Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0266
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Waldeck

gebrauchen möget. Ihr solt aber destoweniger nit
gedencken, wann ir schon dieser gebrechen keynen
bei euch findet, Das ir darnachl gleichwol Sünder
seit, und wirt umb ewert willen das Vatter unser nit
anders werden, und eben umb desselbigen willen sol-
let ir zu diesem reichen Abentmal des Herrn eilen als
die da hunger und durst haben nach der Gerechtig-
keyt99. Dann allhie wirdt für die sonderlich diser
Tisch gedeckt, für welche Christus seinen leib in den
todt gegeben und sein blut vergossen hat, Das sein
die armen sünder. Eyn yeder spreche mit dem hey-
ligen Paulo: Unter diesen bin ich der grösse-
ste100.
Darauff nachvolgende erinnerung sampt der Ge-
meynen Beicht Ihnen vorsprechen, Also: | E3v |
Wiewol nun die Bäpstische ohrenbeicht gefallen
ist, so ist doch die ordenung und befelh unsers Herrn
Jesu Christi nicht gefallen, der da sagt, Lucae am
xxiiii. [47], Das man in seinem namen buß und ver-
gebung der sünde predigen sol unter allen völckern.
Die predigt von der Buß fordert von uns bekentnus
der sünden und hat im Götlichen Wort diese ver-
heyssung: Wo wir unsere sünd bekennen, so ist Gott
trew unnd gerecht, das er uns unsere sünd verzeihe
und reynige uns durch das blut seines Sons Jesu
Christi von aller missethat, 1. Joan. 1 [9]. Psalm.
31m: Ich sprach, ich wil dem Herrn meine ubertret-
tung bekennen, da vergebestu mir die missethat
meiner sünde.

l B: Dannoch.
m B: 32 [5].
n B: Amen. Es mag anstadt der vorigen beichtt auch zun
zeitten diese gelesenn werdenn:
Herr Gott, himlischer vatter, ich armer sunder clage
unndt bekenne dir, daß ich dich, meinenn Gott unnd
herrn, von herzen nicht geliebt habe, daß ich im unglau-
ben meines herzens sonder [=ohne] furcht dahingelebtt,
an deinen gebotten viel unnd schwerlich ubertretten ha-
be, das ich deiner gottlichen ehr unnd meines eigen heils
nichtt verschonet unnd auch der liebe an meinem nech-
stenn bößlich vergeßenn habe, das ich mitt meinem un-
gezogen leben deine vätterliche guete erzuernett habe,
herr Gott, daß ist mir leidtt. Erbarm dich meiner, du
lieber Gott, mache mich gerechtt unnd laß mich mit dir
versunet sein durch Jesum Christum, deinen liebenn

Auff solche fröliche wort sollet ir die knie ewers
leibes unnd hertzens vor Gott, ewerm hymlischen
vatter, demütigen und vor ime ewer gantzes hertz
außschütten unnd selbs bekennen, beklagen unnd
offenbaren alles, was ir am letzten gericht gerne ver-
borgen und unverklagt haben wöltet. Und zu eyner
erinnerung will ich euch vorsprechen die Gemeyne
Beicht.
Offene gemeyne Beicht
Barmhertziger, himlischer vatter, Ich armer sünder
klage und bekenne dir, das ich widder deine Göttli-
che gebott manigfaltig gesündigt hab. Ich füle und
bekenne die gebrechen am glauben und an der liebe,
die ich solte zu dir tragen und an mei- | E4r | nem
nechsten beweisen. Die anfechtung meines sündigen
fleysches herrschen noch allzu gewaltig uber mich,
Das ich (leyder) wie eyn fauler baum mit böser
frucht erfunden werde101, Das ich dann niemandts
dann dir, meinem lieben vatter, zuklagen weyß.
Auff gnad und barmhertzigkeyt fliehe ich zu dir. Es
ist mir von hertzen leydt, das ich widder dich ge-
sündigt hab. Siehe an Jesum Christ, deinen hertzlie-
ben Sohn, unnd laß mich umb seinetwillen mit dir
versünet sein. Ich glaube, das er das unschuldige
Lemblein Gottes seie, das aller welt sünde und auch
meine sündhafftige kranckheyt getragen hat102. Her-
re Gott, laß mir widderfaren, was du mir durch dein
wort hast verheyssen und gibs mir, in eynem gleu-
bigen hertzen zubehalten, Amenn.

sohnn, der umb meiner sunde willen an das creuz gehan-
gen ist, sein teures bludt vergoßenn unnd sein leben fur
mich armen sunder ubergeben hatt, deß ich trewlich
gleube nach verheyßung deines ewigenn wordts, das mir
heutezuetage durch daß evangelium offenbaret wirdt.
O Gott, vermehre mir meinen schwachen glauben unndt
gib mir, denselbigen mit den wahren fruchten zubewei-
sen unnd biß an mein letztes seufftzenn bestendiglich zue
vollnheren [=vermehren], durch denselbigenn deinen lie-
ben sohnn Jesum Christum, unsernn herrnn, Amenn.

99 Mt 5,6.
100 1Tim 1,15.
101 Vgl. Mt 7,17-18; 12,33; Lk 6,43.
102 Joh 1,29; vgl. Jes 53,4.

246
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften