Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0285
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
15. Kirchenordnung 1556

drei Sontag nacheynander offentlich in der Gemeyn,
ehe das sie hochzeit halten, mögen verkündigt wer-
den, Also:
wie die epistel an die Eberer, cap. 13 [4] bezeugtt, ehrlich
bey allen menschen das ehebette unbefleckt gehalttenn
unnd allem ungöttlichen wesen gewehret, auch keine
verbottene mischung gestattet oder zuegelaßenn unnd
unordnung bey offendtlicher trawung der eheleuthe ver-
huttet werde, so wollen wir verordnenn unndt setzenn,
erstlich, was fur persohnen, so viel die bludttfreundt-
schafft unnd schwagerschafft belanget, vor Gott nach
ordnung gottlichs rechtens mitt gutter conscientien
unnd fur der weldt nach keyserlichen rechtten und lan-
desconstitutionen sich zur ehe nehmen mögenn, zum an-
dern, wie die pfarhern unnd seelsorger nach löblichem
gebrauch der christlichen kirchenn braut unndt breut-
gam offentlich auffbieten, Gott fur sie anruffen unnd
hernach in der kirchenn vertrauwen unndt einsegnen sol-
lenn.
Von denen persohnen, die einander mitt rechtt von
wegen der blutfreundttschafft, darnach auch von
wegen der schwegerschafft mogen ehelichen oder
nichtt ehelichen laßenn
Was nun das erste stucke betrifft, nemblich von der
bludtfreunndtschafft, ist zue wißen, das hierin alle ehe-
verbindung oder -vermischung in der gerechten unnd ge-
raden linien, auf unndt nieder, nach Gottes außtruckli-
chem geseze [Lev 18,6-18; 20,11-12.17.19-21], auch na-
turlichen unnd offendtlichen keyserlichen geschriebenen
rechtenn verbotten und keineswegs bey vermeidung
zeittlicher unnd ewiger straffe zuegelaßenn werden, dann
zwischen kindern unnd elttern, sie seind nahe oder ferne
einander verwandt, wan sie auch tausendt gliedt, hie-
nauff oder hienab zue rechnen, voneinander wehrenn,
wirdt keine ehe zuegelaßen. Darnach seindt in der bludt-
freundtschafft alle persohnen in der linien zur seit-
werdtts, gleich hienab oder hienauff gehende, biß zum
virttenn gradtt vieler christlichen bewegennden ursach
halben verbottenn. Was die schwagerschafft belanget, ist
zuebehaltenn, weil man und weib seindtt ein leib, da-
rumb soll sich eines von des andern bluttfreunden alß
von seinen eigenen blutsfreunden zue verehlichen endt-
thalten, dann also weitt sich das verbott in der bludt-
freundtschafft, in der seittwerdtslinien hienauff oder hie-
nab zue zehlenn, erstrecket, also weitt erstreckt sichs
auch in der schwegerschafft. Darauß volgen vonn der
schwegerschafft diese gemeine regell: Alle meines weibes
bluttfreunde seindt mihr geschwegert dergestaldt: In
welchem gliedt der bluttfeundtschafft sie meinem weib
verwandt, im selben gliedtt sein sie mir mitt schwager-
schafft zuegethann. Alle bluttfreunde des mannes seindt
seinem weibe geschwägert dergestaldt: In welchem grade
der bluttfreundtschafft sie dem manne zuegethan, im
selben grad seind sie dem weibe mitt schwegerschafft
verwandtt. Damitt aber niemandt auß unwißenheit im
verheyrathen Gottes ordnung unndt der obrigkeit
rechttmeßiges verbott verachtte oder uberschreitte,

Hans N. unnd Anna N. wöllen nach Göttlicher
ordenung zum heyligen standt der Ehe greiffeno. Da
| L3r | nun yemants darein sprechen wolte, der thue
auch sich nicht mitt denen persohnen, die ihm von wegen
der bluttfreundttschafft oder schwegerschafft nahe ver-
wandt seindt, zue verehlichenn einlaße, eine bludt-
schandt, so Gott je unnd allwege grausam gestrafft hat,
begehe, sein gewißen beschwere, Gottes ewigen zorn und
seiner obrigkeit zeittliche straffe auf sich lade, so wollen
wir, das nachfolgendt regeln in acht genommen werdenn.
Vonn sipschafft
Die erste regel: Alle vermischung zwischen vatter, toch-
ter, kindtskindt, item zwischen mutter, sohn, kindts-
kindt hatt Gott unwandelbarlich verbotten unndt strafft
sie mitt den schrecklichstenn leibstraffenn [Lev 18,10]
unnd, so nichtt bekehrung geschichtt, mitt ewigen straf-
fenn, unndtt diese regel in der rechtten linien auf unnd
nieder bindet alle persohnen.
Die ander regel: Alle vermischung zwischen bruder und
schwester, item zwischen dir unnd deines vatters, item
deiner mutter bruder oder schwester ist verbottenn
[Lev 18,6-18; 20,11-12.17.19-21], Darauß klar ist, das
keiner seines bruders oder seiner schwester tochtter neh-
men soll unnd keine ihres bruders oder schwester sohn
habenn soll.
Die dritte regell: Wiewol gottliche rechtte zuegeben, das
zwischen zweien brudern oder schwestern kinder ein ehe
sein möge, so ist doch umb zucht willen in gemeinem
landtrechtten dieser gradtt verbottenn, auch soll in die-
ser ordnung verbottenn sein, tertius gradus in linea inae-
quali et aequali zue freien, nemblich: Du soltt nichtt dei-
nes vatterbruders oder -kindes kind nehmen, item zwey-
er bruder oder schwester kindeskinder sollenn einander
nicht freienn.
Vonn schwe[ge]rschafften
Die erste regel: Alle vermischung zwischen dir unnd dei-
nes weibes mutter unnd großmutter, item zwischen dei-
nem weibe unnd deinem vatter unndt seinem bruder
unnd großvatter, item zwischen stiffvatter und stifftoch-
ter, item zwischen stiffmutter unnd stiffsohnn, item zwi-
schen dir unnd deines weibes stiffmutter, item zwischen
deinem weibe unnd deinem stiffvatter ist in gottlichenn
gesez verbottenn [Lev 18,6-18; 20,11-12.17.19-21]. Die-
weil dann fragenn vorfallen, ob der stiffvatter nach ab-
sterben seines weibes die stifftochtter nehmen möge, ist
die andtwordt, das dieses austrucklich in Gottes gesez
verbotten sey, item der stiffvatter soll auch die stifftoch-
ter nichtt nehmen. Weitter wirdtt gefragtt, ob er möge
seines verstorbenen stiffsohns nachgelaßene witfraw neh-
menn. Davon spricht der text in keyserlichen rechtten,
das diese vermischung auch verbottenn sein soll, Dige-
stis de ritu nuptiarum l[ex] uxorem [D 23.2.15 = ClCiv I,
S. 331]. Dieses ist darumb zu erinnernn, das diese frage
offt an die pastores unnd consistoria gelanget.
Die ander regel: Im gottlichen gesez ist auch die vermi-

265
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften