Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0303
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
15. Kirchenordnung 1556

qVon der Firmung der jungen Knaben und Meydlein, wie dieselbigen in die Christliche Gemeyn sollen
angenommen werden

Es ist wol zuvermuten, Das die Firmung, so biß da-
her im Bapstumb blieben, eyn nachlaß unnd schein
des alten Christlichen Hendaufflegens (Impositionis

welche vielen kirchendienern bishero endtzogenn unnd
abhendig gemacht, williglich gereichet werdenn. Nach-
dem wir auch befunden, welcher gestaldtt ezliche pfarren
so geringe seindt, das sich die prediger mit weib unnd
kinder darauff nichtt notturfftiglich erhalttenn konnen,
so wollen wir mitthelffen, rathen unnd die gnedige ver-
sehung thun, das ihnen auf andere wege geholffen unnd
ihre notturfft geschafft werde. Damitt sich auch die kir-
chendiener in ihrem dienst desto beßer endthalttenn mö-
gen, so wollenn wir auch, das unsere prediger, schul-
meister und custer, so mit den ihren, so lange sie im kir-
chen- unndt schuldienst sein, aller fron-, stadts- unndt
dorffstracht, herrndiensten unnd dergleichen servitu-
tu[u]m personalium oder personlichen beschwerungen
frey sein unnd pleibenn, wollen ihnen auch die privilegia,
immuniteten unnd freyheit, so den kirchendienern von
unsern vorelternn aus guter christlicher andacht gege-
ben, nichtt schwechenn oder denselbigen einen abbruch
thun. Zuedem wollen wir auch befordern unndtt handt-
haben, das die wohnung den kirchendienern vonn den
pfarrleuten unnd vorsteher der kirchenn jedes orths in
wesentlichenn ihrem gebaw unnd beßerung unabgengig
erhalttenn werde; wo dieselben ganz zerfallen unndt
bawfellig, sollen sie die obgenandte bewe der kirchenn-
diener wieder bawen, darzue wir denn, da es die notturfft
erfordertt, nach gebuer unnd gelegenheit auß unserm ge-
hölze etwas zueweisenn wollenn. Weiln wir auch auß den
newlichen gehaltenenn visitationibus verstanden, das ez-
liche pfarherrn in ihren eigenen heußern wohnen, welchs
ohn vorwißenn unserer superintendenten unndt kir-
chennvorsteher nichtt geschehen soll, sollen sie demnach
darob sein, das die pfargebewe in ihrem bewlichen wesen
erhalten werdenn. Daß geströhe aber unnd den mist,
welchenn sie auf der pfarr erbawenn unnd machen, sollen
sie nichtt uf ihre eigene, sondern uf die pfarecker [=der
Pfarrkirche zugehörige Äcker] fuhrenn.
Wenn sich auch durch schickung des allmechtigen zue-
truge, das bey dem kirchenambt ein diener mitt todt ab-
ginge, weib unnd kinder hinder sich verließe, alß wollen
wir beneben der billichenn vergleichung, welche zwi-
schenn den wittwen unnd successorn der außgeseeten
fruchtt halben unnd beßerung des landes zuetreffenn,
den wittwen unnd kindern ein vierteljahrs nach ihres
eewirts unnd vattern absterbenn in der pfarr, praedica-
tur oder diaconat behaußung den sitz, darzue die com-
petenz [=Einkünfte], gleich alß wenn ihr ehewirt unndt
vatter noch lebte, von der zeitt seines absterbens pro
rato folgen laßen, auch solche weile durch die benach-
barten pastores die pfarr, praedicatur oder diaconat be-
dienenn unndt versehenn laßenn.
Zue ferner gnediger beforderung des ministerii unndt

manuum), Welche | P2v| beyde, im Alten und Ne-
wen Testament, mit grossem ernst Unnd auch nicht
ohn merckliche wunder unnd frucht im brauch ge-

versorgung der prediger verlaßen wittfrawenn unnd wei-
senn ist auch unser christlich wolmeinung: Waßerley ge-
staldt wir des verstorbenen predicanten sohn (so einer
darunter in christlicher lehre gegrundet unnd studiret, in
seinem ganzen wandel unergerlich unndtt mitt gabenn,
die gemeine Gottes zue lehrenn, begnadet erfunden) fur
andere außlendische zum kirchenndienst verhelffenn
oder nach dem exempel Naziazeni [Gregor von Nazianz
(329-390), BBKL 2, Sp. 331-334] instadt seines vatters
gnedig auf- und annehmen wollen; sie sollen auch waßer
unnd weide unnd andere gerechtigkeittenn gleichsam an-
dern derselbigen fleckenn unterthanen, doch mit des flek-
kenn mas unnd ordnung zue nießenn unnd zuebrauchenn
habenn.
Item, das die newen prediger die weltliche obrigkeitt
unnd die gemeine trewlich anmahnenn, das sie des ver-
storbenen nachgelaßene wittwen unnd armen weißlein
nicht wollen vergeßen, ihnen alle[s] gut erzeigenn unnd
hiermit alle danckbarkeitt an dem verstorbenen bewei-
ßenn, dajegen befehlenn wir auch, das des verstorbenen
kirchendieners wittfraw unnd kinder in abziehen von den
bleibenden vorrath der pfarren an haußrath, höeffen
unnd andern guternn, darinne befunden oder von dem
vorhergehendenn vorfahren da zue pleiben verordnett
unndt gemachtt, den pfarren keinesweges endtwenden
oder veruntrawen, auch die guter obberurter predicatur
(wie bißhero gewohnlich) entziehen unnd verendern, auf
das jederman alles, was in seinem auffziehen befunden,
daßelbige wiederumb im abziehen verlaße, unnd nicht
befunden [güter] mitt gutem gewissen wieder hinweg
nehmen moge.
q-q B: Das 14. capitel: Examen des catechismi mit den kna-
ben unndt megdlein, so zum ersten zum heyligen abent-
mahl des herrn zuegelaßen unndt in jegenwardt der kir-
chen offendlich sollen confimirt unnd bestettigt wer-
denn.
Nachdem die unterweisung der zartenn jugendt hoch
von nöthen unnd das, nach S. Pauli wordten, Ephe. 6
[1-4], daher auch Gott ernstlich gebeut, seine rechtte
unndt gebott bey kindern unndt kindtskindern zue her-
zenn nehmen unnd den kindern [zu] scherpfen, offtmals
unndt viel sie darin uben unnd davonn redenn, Deut. 6
[6-7]. Esa. 59 [21]: Ich mache einen solchen bundt mit
ihnen, sprichtt der herr. Mein geist, der bey dir ist, unnd
meine wordte, die ich in deinen mundt gelegt, sollen von
deinem munde nichtt weichen noch von dem munde dei-
nes sahmens unnd kindtskindt, spricht der herr, von nun
ahn biß in ewigkeitt. Derhalbenn ordnen unnd befehlenn
wir, das nach diesem gottlichen befehl die ministri des
jungen volcks (neben unnd mit den eltern) sich trewlich
mitt sonderlichem ernst unndtt großem vleis annehmen

283
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften