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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Arend, Sabine [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0287
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15. Kirchenordnung 1556

Gemeyne erscheinet, ewer eheliche verwilligung zu-
bekennen und vor disen gegenwertigen gezeugen in
Gottes wort zubestettigen, So wil ich euch des von
beyden theylen auff ewer gewissen vermanet haben:
Zum ersten, Das ir mit disem ewerm vornemen
gegen niemandt betrieglich odder hinderlistig han-
deln |L3v| wöllet, Nemlich Das ir beyde leddig und
loß seit und mit andern personen der Ehe halben
unverknüpffet, Und das ir auch bei euch selbs keyne
gebrechen verhaltet oder verschweiget, dardurch ir,
als zur ehelichen beiwonung unbequemb, hernach-
mals zu beschwerung ewer gewissen und zu gemey-
nem ergernis behelff und ursach suchen wöllet, die
ehe zu verlassen. Solchen gebrechen zuverhüten, ist
euch vor allen dingen not, das yhr den Ehelichen
standt auß Gottes wort erkennet, Nemlich Das er
eyn ordenung des Schöpffers hymmels unnd erden
sei, der auß seinem Göttlichen rath diesen standt
auffgerichtet hat Und darzu eyn wolgefallen tregt.
Das beweiset er mit seinem eygen wort, da er
sprach: Es ist nit gut, das der mensch alleyn sei. Ich
will im eynen gehülffen machen, der umb unnd bei
im sei210. Da er aber dasselbige wolt thun, ließ er
eynen tieffen schlaaff auff den menschen Adam fal-
len und nam seiner Rippen eyne und schloß die sted-
de zu mit fleysch und bawete eyn weib auß der Rip-
pen, die er vom menschen genommen hatte, und
brachte sie zu im. Da sprach Adam: Das ist doch
beyn von meinen beynen und fleysch von meinem
fleysch, Mann wirt sie Männin heyssen darumb, das
sie vom Mann genommen ist. Darumb wirt der
Mensch seinen Vatter und Mutter verlassen und
sich zu seinem weib halten, unnd werden zwey eyn
fleysch sein211. Unnd zum wahrzeychen, Das der
Herr eyn wolgefallen an disem stande hette, sprach

Solche bitte, wie sie christlich ist unnd von unserm herrn
Jesu Christo zuesage hatt, das sie nichtt vergebens ge-
schehen, sondern in seinem nahmen erhoret werden soll
[Joh 14,13-14; 16,23], wollen wir sie dem himblischen
vatter in den wordtten, die uns sein lieber sohn gelehret
hat, furtragen unnd also beten:
Vatter unser, der du bist im himel, geheiligett werde dein
nahme. Zuekom dein reich. Dein will geschehe, wie im
himel, also auch auff erden. Unser teglich brodt gib uns
heute unnd vergib uns unser schuldt, wie wir vergeben

er seinen segen darüber unnd Weihete inen212 selbs
mit seinem Wort unnd sprach: Seidt | L4r | fruchtbar
und mehret euch und füllet die erden unnd bringet
sie unter euch Und herschet uber die Fische im Meer
und vögel unter dem hymmel unnd uber alles thier,
das auff erden kreucht213.
Dises Göttliche erkentnus soll euch darzu die-
nen, das ir nicht nach der welt weise gespött oder
leichtfertigkeyt mit disem stande treibet Oder das ir
gedencket, denselbigen nach ewerm gefallen zuen-
dern oder zuverlassen, yhr wöllet denn auch zu-
gleich seiner Göttlichen straff an Leib und Seel ge-
warten, Wie der Apostel sagt zu den Ebreern am 13.
[4], Das Hurer unnd Ehebrecher von Gott sollen ge-
richtet werden.
Wo ir nun des Herrn wort und einsatzung recht
bedencken werdet, so werdet ir finden, Das er in der
ehestifftung vornemlich die erhaltung Menschlicher
creatur, Darnechst aber desselbigen Menschen not-
turfft und gelegenheyt bedacht hat. Dann dieweil
nicht eyn yeder von Gott begabet ist, das er das
wort, ohn Ehe zuleben, fassen möge214 unnd die
fleyschliche brunst215 aber eyn gfärliche und ver-
damliche anfechtung ist, Unnd uber das Keyn Ehe-
brecher das Reich Gottes soll ererben216, So will der
Herr diesem ungemach alleyn durch den Ehestandt
gerathen haben Unnd nennet derhalben das Weib
eyne gehülffin, als die da Gottes werckzeug zu der
Menschlichen geburt Unnd dem Man für eynem vi-
hischen, unzüchtigen leben und widder den Ehe-
bruch und Hurerei eyne heylsame bewarung solte
sein. | L4v |
Darauff lautet sanct Pauli wort, da er sagt: Es
were wol gut, Keyn Weib anrüren, aber doch, umb
hurerei willen zuvermeiden, sol eyn yeder sein weib

unsern schuldigern. Und fuhre uns nicht in versuchung,
sondern erloß uns von dem ubel, Amen [Mt 6,9-13].

210 Gen 2,18.
211 Gen 2,21-24.
212 Sie.
213 Gen 1,28.
214 Mt 19,11-12.
215 Begierde.
216 1Kor 6,9-10.

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