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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0182
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Die Grafschaft Waldeck

gehandhabt werden sollten.26 Kraffts Schreiben unterstützte die Reformationseinführung in Waldeck, die
Grafen wurden in den folgenden Jahren reformationspolitisch immer aktiver. Hierzu gehörte auch, dass sie
die in der Kirchenordnung angekündigte Absicht, geeignete Prediger anzustellen, in die Tat umsetzten.27
Die wichtigste Führungspersönlichkeit dieser Zeit war der Theologe Johannes Hefentreger (Trygophorus),
den die Grafen 1526 als Pfarrer nach Waldeck beriefen.28 Am 29. April hielt Hefentreger seine Probepredigt,
am 17. Juni trat er sein Amt an, das er bis August 1531 inne hatte.29

3. Reformationsmandat für die Johanniterkommende Niederwildungen 16. Oktober 1527 (Text S. 184)
Die Johanniterkommende Niederwildungen war aus einem 1358 gestifteten Hospital hervorgegangen, das
1372 dem Johanniterorden in Wiesenfeld (bei Frankenberg/Eder) übertragen wurde.30 Die Niederlassung
lag vor den Mauern Wildungens auf Waldecker Territorium, kirchenorganisatorisch unterstand sie dem
Erzbistum Mainz.31 1402 erwarb die Kommende die Patronatsrechte an den Kirchen in Wildungen (heute
Altwildungen), Niederwildungen (heute Bad Wildungen), Braunau, Odershausen und Reinhardshausen.
Infolge des hierdurch bedingten wirtschaftlichen Zugewinns wurde das Wildunger Ordenshaus vor 1419 zu
einer selbständigen Komturei erhoben. Ende des 15. Jahrhunderts war der Konvent jedoch zusammenge-
schmolzen, er bestand nur noch aus dem Komtur und drei Priestern, so dass Wildungen und Wiesenfeld
wieder zu einer Komturei zusammengefasst wurden.32
Am 22. April 1526 schlossen die Waldecker Grafen Philipp III. und Philipp IV. mit Landgraf Philipp I.
von Hessen einen Vertrag33 über die Aufhebung des Klosters Arolsen, einer Filiale des hessischen Antoni-
terklosters Grünberg, und am 1. Mai planten sie die Inventarisierung der Klostergüter nach hessischem
Vorbild.34 In den darauffolgenden Jahren wurden sämtliche Waldecker Klöster aufgehoben oder evangelisch
umgeformt.35 Am 25. März 1527 vereinbarten die beiden Waldecker Grafen die Besitzverhältnisse an den
aufzulösenden Konventen. Hiernach wurden Philipp III. die Klöster Volkhardinghausen, Höhnscheid und
Flechtdorf zuerkannt, während Arolsen, Marienthal bei Netze, Oberwerbe und die Johanniterkomturei
Niederwildungen an Philipp IV. fielen.36 Das Franziskanerkloster in Korbach sollte, wenn dort die Refor-
mation eingeführt würde, an Philipp IV. fallen, der im Gegenzug auf den Mitbesitz des Waldeckischen
Hofes in der Korbacher Neustadt zu verzichten hatte.37

26 Abdruck in Urkundliche Quellen II, Nr. 52. Zur Datie-
rung des Ratschlags siehe Schneider, Zur Datierung,
S.277-280.
27 Schneider, Reformator, S. 14f.; ders., Zur Datierung,
S. 278.
28 Die Grafen besaßen das Patronatsrecht an der Waldek-
ker Pfarrkirche, Schneider, Reformator, S. 37f.
29 Zu Johann Hefentreger siehe Schneider, Reformator,
S. 18-67; ders., Johann Hefentreger, S. 100-124; Bät-
zing, Pfarrerfamilie, S. 63-67; Schultze, Testament,
S. 658-660; ders., Reformationsgeschichte, S. 83f.;
Wassmann, Waldeck, S. 28f.; MBW 12, S. 244f.
30 Hochgrebe, Johanniterkommende, S. 9-16; Rödel,
Großpriorat, S. 289; Neumann, Kirche, S. 145-148;
Bockshammer, Territorialgeschichte, S. 70; Wass-
mann, Waldeck, S. 19. Zur Geschichte des Klosters siehe
auch weiterführende Literatur bei Dersch, Kloster-
buch, S. 96.
31 Rödel, Großpriorat, S. 291; Wassmann, Waldeck,
S. 20.
32 Hochgrebe, Johanniterkommende, S. 30f.; Neu-
mann, Kirche, S. 147; Rödel, Großpriorat, S. 289f.;

Bockshammer, Territorialgeschichte, S. 70; Wass-
mann, Waldeck, S. 20.
33 StaatsA Marburg, Best. 3 Nr. 2987. Vgl. Schneider,
Zur Datierung, S. 278 Anm. 12; ders., Reformator, S. 15;
Schultze, Reformationsgeschichte, S. 85; Menk,
Waldecks Beitrag, S. 22; Hederich, Freiheit, S. 33.
34 Abdruck des Beschlusses bei Curtze, Kirchenverfas-
sung, S. 156 Nr. 1. Bereits am 28. Februar 1526 hatten
Bürgermeister und Rat in Marburg auf landgräflichen
Befehl sämtliche Klöster inventarisiert, vgl. Schnei-
der, Reformator, S. 16; Köhler, Einfluß, S. 85. Das
Arolser Antoniterhaus wurde im November 1526 aufge-
hoben, Schneider, Zur Datierung, S. 278.
35 Schultze, Reformationsgeschichte, S. 103f.; Wass-
mann, Waldeck, S. 43-45.
36 Zu den einzelnen Klöstern siehe Neumann, Kirche,
S. 131-154; Wassmann, Waldeck, S. 12-23, 29-30, 43-
47; Dersch, Klosterbuch; Kloppenburg, Beiträge,
S. 124-134; Hengst, Ende der Klöster, S. 174-179;
Bockshammer, Territorialgeschichte, S. 70-83;
Schneider, Zur Datierung, S. 279 Anm. 18.
37 Neumann, Kirche, S. 148; Schultze, Reformations-
geschichte, S. 90f.

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