Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0051
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Einleitung

Im Zuge der in den 1570er Jahren reichsweit geführten Diskussion um die Konfessionalisierung kam es
schließlich auch unter den hessischen Landgrafen zu Veränderungen, die der gemeinsamen Religionspolitik
ein schleichendes Ende bereiten sollten. Der konfessionelle Druck, der vor dem Hintergrund der langwie-
rigen Erarbeitung der Konkordienformel von 1577 auf die hessische Kirche einwirkte, zwang die Land-
grafen zu Entscheidungen. Obwohl die evangelische Einheit Hessens nach außen aufrecht erhalten wurde,
zeichnete sich nach 1580 eine Spaltung im Innern immer deutlicher ab.38
Ein erster Schritt auf diesem Weg war, dass Ludwig IV. von Hessen-Marburg und Georg I. von Hessen-
Darmstadt den bis dahin vertretenen vermittelnden Standpunkt verließen und klar Stellung für das
Luthertum bezogen. Wilhelm IV. von Hessen-Kassel behielt dagegen die konfessionelle Neutralität bei.
Unter diesen Umständen waren bald auch die Generalsynoden, das Instrument der gemeinsamen Religi-
onspolitik, nicht mehr anwendbar. Mit der 13. Generalsynode vom Juli 1582 endete diese Form der Kir-
chenleitung, das Gremium trat fortan nicht mehr zusammen.39 Obwohl die kirchliche Einheit der Land-
grafschaft rechtlich und formal auch über dieses Jahr hinaus bestehen blieb, begannen sich nach dem Ende
der Generalsynoden zwei hessische Landeskirchen zu entwickeln, eine lutherische in Hessen-Marburg und
Hessen-Darmstadt sowie eine später calvinistisch orientierte in Hessen-Kassel.

4. Konfessionelle Differenzierung in der geteilten Landgrafschaft 1582-1618
4a. Hessen-Rheinfels: Philipp II. (1567-1583)
Philipp II.40 wurde 1541 als zweitjüngster Sohn Landgraf Philipps I. geboren. Seit dem Tod seines Vaters
1567 war er selbständiger Landesherr der Niedergrafschaft Katzenelnbogen mit Residenz in Rheinfels. Zwei
Jahre später heiratete er Anna Elisabeth, die Tochter Kurfürst Friedrichs III. von der Pfalz. Philipp hielt
gemeinsam mit seinen Brüdern an der hessischen Tradition der konfessionellen Offenheit fest.
Philipp von Hessen-Rheinfels konnte politischen Fragen nur wenig abgewinnen. Zur gemeinsamen
Regierung mit seinen Brüdern war er nur schwer zu bewegen und eigene politische, militärische oder ver-
waltungsorganisatorische Anstrengungen hat er nicht unternommen.41 Nach dem Ende der gemeinsamen
Religionspolitik unter den Brüdern 1582 konnte Philipp keine eigenständige Linie mehr verfolgen, er starb
1583. Da er keine Erben hinterließ, wurden seine Güter unter den Linien Hessen-Kassel (Niedergrafschaft
Katzenelnbogen), Hessen-Marburg (Lißberg, Ulrichstein, Itter) und Hessen-Darmstadt (Schotten, Storn-
fels, Homburg vor der Höhe) zu je einem Drittel aufgeteilt.42

4b. Hessen-Marburg: Ludwig IV. (1567-1604)
Ludwig43 war 1537 als zweitältester Sohn Landgraf Philipps I. geboren worden. Zwischen 1561 und 1565
hielt er sich am Hof Herzog Christophs von Württemberg auf, wo er 1563 dessen Tochter Hedwig heiratete.
Das evangelische Musterland im deutschen Südwesten übte großen Einfluss auf den hessischen Landgrafen
aus, der sich ein umfassendes Bild der von Johannes Brenz gestalteten württembergischen Landeskirche

38 Ebd., , S. 162-164; Rudersdorf, Ludwig IV., S. 243f.;
Müller, Synode, S. 143; Münch, Zucht und Ordnung,
S. 113; Menk, Absolutistisches Wollen, S. 169f.; Gräf,
Konfession, S. 111-117.
39 Noack, Georg I., S. 46f.; Müller, Synode, S. 143.
40 Zu Philipp II. von Hessen-Rheinfels siehe Demandt,
Philipp, S. 56-112; Press, Hessen, S. 286f.

41 Demandt, Philipp, S. 56f., 60f.; Ritter, Konfession,
S. 141; Rudersdorf, Ludwig IV., S. 242-246.
42 Ritter, Konfession, S. 178.
43 Zu Ludwig IV. von Hessen-Marburg siehe Demandt,
Geschichte, S. 243f.; Press, Hessen, S. 281-286; Ru-
dersdorf, Ludwig IV.; ders., Universitätsgründung,
S. 49-51, weiterführende Literatur ebd., Anm. 16-22.

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