Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0126
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Hessen-Kassel

rauff gebührender verordnung erwarten, damit al-
lem ärgerlichem unwesen vorkommen und das übel
gestraft, auch solcher Dienst durchs Consistorium
mit einer andern Gottsfürchtigen und thüglichen
Person versehen werden möchten.

o-o 1608: Von der praesentation der kirchendiener.
p-p 1608: Wenn ein kirchendienst durch todlichen abgang
eines pfarrers oder sonst erledigt wird, soll der superin-
tendens deßelben becircs alsbalt dem consistorio solches
mitt anzeigung aller circumstantien und umbstenden der
vacirenden pfarr beydes, die labores und stipendium, be-
treffend, deßgleichen, weme die collatur derselben pfarr
zustehe, in schrifften vermelden. Darauff soll das consi-
storium, wenn das ius patronatus nicht uns, dem land-
fursten, zusteht, dem collatori schreiben und begehren,
daß er laut unserer kirchenordnung [Reformationsord-
nung von 1572, Sehling, EKO VIII, S. 397] auffs
lengst in zweyen monaten nach beschehener ankündi-
gung eine qualificirte person praesentire. Wo aber sol-
ches vom collatore nicht geschicht, soll das consistorium
ohn alles fernere zurucksehen die pfarre, damit sie nicht
lenger ledig stehe und die leute verseumptt werden, zu
bestellen macht haben.
Nach dem auch etliche collatores bißweilen mit denje-
nigen, so sie zu pfarrherrn praesentiren, umb ein beson-
der liebnuß- oder leyhegelt pacisciren, auch zun zeitten
an den pfargutern und gefellen etliche stuck (so sie ein
reservat nennen) fur sich außdingen und behaltten, sol-
ches aber nicht unbillig fur ein unzimliche und im recht
verbottene, auch dem heiligen ministerio verkleinerliche
simonei und mercantorey zu haltten, so wellen wir
daßelbe hiemit gentzlichen abgeschafft und so wol den
collatoren bey verlust ihrer collaturen als den praesen-
tirten pfarrherrn bey entsetzung deßelbigen ihres pfarr-
dienst gebotten, aufferlegt und befohlen haben, daß sie
deßfals untereinander kein packt noch geding machen,
viel weiniger von den praesentationen oder auch den
pfargutern etwas, es sey weinig oder viel, nehmen oder
geben, sondern sich deßen bey vermeidung obgesetzter
straff gentzlich enthaltten. Denn gleich wie einem christ-
lichen predicantten und lehrer woll ansteht, ordentlicher
vocation und beruffs zu gewartten und sich selbest mit
geschencken, gaben oder in andere wege nicht einzutrin-
gen, also will auch den collatoribus gar nicht gebuhren,
die jenigen, so zum ministerio beruffen und geschickt er-
funden werden, mit etwas zu beschweren [der Abschnitt
„Nach dem auch etliche collatores ... etwas zu beschwe-
ren“ stammt aus der Reformationsordnung von 1572,
Sehling, EKO VIII, S. 397],
Da aber die collatur uns, dem landfursten, zugehörig,
soll das consistorium eine qualificirte undt zu dem ver-
ledigtten ortt bequemliche person entweder aus der uni-
versitet oder aus den schuldienern auff dem lande ad ex-

oVon Bestellung der Ministerien und Pfarrdienste
Und Erstlichen von der Praesentationo | 20 |
pNachdem zu rechtmessiger Bestellung und Anneh-
mung eines Pfarrherrs und Kirchendieners Viererley
gehören, Nemblichen die Praesentation, Examina-

aminandum eligiren und furstellen. Und damit sie nach
unterscheid der ortten eine election der personen desto
baß haben mögen, sollen sie einen catalogum expectan-
tium haltten, in welchen sie die jenige, so in unser uni-
versitet ihre studia continuirt oder albereit in schulen
oder kirchen laborirt und, wie sich ein jeder in vita et
doctrina verhaltte, item, was er fur gaben zu lehren ha-
be, vleißig notiren laßen, damit sie aus demselbigen nach
jedes ortts und kirchen notturfft und gelegenheit tugli-
che personen eligiren und nicht an eine person allein ge-
bunden sein durffen. Es solle aber in dießer election und
wahl allezeit die landkinder und stipendiaten den
frembtten und die tuglichesten den andern furgezogen
und mittnichten auff gunst der eltern und freundschafft
gesehen werden.
Jedoch, wenn etwa zwen oder mehr zugleich ihre operam
offeriren und umb ein dienst petiren wurden und diesel-
bigen einander gleich oder ja gnugsamb zu dem verledig-
ten dienst qualificirt sein möchten, so soll der, deßen
vatter sich umb die kirche und gemeinen nutzen woll
verdienet hatt, seines vattern nicht nachtheilig, sondern
fürderlich entgeltten und dem andern nicht nach-, son-
der furgesetzet werden, damit die elttern ihrer trew eine
ergetzligkeit und danckbarlichen genies empffinden und
andere zu gleichem vleiß und wolverhaltten mögen ange-
reitzet werden.
Hirbey denn auch diese ordnung woll in acht zu nemen,
daß man die jungen gesellen, so noch in der universitet
und des studentenlebens gewohnet, erstlich zu schul-
oder diaconatdiensten, nicht aber ad curam et guberna-
tionem ecclesiarum, es wehre denn, daß einer in univer-
sitate seine studia lang continuiret, sich in predigen woll
geuptt und eines erbahren und untadlichen lebens be-
vlißen, befördertt werden. Nachdem sie aber in solcher
schul oder diaconat diensten sich eine zeitlang geubet
und ein gutt testimonium ihres vleißes und erbahren
wandels erlangt, sollen sie zu pfardiensten nach eines je-
den qualification befordertt und also per gradus ferner
ad altiora und pfarrdiensten in den stetten promovirt
werden, doch sollen die translationes, die unkosten und
andere beschwerung und ungelegenheit, so alzeit sich hi-
bey finden, zu vermeiden, nicht ohne sondere erheischen-
de nott und ursach an die hand genommen werden.
Waß des verstorbenen pfarrers hinderlaßenes armes weib
und kinder anlangt, soll denselbigen eine quartal besol-
dung nach absterben ihres mannes oder vatters gefolget
und der gottesdienst, unterdeß und ehe der newe
pfarherr anziehet, von den benachbartten aim

106
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften