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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Arend, Sabine [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0081
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4a. Visitationsbericht des Superintendenten Christian Zindel 1600

mercket, nicht allein selbst mitverursachenn, son-
dern auch den castenmeistern nicht gestatten, item,
daß nicht die ministri23, sondern die castenmeister
in der person ihre rechnungen thun sollenn.
12. [!] Ist speciatim im Vierherrischen ein ge-
meiner casten mit vier schlossenn zu machen unnd
zu halten verordnet, darinnen die castenrechnunge
der ecclesiarum tetrarchicarum, an einen gewissen
ort beschlossen, verwahret werden sollenn.
13. Ist bevohlen, daß zu Emptz24 im Zweiherri-
schen von denen vier daselbst verhandenen [kel-
chen] zween verkaufft, das wert derselbigen von
dem kirchenmeister zu der neuwen schulen mit raht
unnd vorwissen deß pastoris unnd beider vögte, wie
sie solches am besten erachten unnd befinden wer-
den, angewendet werdenn, daruber dan der kirchen-
meister geburliche rechnung thun, auch den wert
beider kelche unnd was sölche geltenn, mit einem
zettel belegen unnd bescheinen soll.
Tantum de expeditis; nunc de expediendis.
II. Expedienda
1. Daß der synodus provincialis aller unnd jeder
ministrorum in diesem comitatu stato tempore zu
St. Goar celebriret werde. Wie aber solches frucht-
barlich könt geschehenn, hab ich hierbei mein ein-
feltiges bedenckenn eröffnet unnd unterthenig (citra
tamen ullam praescriptionem) ubergebenn.
23 Geistlichen.
24 Ems im Zweiherrischen. Zur dortigen Reformationsein-
führung siehe Dienst, Reformation, S. 230f., 234f.
25 Liegen nicht vor.
26 Tatsächlich.
27 Miehlen im Vierherrischen, heute Rhein-Lahn-Kreis
(Hintertaunus).
28 Reigen, Tanz.
29 Das Lehenausrufen etwa an Jakobi (25. Juli), die soge-
nannte „Mädchenversteigerung“, war ein verbreiteter
Brauch. Alle heiratsfähigen Burschen und Mädchen
wurden nacheinander aufgerufen und paarweise „verstei-
gert“. Die so Zusammengefügten waren verpflichtet,
während des ganzen Jahres bei sämtlichen Festen aus-
schließlich miteinander zu tanzen, Dietz, Korinthen-
männchen, S. 97-99; HWDA 5, Sp. 1537f. Vgl. die Solm-
ser Kirchenzuchtordnung von 1582, unten, S. 321 Nr. 1
sowie die Generalartikel für die Hintere Grafschaft
Sponheim von 1608: Ob wol bei etlichen visitationibus vor
vielen jarn daß lehenaußruffen oder heimlich lehengeben

2. Daß wie im niederfurstenthumb Hessen also
auch in dieser niedergraveschafft die conventus clas-
sici der ministrorum | 7v | angeordnet unnd gehalten
werden, damit die ministri einen trieb zu ihrem stu-
dieren, auch nervum quendam disciplinae unter sich
haben mögen. Damit aber dieselbige, allerhand in-
convenientia zu verhutten, et cum fructu könten ge-
schehen, hab ich hirbei gewisse leges unterthenig
ubergebenn25.
3. Daß die bilder unnd götzenwerck, so fast in
allen kirchen dieses comitatus noch gefunden wer-
den unnd furnemlich auf den altaren stehenn, auß
den augen hinweggeraumet werden, in sonderlich
betrachtung, das man an unterschiedlichen ortern
den groben mißbrauch der abgötterei mit beten deß
Ave Maria unnd anruffung der heiligen scheinbar-
lich26 noch gefundenn, auch die samptliche Vierher-
rische politici et ecclesiastici consiliarii ac visitatores
auff dem Vierherrischen tage, den 19ten Junii deß
verflossenen [15]99. jars zu Milen27 vor gut angese-
henn, daß, wo noch in den Vierherrischen kirchen
götzenwerck, creutz unnd fahnen sampt deroglei-
chen dingen vorhandenn, welches einen aberglaubi-
schenn schein habe, solches in aller still, sensim et
absque tumultu von den pfarherren unnd kirchen-
meistern sampt den senioribus jedes orts abgethan
unnd abgeschaffet werden sollenn.
4. Daß die son- unnd feirtagstäntze, fasnachts-
unnd kirmessen reien28, lehen ausruffenn29, eyer
auffheben30, johannisfeur31 sampt derogleichen
verbotten, so ist doch die erfahrung fur augen, daß in etli-
chen kirchspielen solcher leichtfertiger, schädlicher brauch
noch in übung ist, Das nemlich die junge gesellen einen
könig järlich unter ihnen erwehlen und derselbig einem je-
den erwachsenen knaben ein mägdlein zue lehe gibt und
ernennet, die [er] sontäglich zum tantz und ins wirtshauß
führen muß und derselben ein kirb [= Geschenk], so etwa
eines gulden oder mehr werth ist, kauffen, Sehling, EKO
XVIII, S. 682f. und Anm. ι. Vgl. Back, Evangelische
Kirche 3, S. 400f.; Mülhause, Urreligion, S. 177-179.
30 Von Haus zu Haus gehen und Eier sammeln. Zum Er-
bitten von Eiern oder Fleisch in den Dörfern zu Fast-
nacht, Kirchweih oder Erntedank siehe die Dienstan-
weisung für die Pfarrer des Pfalz-Zweibrücker Amtes
Lichtenberg von 1579, mit der das braten Heyschen abge-
schafft werden sollte, Sehling, EKO XVIII, S. 379.
31 In der Nacht auf den Johannistag (24. Juni) wurde um
Feuer getanzt, um dem Volksglauben nach Krankheiten
und Unwetter abzuwehren, HWDA 4, Sp. 733-740.

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