Einleitung
hend aus den vier Superintendenten, den Kasseler Stadtpfarrern und den Räten der landgräflichen Kanzlei,
die für das Examen der Geistlichen sowie deren Amtseinführung und Visitationen zuständig waren.122 Diese
Institution war eine Vorstufe des Konsistoriums, dessen eigentliche Anfänge auf 1607 zurückgehen. In
diesem Jahr wurde zunächst ein Gutachten123 über das mit umfassenden Kompetenzen ausgestattete Gre-
mium angefertigt. 1608 berief Moritz eine Kommission, die über die Einrichtung eines in Marburg mit der
Kanzlei verbundenen Konsistoriums beraten sollte.124 Erst 1610 wurde an die Vorarbeiten angeknüpft. In
diesem Jahr führte der Landgraf eine großangelegte Neuordnung der Landesverwaltung durch, wie sie ein
Jahr zuvor auch in Hanau-Münzenberg vollzogen worden war.125 Neben dem Konsistorium installierte
Moritz einen Geheimen Rat.126 Von den Überlegungen, in Kassel und in Marburg jeweils ein separates
Konsistorium errichten zu lassen, war er jedoch wieder abgekommen.127
Der Landgraf wollte dem neuen Gremium eine Ordnung geben und hatte sich bereits 1608 die kurpfäl-
zische Kirchenratsordnung zuschicken lassen,128 auf deren Grundlage er sein eigenes Regelwerk ausarbeiten
ließ.129 Neben dem Druck der Konsistoriumsordnung, der 1610 erschien, ist auch der handschriftliche Ent-
wurf aus der Zeit um 1608 überliefert, der in vielen Passagen vom endgültigen Text abwich.130 Da die
Handschrift wichtige Aufschlüsse über die Entstehung des endgültigen Drucktexts liefert, wird ihr Wort-
laut im textkritischen Apparat unserer Edition abgedruckt.
In der Vorrede der Konsistoriumsordnung berief sich Landgraf Moritz darauf, dass in anderen Landes-
kirchen bereits Konsistorien bestünden und dass er von den Prälaten und der Ritterschaft seines Landes
ersucht worden sei, ebenfalls ein solches Gremium einzurichten. Die Ordnung bestimmte zunächst, mit
welchen Personen das Konsistorium besetzt werden und zu welchen Zeiten es zusammentreten sollte.
Anschließend wurden die Aufgaben der einzelnen Mitglieder und deren Vereidigung behandelt. Schließlich
führte die Ordnung aus, für welche Fälle das Konsistorium zuständig war. Hierunter fielen Examinierung,
Ordination, Bestätigung und Amtseinführung der Geistlichen, ferner Visitationen, die Aufsicht über Kir-
chen, Schulen und Hospitäler sowie schließlich alle Angelegenheiten eherechtlicher Natur. Am Schluss
wurden die Lehrschriften wiederholt, auf die sich die Kirche Hessen-Kassels stützte: die drei altkirchlichen
Symbole, die Confessio Augustana mit ihrer Apologie, die Abschiede der Generalsynoden von 1577, 1578
und 1607, die Verbesserungspunkte und den Katechismus von 1607.131
Das Konsistorium, das Landgraf Moritz 1610 installiert hatte, wies Merkmale auf, die es von ähnlichen
Gremien anderer reformierter Landesherren unterschied.132 So wurde das presbyterial-synodale Moment,
das sich etwa in der Einrichtung von Klassikalkonventen zeigte und das ein häufig anzutreffendes Element
reformierter Kirchenleitung war, durch Moritz’ Konsistorialordnung stark zurückgedrängt.133 Hier ist zwar
ebenso wie in der Visitationsinstruktion für das Konsistorium von 1610 (Nr. 10) die Rede von Klassikal-
konventen, diese wurden jedoch nicht realisiert. Stattdessen stellte sich das Konsistorium als ein landes-
122 Heppe, Einführung, S. 5; Hofsommer, Verbesserungs-
punkte, S. 18; Griewank, Verbesserungswerk, S. 50.
