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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0065
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Einleitung

Ludwig V. (1596-1626)
Ludwig V.155 war 1577 geboren und übernahm 1596 die Regierung in Hessen-Darmstadt, die er bis zu
seinem Tode 1626 inne hatte.156 Ludwig führte die Kirchenpolitik seines Vaters, Georgs I., fort. Als Luthe-
raner lehnte er den Calvinismus zwar ab, bekämpfte dessen Anhänger jedoch nicht. Politisch stand er an der
Seite des ebenfalls lutherischen Kurfürsten von Sachsen, war mit dem Erzbischof von Mainz befreundet
und betonte seine Loyalität zu Kaiser und Reich.157 Eine enge Verbindung zu Kurmainz bestand schon
unter Georg I. Durch die Unterzeichnung der Konkordienformel 1577 war Hessen-Darmstadt mit Sachsen
verbunden und trat auch in politische Beziehung zu Mainz, das seine Position im Reichstag nur mit Hilfe
Sachsens als Führer der starken lutherischen Partei aufrechterhalten konnte.158 Ludwig V. war also in die
bereits zur Regierungszeit seines Vaters bestehende sächsisch-mainzische Verbindung hineingewachsen.
Gleich den beiden Kurfürsten nahm Ludwig V. reichspolitisch zunächst eine Vermittlerrolle ein.159 Auf dem
Regensburger Reichstag 1608 trat Hessen-Darmstadt schließlich endgültig an die Seite des lutherischen
Kursachsens.160
Auch innenpolitisch knüpfte Ludwig V. an die Bemühungen seines Vaters an: Während Georg I. die
Organe der noch recht unspezifischen Zentralverwaltung seines kleinen Landes aufgebaut hatte, entwickelte
Ludwig V. sie zu einer differenzierten Spezialverwaltung weiter. Dies wurde nach Auflösung der Hessen-
Marburger Linie 1604 auch deshalb nötig, weil der hessische Zentralstaat mehr und mehr zusammenbrach
und die beiden verbliebenen Landgrafschaften Hessen-Darmstadt und Hessen-Kassel dessen Funktionen
übernehmen mussten. Hinzu kam, dass nach 1604 das Hessen-Darmstädter Territorium durch die Erb-
schaft vergrößert worden war und eine umfassendere Verwaltung erforderte.161

13. Predigerwitwenmandat 30. Mai 1604 (Text S. 149)
Aus Ludwigs V. Regierungszeit sind nur wenige kirchenordnende Dokumente überliefert, darunter ein
Mandat, das an die Keller in Darmstadt, Dornberg, Rüsselsheim, Lichtenberg, Zwingenberg und Bicken-
bach gerichtet war und in dem der Landgraf den Pfarrerwitwen besondere Rechte einräumte. Er wieder-
holte hiermit ein Mandat seines Vaters vom 22. Januar 1581, in dem die Klerikerwitwen von den Frondien-
sten befreit worden waren.
Die Fronfreiheit der Pfarrwitwen rührte aus dem im Mittelalter stammenden Privilegium immunitatis,
das Geistlichen und geistlichen Institutionen Freiheit von weltlichen Abgaben zugestand.162 Hintergrund
des Predigerwitwenmandats war, dass der Landesherr nicht nur für die zentrale Besoldung seiner Geistli-
chen aufkam, sondern nach deren Tod auch für den Unterhalt ihrer Frauen und Kinder sorgen musste. Auch
in der Kirchenordnung, die Graf Wolfgang Ernst 1598 für Isenburg-Birstein erließ, wurde geregelt, dass die
Witwen von den Frondiensten befreit sein sollten.163
155 Zu Ludwig V. siehe Rommel VI, S. 115ff.; Rehm,
Handbuch 2, S. 262ff.; Soldan, Geschichte, S. 134-142;
Demandt, Geschichte, S. 244ff.; Walther, Ludwig
V., S. 547-550; NDB 15, S. 391f.; Hammerstein, Prin-
zenerziehung, S. 205-211; Press, Hessen, S. 293-304.
156 Walbrach, Ludwig V., S. 170.
157 Ebd., S. 194; Becker, Religionswechsel, S. 383f.; Röss-
ler, Grundzüge, S. 78f.; Franck, Politik, S. 301;
Pons, Kaisertreu, S. 52f.
158 Rössler, Grundzüge, S. 77f. Ludwigs V. Treue zum
Kaiser und dessen Wohlwollen ihm gegenüber rief unter
den Zeitgenossen immer wieder den - unbegründeten -
Verdacht hervor, dass er zum Katholizismus konvertiert
sei. Diese Vermutung wurde auch dadurch genährt, dass

Ludwig V. sich mit der Absicht trug, eine Wallfahrt zum
Heiligen Grab zu machen. Diesen Plan setzte er jedoch
nicht um. Zum Verdacht der Konversion siehe Becker,
Religionswechsel, S. 381-396; Soldan, Geschichte,
S. 138; Walbrach, Ludwig V., S. 174-176. Zur Wall-
fahrt Ludwigs V. siehe Baur, Ludwig, Die Pilgerreise
des Landgrafen Ludwig V. von Hessen-Darmstadt nach
dem heiligen Grabe im Jahr 1618 und 1619, in: AHG 4
(1845), Heft 2.
159 Walbrach, Ludwig V., S. 195.
160 Ebd., S. 181.
161 Noack, Georg I., S. 136; Dülfer, Fürst, S. 177.
162 LMA 7, Sp. 229f.
163 FYAB Büdingen, Kulturwesen 16/93 und SUB Göttin-

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