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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0047
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Einleitung

Die Kirchenordnungen, die im Zuge der Reformationseinführung in Hessen zwischen 1526 und 1582 erlas-
sen worden sind, wurden in dieser Reihe bereits veröffentlicht.1 Zu Territorium, Politik und konfessioneller
Entwicklung Hessens in diesem Zeitraum soll daher hier nur eine knappe Skizze gegeben werden.
In der geteilten hessischen Landgrafschaft, namentlich in Hessen-Darmstadt und Hessen-Kassel, war
die konfessionelle Ausrichtung bis Ende des 16. Jahrhunderts nicht abgeschlossen, noch Mitte des 17. Jahr-
hunderts wurden umfangreiche Kirchenordnungen ausgearbeitet. Diese Weiterentwicklung kann hier
jedoch nicht verfolgt werden. Dem Untersuchungszeitraum unserer Editionsreihe geschuldet, können nur
die Anfänge der konfessionellen Teilung dargestellt werden. Die zeitliche Begrenzung der edierten Ordnun-
gen bis zum Jahr 1618 wird somit beibehalten.

1. Territorium und kirchliche Strukturen vor der Reformation
Das Kerngebiet der Landgrafschaft Hessen lag im Norden und in der Mitte des heutigen Bundeslandes
Hessen, es konzentrierte sich um Kassel (Niederfürstentum/Niederhessen) und Marburg (Oberfürstentum/
Oberhessen). Im 15. Jahrhundert konnten zwei wichtige Territorien hinzugewonnen werden, zum einen die
Grafschaften Ziegenhain und Nidda, die 1450 an Ludwig I. von Hessen fielen und die Nieder- und Ober-
hessen miteinander verbanden, und zum anderen die reichen Katzenelnbogener Lande, die nach dem Tod
Philipps von Katzenelnbogen 1479 an die Landgrafschaft kamen.2 Durch den Anfall von Katzenelnbogen
konnte das hessische Territorium bis nach St. Goar am Mittelrhein sowie um das Gebiet um Darmstadt
vergrößert werden. Die Katzenelnbogener Lande blieben jedoch immer in zwei Hauptgebiete geteilt, die
Untergrafschaft um Katzenelnbogen und Rheinfels sowie die Obergrafschaft um Darmstadt.
Die hessischen Landesteile um Kassel und Darmstadt gehörten kirchenorganisatorisch zum Erzbistum
Mainz, das entscheidenden Einfluss auf die kirchliche Entwicklung Hessens ausübte. Gießen und größere
Teile der Niedergrafschaft Katzenelnbogen mit St. Goar, dem späteren Hessen-Rheinfels, zählten zum
Erzbistum Trier. Kleine Landesteile im Nordwesten gehörten zur Erzdiözese Köln und zur Diözese Pader-
born, weitere im hessisch-thüringischen Grenzraum zum Bistum Würzburg.3
Die hessischen Landgrafen führten bereits vor der Reformation ein intensives landesherrliches Kirchen-
regiment: Ende des 15. Jahrhunderts unterstanden die meisten Klöster in Ober- und Niederhessen der
landgräflichen Vogtei- und Schutzgewalt. Bereits im Spätmittelalter versuchten die Landgrafen, ihr Land
von der geistlichen Jurisdiktion der Mainzer Erzbischöfe zu befreien und eine eigenständige Landeskirche
aufzubauen. Dies gelang jedoch erst unter der Regierung Philipps I.4

1 Sehling, EKO VIII.
2 Die am Mittelrhein gelegene reichsunmittelbare Graf-
schaft Katzenelnbogen war 1479 erloschen. Anna von
Katzenelnbogen vererbte ihrem Gemahl, Heinrich III.
von Oberhessen (1440-1483), den gesamten katzeneln-
bogischen Besitz. Seit 1479 trugen die hessischen Land-
grafen auch den Titel „Grafen zu Katzenelenbogen“,
Rudersdorf, Hessen, S. 259; Köbler, Lexikon,

S. 416; Schüler, Niedergrafschaft, S. 42f.; Demandt,
Grafen, S. 1-35; ders., Grafschaft, S. 73-105.
3 Rudersdorf, Hessen, S. 258.
4 Am 11. Juni 1528 verzichteten die Mainzer Erzbischöfe
auf die Ausübung der geistlichen Gerichtsbarkeit in den
hessischen Territorien, Sehling, EKO VIII, S. 7f.;
Noack, Georg I., S. 138; Rudersdorf, Hessen,
S. 259f.

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