123 StaatsA Marburg Best. 4d Nr. 172, vgl. Menk, Zweite
Reformation, S. 178; ders., Absolutistisches Wollen,
S. 211; Münch, Zucht und Ordnung, S. 114-116.
124 Heppe, Einführung, S. 173.
125 Zur Verwaltungsreform in Hanau-Münzenberg siehe
Cuno, Philipp Ludwig II., S. 67; vgl. Heppe, Kirchen-
geschichte 2, S. 238; Menk, Absolutistisches Wollen,
S. 213f.
126 Menk, Absolutistisches Wollen, S. 211.
127 Heppe, Einführung, S. 173.
128 StaatsA Marburg Best. 4f Pfalz Nr. 266 (Schreiben vom
27. Aug. 1608). Die kurpfälzische Kirchenratsordnung
von 1564 ist abgedruckt in Sehling, EKO XIV, S. 409-
424, diejenige von 1585 ebd., S. 515-524 und die von
1593 ebd., S. 544-555.
129 Münch, Zucht und Ordnung, S. 152.
130 StaatsA Marburg Best. 22a Nr. 4a. Siehe hierzu auch die
Einleitung zur Eheordnung von 1608 (Nr. 9).
131 Zum Inhalt siehe auch Vilmar, Geschichte, S. 215-218;
Münch, Zucht und Ordnung, S. 114; Rommel,
Geschichte VI, S. 584.
132 Die Kirchenorganisation vieler reformierter Landesher-
ren basierte auf der von Wilhelm Zepper verfassten
Schrift „Politia ecclesiastica“, auf die sich die hessische
Kirche jedoch nicht stützte, Menk, Absolutistisches
Wollen, S. 211.
133 Menk, Zweite Reformation, S. 178; ders., Absolutisti-
sches Wollen, S. 215.
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hend aus den vier Superintendenten, den Kasseler Stadtpfarrern und den Räten der landgräflichen Kanzlei,
die für das Examen der Geistlichen sowie deren Amtseinführung und Visitationen zuständig waren.122 Diese
Institution war eine Vorstufe des Konsistoriums, dessen eigentliche Anfänge auf 1607 zurückgehen. In
diesem Jahr wurde zunächst ein Gutachten123 über das mit umfassenden Kompetenzen ausgestattete Gre-
mium angefertigt. 1608 berief Moritz eine Kommission, die über die Einrichtung eines in Marburg mit der
Kanzlei verbundenen Konsistoriums beraten sollte.124 Erst 1610 wurde an die Vorarbeiten angeknüpft. In
diesem Jahr führte der Landgraf eine großangelegte Neuordnung der Landesverwaltung durch, wie sie ein
Jahr zuvor auch in Hanau-Münzenberg vollzogen worden war.125 Neben dem Konsistorium installierte
Moritz einen Geheimen Rat.126 Von den Überlegungen, in Kassel und in Marburg jeweils ein separates
Konsistorium errichten zu lassen, war er jedoch wieder abgekommen.127
Der Landgraf wollte dem neuen Gremium eine Ordnung geben und hatte sich bereits 1608 die kurpfäl-
zische Kirchenratsordnung zuschicken lassen,128 auf deren Grundlage er sein eigenes Regelwerk ausarbeiten
ließ.129 Neben dem Druck der Konsistoriumsordnung, der 1610 erschien, ist auch der handschriftliche Ent-
wurf aus der Zeit um 1608 überliefert, der in vielen Passagen vom endgültigen Text abwich.130 Da die
Handschrift wichtige Aufschlüsse über die Entstehung des endgültigen Drucktexts liefert, wird ihr Wort-
laut im textkritischen Apparat unserer Edition abgedruckt.
