Einleitung
Bucer) hatte die landgräfliche Kirche jedoch synodale und presbyteriale Strukturen ausgebildet. Als
Hauptorgane des hessischen Kirchenregiments fungierte die Generalsynode, die jährlich abwechselnd in
Kassel und Marburg tagte.16
Nach der Niederlage der evangelischen Stände im Schmalkaldischen Krieg 1546/47 erfuhr Landgraf
Philipp schwere Demütigungen durch den Kaiser, der die hessischen Festungen schleifte, hohe Strafgelder
forderte und Philipp in fünfjährige Gefangenschaft nahm.17 Nach dem Passauer Vertrag kehrte Philipp 1552
in sein Land zurück und setzte sein Reformationswerk fort. In den 1560er Jahren vermittelte er zwischen
den Anhängern der verschiedenen evangelischen Bekenntnisse im Reich.18 Insbesondere wünschte er den
Ausgleich mit der Kurpfalz, die immer stärker zum reformierten Lager tendierte.
Philipps Bemühen um Einheit unter den auseinander strebenden protestantischen Ständen spiegelt sich
auch in der hessischen Kirchenordnung wider, die er 1566 veröffentlichte.19 Das in drei Teile20 gegliederte
Werk griff auf zahlreiche fremde Traditionen zurück, die von lutherischen und zwinglischen Einflüssen
geprägt waren,21 auf kirchenrechtlichem Gebiet kamen Übernahmen altkirchlicher und mittelalterlicher
Texte hinzu.22 Mit der Kirchenordnung von 1566 hatte der Landgraf versucht, auf der Grundlage der
hessischen Tradition die auseinanderstrebenden Lager wieder zu vereinen.23
3. Gemeinsame Religionspolitik der geteilten Landgrafschaft 1567-1582
Nach Philipps I. Tod 1567 wurden die hessischen Stammlande unter seinen vier legitimen Söhnen
geteilt.24 Philipps ältester Sohn Wilhelm IV. (1532-1592) erhielt etwa die Hälfte der Landgrafschaft mit
den Gebieten um Kassel. Der zweitälteste Sohn, Ludwig IV. (1537-1604), bekam mit dem Marburger Land
rund ein Viertel des Gesamtstaates. Das letzte Viertel, die Grafschaft Katzenelnbogen, fiel an die beiden
jüngsten Söhne: Philipp II. (1541-1583) regierte die Niedergrafschaft mit Rheinfels und Georg I. (1547-1596)
die Obergrafschaft mit Darmstadt.25 Mit diesem Erbschaftsmodus wurde der Katzenelnbogener Besitz
erstmals unter zwei Regenten aufgeteilt.26 Die Obergrafschaft wurde zum Kern der Landgrafschaft Hessen-
Darmstadt, die Niedergrafschaft zu dem von Hessen-Rheinfels.
Trotz der Teilung blieb Hessen als Gesamtstaat zunächst bestehen.27 Um die Einheit des Landes nach
außen zu wahren, hatte Philipp I. verfügt, daß seine vier Söhne gemeinsame Herrschertitel und Wappen
16 Müller, Synode, S. 140-143; Rudersdorf, Hessen,
S. 269-271.
17 Die Landgrafschaft wurde in dieser Zeit von Philipps I.
ältestem Sohn Wilhelm regiert, Rudersdorf, Ludwig
IV., S. 29-34; ders., Hessen, S. 271f.
18 Rudersdorf, Hessen, S. 273.
19 Abdruck in Sehling, EKO VIII, S. 178-337.
20 Amt der Kirchendiener, Von der Lehre, Austeilung der
Sakramente, vgl. Münch, Zucht und Ordnung, S. 112f.
21 So z. B. im Formular der Eheordnung, vgl. Sehling,
EKO VIII, S. 34f„ 320-325.
22 Detaillierte Nachweise in Sehling, EKO VIII, S. 27-
37; Jahr, Traditionsbestimmtheit, S. 183-198; dies.,
Reformation und Tradition. Vgl. Zeller, Reformation,
S. 48.
23 Sehling, EKO VIII, S. 34. Franz, Bestrebungen,
S.649-653.
24 Hintergrund war, dass Philipp I. 1540 eine morganati-
sche Ehe mit dem sächsischen Hoffräulein Margarethe
von der Saale eingegangen war. Die Söhne aus dieser
Nebenehe forderten Gleichbehandlung mit den legitimen
Nachkommen des Landgrafen, so dass Philipp I. vom
Prinzip der Primogenitur abweichen musste. Die Söhne
aus der Nebenehe erhielten sieben hessische Ämter, sie
waren die späteren Grafen von Diez, Rudersdorf,
Ludwig IV., S. 129f. Zur Landesteilung siehe ebd., S. 129-
134; Rössler, Grundzüge, S. 74.
25 Demandt, Philipp, S. 58f.; Walbrach, Ludwig V.,
S. 169; Rössler, Grundzüge, S. 74; Rudersdorf, Uni-
versitätsgründung, S. 47, 52f.; ders., Erneuerung, S. 143-
145.
26 Noack, Georg I„ S. 109.
27 Noack, Georg I., S. 60f. konstatiert durch die Teilung
Hessens sogar eine gewisse Machtsteigerung, da jeder
der vier Landgrafen Sitz und Stimme im Reichstag
erhielt.
