gnug tun. Auf solche seine verheißung und
zusage sprech ich als ein ordentlicher diener Gottes
euch und alle bußfertige ledig und los von allen
euweren sünden, daß sie euch söllen verziehen und
vergeben sein, so reichlich als der Sohne Gottes
solchs mit seinem bitter leiden und sterben erwor-
ben und durch sein heiliges evangelion aller welt zu
verkündigen befohlen hat, im namen Gottes des
Vaters, des Sohns und des heiligen Geistes. Amen.
Nach vollendeter beicht und absolution soll der
pfarherr oder caplan acht nemen, daß der tisch be-
reitet sei, und soll darauf mit dem kranken das
Vater unser beten.
Darnach spreche er30 die wort des testaments:
Unser Herr Jesus Christus, in der nacht, da er ver-
raten ward, nam er das brot, danket und brachs und
gabs seinen jüngern und sprach: Nehmet hin und
esset, das ist rnein leib, der für euch gegeben wird,
solchs tut zu meinem gedechtnus.
Auf diese wort reiche man dem kranken den leib
des Herrn, also sprechend:
Der leib unsers Herrn Jesu Christi, ftir dich in den
tod gegeben, sterke und beware dich im gfauben
zum ewigen leben. Amen.
Agende 1540 entnommen (vgl. Sehling I, 270f. und
271 Anm. 1. 2), die nach dem Vorwort der Kirchen-
ordnung 1566 in Hessen in Gebrauch war, vgl. S. 183
Anm. 12.

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