In der Vorrede der Konsistoriumsordnung berief sich Landgraf Moritz darauf, dass in anderen Landes-
kirchen bereits Konsistorien bestünden und dass er von den Prälaten und der Ritterschaft seines Landes
ersucht worden sei, ebenfalls ein solches Gremium einzurichten. Die Ordnung bestimmte zunächst, mit
welchen Personen das Konsistorium besetzt werden und zu welchen Zeiten es zusammentreten sollte.
Anschließend wurden die Aufgaben der einzelnen Mitglieder und deren Vereidigung behandelt. Schließlich
führte die Ordnung aus, für welche Fälle das Konsistorium zuständig war. Hierunter fielen Examinierung,
Ordination, Bestätigung und Amtseinführung der Geistlichen, ferner Visitationen, die Aufsicht über Kir-
chen, Schulen und Hospitäler sowie schließlich alle Angelegenheiten eherechtlicher Natur. Am Schluss
wurden die Lehrschriften wiederholt, auf die sich die Kirche Hessen-Kassels stützte: die drei altkirchlichen
Symbole, die Confessio Augustana mit ihrer Apologie, die Abschiede der Generalsynoden von 1577, 1578
und 1607, die Verbesserungspunkte und den Katechismus von 1607.131
Das Konsistorium, das Landgraf Moritz 1610 installiert hatte, wies Merkmale auf, die es von ähnlichen
Gremien anderer reformierter Landesherren unterschied.132 So wurde das presbyterial-synodale Moment,
das sich etwa in der Einrichtung von Klassikalkonventen zeigte und das ein häufig anzutreffendes Element
reformierter Kirchenleitung war, durch Moritz’ Konsistorialordnung stark zurückgedrängt.133 Hier ist zwar
ebenso wie in der Visitationsinstruktion für das Konsistorium von 1610 (Nr. 10) die Rede von Klassikal-
konventen, diese wurden jedoch nicht realisiert. Stattdessen stellte sich das Konsistorium als ein landes-
122 Heppe, Einführung, S. 5; Hofsommer, Verbesserungs-
punkte, S. 18; Griewank, Verbesserungswerk, S. 50.
123 StaatsA Marburg Best. 4d Nr. 172, vgl. Menk, Zweite
Reformation, S. 178; ders., Absolutistisches Wollen,
S. 211; Münch, Zucht und Ordnung, S. 114-116.
124 Heppe, Einführung, S. 173.
125 Zur Verwaltungsreform in Hanau-Münzenberg siehe
Cuno, Philipp Ludwig II., S. 67; vgl. Heppe, Kirchen-
geschichte 2, S. 238; Menk, Absolutistisches Wollen,
S. 213f.
126 Menk, Absolutistisches Wollen, S. 211.
127 Heppe, Einführung, S. 173.
128 StaatsA Marburg Best. 4f Pfalz Nr. 266 (Schreiben vom
27. Aug. 1608). Die kurpfälzische Kirchenratsordnung
von 1564 ist abgedruckt in Sehling, EKO XIV, S. 409-
424, diejenige von 1585 ebd., S. 515-524 und die von
1593 ebd., S. 544-555.
129 Münch, Zucht und Ordnung, S. 152.
130 StaatsA Marburg Best. 22a Nr. 4a. Siehe hierzu auch die
Einleitung zur Eheordnung von 1608 (Nr. 9).
131 Zum Inhalt siehe auch Vilmar, Geschichte, S. 215-218;
Münch, Zucht und Ordnung, S. 114; Rommel,
Geschichte VI, S. 584.
132 Die Kirchenorganisation vieler reformierter Landesher-
ren basierte auf der von Wilhelm Zepper verfassten
Schrift „Politia ecclesiastica“, auf die sich die hessische
Kirche jedoch nicht stützte, Menk, Absolutistisches
Wollen, S. 211.
133 Menk, Zweite Reformation, S. 178; ders., Absolutisti-
sches Wollen, S. 215.
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