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Bucer) hatte die landgräfliche Kirche jedoch synodale und presbyteriale Strukturen ausgebildet. Als
Hauptorgane des hessischen Kirchenregiments fungierte die Generalsynode, die jährlich abwechselnd in
Kassel und Marburg tagte.16
Nach der Niederlage der evangelischen Stände im Schmalkaldischen Krieg 1546/47 erfuhr Landgraf
Philipp schwere Demütigungen durch den Kaiser, der die hessischen Festungen schleifte, hohe Strafgelder
forderte und Philipp in fünfjährige Gefangenschaft nahm.17 Nach dem Passauer Vertrag kehrte Philipp 1552
in sein Land zurück und setzte sein Reformationswerk fort. In den 1560er Jahren vermittelte er zwischen
den Anhängern der verschiedenen evangelischen Bekenntnisse im Reich.18 Insbesondere wünschte er den
Ausgleich mit der Kurpfalz, die immer stärker zum reformierten Lager tendierte.
Philipps Bemühen um Einheit unter den auseinander strebenden protestantischen Ständen spiegelt sich
auch in der hessischen Kirchenordnung wider, die er 1566 veröffentlichte.19 Das in drei Teile20 gegliederte
Werk griff auf zahlreiche fremde Traditionen zurück, die von lutherischen und zwinglischen Einflüssen
geprägt waren,21 auf kirchenrechtlichem Gebiet kamen Übernahmen altkirchlicher und mittelalterlicher
Texte hinzu.22 Mit der Kirchenordnung von 1566 hatte der Landgraf versucht, auf der Grundlage der
hessischen Tradition die auseinanderstrebenden Lager wieder zu vereinen.23
3. Gemeinsame Religionspolitik der geteilten Landgrafschaft 1567-1582
Nach Philipps I. Tod 1567 wurden die hessischen Stammlande unter seinen vier legitimen Söhnen
geteilt.24 Philipps ältester Sohn Wilhelm IV. (1532-1592) erhielt etwa die Hälfte der Landgrafschaft mit
den Gebieten um Kassel. Der zweitälteste Sohn, Ludwig IV. (1537-1604), bekam mit dem Marburger Land
rund ein Viertel des Gesamtstaates. Das letzte Viertel, die Grafschaft Katzenelnbogen, fiel an die beiden
jüngsten Söhne: Philipp II. (1541-1583) regierte die Niedergrafschaft mit Rheinfels und Georg I. (1547-1596)
die Obergrafschaft mit Darmstadt.25 Mit diesem Erbschaftsmodus wurde der Katzenelnbogener Besitz
erstmals unter zwei Regenten aufgeteilt.26 Die Obergrafschaft wurde zum Kern der Landgrafschaft Hessen-
Darmstadt, die Niedergrafschaft zu dem von Hessen-Rheinfels.
Trotz der Teilung blieb Hessen als Gesamtstaat zunächst bestehen.27 Um die Einheit des Landes nach
außen zu wahren, hatte Philipp I. verfügt, daß seine vier Söhne gemeinsame Herrschertitel und Wappen
16 Müller, Synode, S. 140-143; Rudersdorf, Hessen,
S. 269-271.
17 Die Landgrafschaft wurde in dieser Zeit von Philipps I.
ältestem Sohn Wilhelm regiert, Rudersdorf, Ludwig
IV., S. 29-34; ders., Hessen, S. 271f.
18 Rudersdorf, Hessen, S. 273.
19 Abdruck in Sehling, EKO VIII, S. 178-337.
20 Amt der Kirchendiener, Von der Lehre, Austeilung der
Sakramente, vgl. Münch, Zucht und Ordnung, S. 112f.
21 So z. B. im Formular der Eheordnung, vgl. Sehling,
EKO VIII, S. 34f„ 320-325.
22 Detaillierte Nachweise in Sehling, EKO VIII, S. 27-
37; Jahr, Traditionsbestimmtheit, S. 183-198; dies.,
Reformation und Tradition. Vgl. Zeller, Reformation,
S. 48.
23 Sehling, EKO VIII, S. 34. Franz, Bestrebungen,
S.649-653.
24 Hintergrund war, dass Philipp I. 1540 eine morganati-
sche Ehe mit dem sächsischen Hoffräulein Margarethe
von der Saale eingegangen war. Die Söhne aus dieser
Nebenehe forderten Gleichbehandlung mit den legitimen
Nachkommen des Landgrafen, so dass Philipp I. vom
Prinzip der Primogenitur abweichen musste. Die Söhne
aus der Nebenehe erhielten sieben hessische Ämter, sie
waren die späteren Grafen von Diez, Rudersdorf,
Ludwig IV., S. 129f. Zur Landesteilung siehe ebd., S. 129-
134; Rössler, Grundzüge, S. 74.
25 Demandt, Philipp, S. 58f.; Walbrach, Ludwig V.,
S. 169; Rössler, Grundzüge, S. 74; Rudersdorf, Uni-
versitätsgründung, S. 47, 52f.; ders., Erneuerung, S. 143-
145.
26 Noack, Georg I„ S. 109.
27 Noack, Georg I., S. 60f. konstatiert durch die Teilung
Hessens sogar eine gewisse Machtsteigerung, da jeder
der vier Landgrafen Sitz und Stimme im Reichstag
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