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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0240
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Waldeck

13. Reformationsordnung für das Kloster Flechtdorfa
18. Dezember 1543
Kurtzer begriff, uff was maissenn das cloister Flechtorff in christlicher reformation biß uff wither
verbesserungh sich schickenn solle

Erstlich. Weill bey allenn christenn (sunderlich die-
senn personen, die vur andern heiligh gehaltenn)
nichts vorgnommen, gelernt adir ingesatzt werdenn
soll, daß Gotts salichmachendem wort, seiner orde-
nungh unnd ewigenn willenn zujegen1 sie, soll
vhleissichs uffsehens geschein, das die heilig schrifft
unnd daß rein gotswort in lehr unnd lebenn vur al-
lenn dingenn [als] die richtschnur und Lydius la-
pis2 gehalten, unnd was dem zujegenn, abgestalt
und bie gethan worde, wie zum deil folgt.
Zum andern. Damit die verdamblich superstitio, die
man im eusserlichen schein der cledung biß dahere
gehapt, vorkommen wert, sollen nun hinfuro die
cloisterpersonen in statt der uberglaubigenn kappen
unnd kleidung ein ander ehrlich cleid anthun unnd
gebrauchen, nach condition der personen.
Zum dritten sollen sie vur allen dingenn missas pri-
vatas, exequias mortuorum, suffragia sanctorum
und weß solichs ist, das widder die articul unsers
heiligen glaubens offentlich strebt, abstelln und ire
mitbruder und menniglich, auch, was grundt der
schrifft und vurb was gewissen daß geschee, under-
richten unnd lernenn.
Zum vhiertten sollenn sie die heiligenn sacramenten
deß leibs unnd blutz Christi nach seiner insatzung

a Textvorlage A (Handschrift): StaatsA Münster, Herzog-
tum Westfalen Landesarchiv Nr. 611, fol. 47r-48r. Text-
vorlage B (Handschrift, stark zerstört): StaatsA Mar-
burg, Best. 133f Nr. 21. Abdruck von A: Flechtdorfer
Chronik, S. 340f.
b B: mitt.
c B: gesteltten.
d B: leybruder.
e B: gebott.

und ordenungh unnd gebruich der waren kirchenn
Gottes in beder gestalt administreren und reichenn.
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Zum funfften. Das die gewissen uff die biß dohere
gehaltennc horas nit gebunden, so sollen sie inn irer
kirchenn deß morgenß, mittags unnd abentz nichtz
singen adir lesenn, es sie auß der schrifft und dem
reinen gottesworth getzogenn, unnd alle ire preces in
christlich verbesserunge bringen. Damit auch die
pharkinderd ire ubung zur andacht habenn, soll man
dieselbenn etlige namhafftige verduitsche psalmen
unnd bewerte geistliche gesenge lernenn unnd nach
gestalt der zeit in guder ordenungh zu singen anhal-
tenn. Es were auch guit, das anstatt etliger horarum
lectiones ex sacris litteris vonn den vurnembstenn
gelessenn wordenn.
Zum sechstenn sollenn die cloisterpersonen irem
oberstenn, der jeder zeit mit wissen dere landthern
inen vurgestelt, in allen gotlichen unnd ehrlichenn
dingen geborlichen gehorsam leistenn unnd ein er-
ber, zuchtich unnd messig lebenn (das andernn nit
ergerlich) furen, doch das sie den vermeintenn ge-
tanen cloistergelubdenn unnd statutenn nit zu viel
unnd wider Gottes gelobte die gewissen verbunden
sein, sundern sich mit dem warenn christenn namen
viell mehr benugn layssen.

1 Entgegen, zuwider.
2 Wetzstein, Prüfstein, Probierstein, vgl. Konkordienfor-
mel von 1577, BSLK S. 769: et sola sacra scritpura iudex,
norma et regula agnoscitur, ad quam ceu ad Lydium lapi-
dem omnia dogmata exigenda sunt et iudicanda, an pia an
impia, an vera an vero falsa sint. Das Bild des Probier-
steins stammt aus Plinius’ d. Ä. (23-79) „Historia na-
turalis“ XXXIII, 126: „Wetzschiefer“ aus Lydien.

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