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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0214
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Waldeck

graven Philipßen dem jungernn der schutz unnd be-
stellung des Johanniterclosters11 bei Wildungen zu-
geteilt unnd sein gnadt ann stadt des commenthurs
die pfarkirchen, hospitall unnd der geistlichen le-
henn allein unnd zusampt burgermeyster unnd raith
zu Niddern Wildungen zuversorgenn hatt, so sol-
lenn die kastennhernn | inn schwehrenn sachen, als
uber zehenn guldenn werth, ohnn wißen wolgemelts
gravenn Philipßen des jungernn, burgermeyster
unnd raith zu Nidder Wildungen nicht furnehmen
oder handeln.
Item, uber die brievekasten12 unnd ire beschlie-
ßung soll wolgemelter grave Philips der junger ey-
nenn schlußell, denn der commenthur13 gehabt, ey-
nenn burgermeyster unnd raith, denn dritten die
kastenmeyster habenn.
Item, wo auß nottigen sachen etzliche brieve sol-
lenn auß dem kasten gelangt werdenn, alßdann sol-
lenn die verordenten kastenmeyster eyne zetteln,
durch irenn schreiber geschriebenn, ann die staedt
legen mit verzeichnung, wenn unnd uff wilchen tag
sie die brieve hervorgelangt habenn unnd das sie
dieselbigen widderumb inn denn kasten wollenn ver-
schaffen.
[Einkünfte des Kastens]
Item, inn denselbigen uffgerichtenn kasten sollenn
gefallen kornn-, gelt- unnd wachßzinße der bruder-
schafften, alle, der geistlichen unnd vicarienn lehenn
inkommens, calander14 spende unnd alle ander al-
moßen unnd stifftung, waß derselbigen zu Gots eher
unnd zum kirchengeprauch nach anzeige der itzigen
register, zunfftbrieven unnd sonst auß andernn lob-
lichen herkommen unnd geprauch gebraucht unnd
angefangen sein.

11 Am 25. März 1527 hatten beide Grafen in einem Vertrag
vereinbart, wie die Besitzrechte an den aufzulösenden
Klöstern verteilt werden sollten. Hiernach erhielt Phi-
lipp IV. die Hoheit über die Johanniterkomturei in Nie-
derwildungen, Wassmann, Waldeck, S. 29f. Vgl. auch
oben, S. 162.
12 Truhe für Dokumente.
13 Der letzte Komtur der Johanniterkommende Niederwil-
dungen war Hermann Mehlen, siehe oben, S. 184 Anm. 3.

Deßgleichen sollenn alle priester unnd geystliche
persoenenn, die geystliche lehenn habenn unnd selbs
nit residirenn oder predigen, die helffte irer zinße
unnd alles inkommens inn denn kasten jarlichs fal-
lenn laßenn, unnd wohe die benefitiaten, so itzo inn
der poßeßion sein, toedts halber abgehenn wurdenn,
alßdann soll die ander helffte des verleddigten be-
neficii gleich der ersten | dem kastenn unnd sonst
nyemandt heimgestorbenn sein.
[Unterhalt der Schüler]
Item, wann der kasten durch absterbenn der itzigen
benefitiaten also gebeßert wurde, das mann eynenn
oder zwehenn knabenn inn eyner hoehenn schueln
halten mocht, alßdann soll mann mit raith, wissen
unnd willenn wolgemelts gravenn Philipßen des jun-
gernn, so viell sein gnad des der pfar unnd des com-
menthuers halb zuthuent, darzu burgermeysters
unnd raiths unnd eyns ydenn pfarhers zu Wildungen
ein oder zwehn knabenn, burgerskinder unnd beson-
derlich auß denn geschlechten, so die lehenn inn ka-
sten gestifft hetten, woh aber der nit wehrenn, sonst
im lande wonhafftig, im studio zu Wittenberg oder
Marpurg auß dem kasten mit zimblicher steuer hal-
ten.
Doch sollenn dieselbigen knabenn zu Nidder
Wildungen zuvor etzliche jaer inn die schuell gegan-
gen unnd irer geschicklicheit, guten wandels gueth
gezeugnuß vome schuelmeyster, pfarher unnd an-
dern gelerten habenn unnd durch dieselbenn zuvor
verhort werden, ob sie die grammatica unnd artes
triviales zimlichen woell konnen, damit der kaste
mit unzeitiger unnd vergeblicher kostung unbe-
schwehrt pleibe. Nachdem sie aber examinirt sein,

14 Bruderschaften. Die Kalande waren zur Fürsorge für
Arme und Kranke vorwiegend in Mittel- und Nord-
deutschland gegründet worden. Kalandsbruderschaften
bestanden in Korbach, aber auch in Niederwildungen,
Sachsenhausen, Freienhagen und Schweinsbühl, vgl.
Prietzel, Malte, Die Kalande im südlichen Nieder-
sachsen. Zur Entstehung und Entwicklung von Priester-
bruderschaften im Spätmittelalter (VMPIG 117), Göt-
tingen 1995.

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