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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0304
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Waldeck

wesen ist. Wiewol nun wir Christen keynen son-
dern316 befelch unsers herrn Christi davon haben
Und auch keyn besonder Sacrament sollen darauß
machen, So ist sie doch wol in eynen Christlichen
gebrauch zuwenden Unnd auß vielen ursachen nütz-
lichq,
Dann zum ersten Ists ja recht, Das eyn yeder
Christ sein glauben für sich selbs annehme und be-
kenne, dardurch er wil selig werden. Dieweil nun die
getaufften kinder in irem unmündigen alter der
Christlichen Kirchen eingepflantzet sein, Ists bil-
lichr, das sie hernach selbs iren glauben mündtlich
und offentlich bezeugens.
Zum andern Ists ja auch Gottes befelch, Das wir
füreynander fleissig bitten und umb vermehrung des
glaubens und andere geystliche gaben sollen anhal-
ten, Und haben darzu die trostlichen verheyssung
Christi, Lucae am xi. capitel [13]: So ir, die ir arg
seidt, kondt ewern kindern gute gaben geben, vil-
mehr wirdt der Vatter im hymmel den heyligen
geyst geben denen, die in bitten.
Zum dritten Fordert nicht alleyn der herr Chri-
stus die kindleyn zu sich, legt inen die hend auff,

sollen, das ihnen der catechismus des hocherleuchten
mans D. Lutheri seligen (alß die kleine biblia unnd hoch-
ster schaz auf erden) vorgehaltenn unnd eingebildet wer-
de durchs ganze jahr unnd den auf gewiße bestimpte son-
tag, ehe sie zum nachtmahl zuegelaßen, vorbescheidenn,
unnd was sie gelernet, erkundigen, darmitt sie also zu-
vohr auß ihrem catechismo rechenschafft ihres glaubens
gebenn konnen unnd den offentlich in gegenwardtt der
elter unnd paten (wo es sein kann) angenommen, bestet-
tiget unnd aufs furderlichste zur communion angenom-
men werdenn, dann solches ist die rechte christliche con-
firmation, das ist die bestettigung des glaubens, darauff
sie getaufft wordenn, welches die papisten anstehenn la-
ßenn [=unterlassen] unnd anstadt dieser christlichenn
firmung ein schawspiel mit den kindern angestellet, wel-
ches voller aberglaubens unnd irthumb unnd demnach
allen frommen christen zue fliehen unnd zue meiden ist.
Dieser christlicher gebrauch aber soll unnachleßig mit
der jugendt verrichttet werdenn auß folgenden ursa-
chenn.
r B: billich unnd loblich.
s B: bezeugen zue ihrer seelen seligkeit, Rom. 10 [9-10].
t B: hastu dir.
u-u B: frölich, mit gutem gewißen.
v-v B: Des soll man die jugendt freundtlich, vetterlich unndt
mitt aller sanfftmuth bescheidentlich vorstellenn, da-
mitt sie nichtt von diesem heilsamen unnd hochnoth-

hertzet und segnet sie317, sondern hat auch eyn uber-
auß groß wol- | P3r | gefallen an irem mündtlichen
bekentnus, Wie geschrieben stehet, Matth. am xxi.
cap. [16]: Ja, habt ir nie gelesen: Auß dem munde
der unmündigen und seugling hastut lob zugericht,
Psal. 8 [3].
Zum vierdten Dienet auch solch Ceremonia sehr
wol darzu, Das die Jugent den Catechismum desto
lieber und fleissiger lerne und sie auch also uon be-
schwerungu zum Abentmal des Herren möge zuge-
lassen werden.
vAuß gemelten ursachen wöllen wir in unsern
Kirchen auch das handtaufflegen und die Confir-
mation lassen bleiben, und sol also gehalten werden:
Erstlich sollen alle Pfarrherr grossen fleiß vorwen-
den, das sie der Jugent den kleynen Catechismum
D. Lutheri318 durchs gantz jar vorhalten und einbil-
den. Darnach sollen sie auff alle Ostermontag nach
der Predig in gemeyn ansagen, so yemandt under
den kindern seinen Catechismum gelernet unnd er
nachmals des Abentmals Christi teylhafftig und für
eyn gliedmaß der Christlichen Kirchen angenom-

wendigen examine abgeschreckt, sonder ein herrliche
lust, liebe unndt freude darzue gewinnen, unnd demnach
sie loben, das sie aus ihrem catechismo sie fertig unndt
wol andtwordtenn, unnd wollen wir alßo auß gemelten
uhrsachenn in unseren kirchen das examen unnd confir-
mation bleibenn laßenn unnd soll also gehalttenn wer-
denn:
Erstlich, welche unter den kindern ihren catechismum
gelernet, sollen sich bey dem prediger anzeigen (umb
welche zeitt des jahrs es auch ist) und begeren, das sie
möchten verhört unnd zuegelaßen werden, darzue der
minister offtmals erinnerung in der gemein thun soll an
die eltern und kinder. Welche sich nun auf solche ver-
manung ihrem seelsorger angezeigt haben, soll verkun-
diget werden desselben son- oder feiertags vormittage,
das die eltern unnd paten der kinder nach gehaltener
predigt in der kirchenn beyhandenn pleibenn, den glau-
ben und bekentnis der kinder ahnzuehörenn, fur sie helf-
fen ernstlich bittenn unnd Gott umb gedeiens anruffen.
So nun die hoch- oder mittagspredigt geendet, soll der
minister vor den altar tretten unnd die catechumenen
vor sich komen laßen und die gemein also anredenn.

316 Besonderen.
317 Mk 10,13-16.
318 Luther, Kleiner Katechismus, BSLK S. 499-541.

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