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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0466
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Agende 1574

alte und neue testament genugsam bezeugen41. Der-
halben wöllen wir auch solche gute christliche ge-
wonheit der ehrlichen begrebnus unserer eltern, kin-
der und freunde behalten, und soll die auf folgende
weise angestellet werden:
1. Wann ein gleubiger aus diesem leben abgeschei-
den ist, soll dem pfarherr oder caplan solchs beizei-
ten vermeldet und er dem verstorbenen zur christ-
lichen begrebnus zu clienen gebeten werden, damit
er sich inhalten und zur gewonlichen stunde, welche
denn gemeinlich ist nach mittag ein uhr, daheim sein
und auf seinen dienst warten künt.
2. Wann die gewönliche bestimpte stunde vorhan-
den und die zur begrebnus gebetene freunde und
nachbaurn, beneben dem pfarherrn oder caplan,
beieinander versamblet sein, soll der pfarherr oder
caplan mit seinem opfermann für der leich hergehen,
die eltern aber, kinder oder andere des verstorbenen
nechste freunde der leichen zum nechsten nachge-
hen, und denen hernach andere fromme erbetene
christen in guter ordenung, also daß allwegen die in
gemeinen ampten oder sonst ansehenliche personen
seind, dergleichen die eltesten, zuforderst, darnach
die jungen und andere gemeine personen fein züch-
tiglich folgen, und sollen allwegen die menner vorher,
darnach gieicher gestalt ordentlich und züchtiglich
die weiber, wie jetzunder vermeldet, hernacher gehen.
3. An den orten, da schulen seind, wann der schul-
meister sampt den schulern auch erfordert seind,
söllen die schüler und die schulmeister erstlich und
darnach die kirchendiener einer oder mehr nechst
für der leichen liergehen und singen: Mitten wir im
leben sein42; Aus tiefer not43; oder dergleichen einen
gesang.
4. Wann man nun kompt an den ort der begrebnus,
soll nach vollendentem gesang der kirchendiener ein
kurze predigt tun, welche vornembiich auf den
trost wider den tod und vermanung zur christlichen

41 Zum Beleg vgl. Kirchenordnung 1566, S. 335.
42 Martin Luther, Mitten wir im Lehen sind; vgl.
Wackernagel III Nr. 12 S. 10; Evgl. Kgb. 309.
43 Martin Luther, Aus tiefer Not schrei ich zu dir; vgl.
Wackernagel III Nr. 6 S. 7f.; Evgl. Kgb. 195.
44 Martin Luther, Mit Fried und Freud ich fahr dahin;
vgl. Wackernagel III Nr. 25 S. 17; Evgl. Kgb. 310.
45 MichaelWeiße, Nun laßt uns den Leib begrahen; vgl.
Wackernagel III Nr. 396 S. 333; Evgl. Kgb. 174.

buße und bekehrung zu Gott gerichtet sein soll. Und
solch predigt soll mit folgendem gebet geschlossen
werden:
Allmechtiger Herr Gott, ein vater unsers heilands
Jhesu Christi... [vgl. KO 1566; S. 336f.].
Zu ende des gebets soll er also sprechen:
Der Herr verleihe uns, daß wir in seiner erkantnus
seliglich abscheiden, durch seine kraft fröhch auf-
erstehen und bei ihme in ewiger freude leben und
bleiben. Amen.
5. Zum beschluß soll gesungen werden: Mit fried
und freude ich fahr dahin44; oder Nun laßt uns den
leib begraben45; oder ein ander hierzu gehöriger
gesang.
Diese form der christlichen begrebnus... [vgl. KO
1566; S. 337],
Forma der ordination eines pfarherrn oder
kirchendieners46
'Wann uf eine durch absterben oder abforderung
ihres pfarherrn entledigete pfar einen neuwen pfar-
herrn zu erwehlen und zu bestellen die notturft er-
fordern will, soll der nechstgesessene pfarherr (wel-
chem die vacirende pfar bis so lang sie widerumb
ordentlich bestellet wirt, mit verkündigung gött-
lichs worts, sacramentreichen und anderen notwen-
digen diensten zu versorgen gebüret) allwegen zu
ende seiner predigt in erzelung der anhgen, darfür
man bitten soll, auch die gemeine Gott umb einen
andern christlichen und treuwen seelsorger mit ernst
anzurufen erinnern und die pfarleut dahin wreisen
und anhalten, daß sie es zum aherforderlichsten ih-
rem ordentlichen superintendenten zu erkennen
geben und bei ihm rat suchen, wie sie die sachen an-
greifen müssen, daß ilmen wiederumb ein gottseliger
gelerter mann zum pfarherrn fürgestehet und ver-
ordnet werden möge. Da nmi die collatur der erle-
digten pfar dem landsfürsten zustehet47, soll der
46 In diesen Abschn. sind vor allem Bestimmungen des
ersten Teils der Khchenordnung 1566 (S. 197ff.) ein-
gegangen, obwohl die Generalsynode 1569 (vgl. Ab-
schied Abschn. 2, S. 351) beschlossen liatte, die
ersten zwei Teile der alten Ordnung - da sie weniger
für die Hand des Pfarrers besthnmt seien - unverän-
dert zu lassen und der Agende nicht einzufügen.
47 Vgl. zum folgenden die Besthnmungen der Refor-
mationsordnung 1572, Abschn. 3, S. 396f.

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