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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Arend, Sabine [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0377
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9. Kirchenordnung für Solms-Laubach [1576-1580]

bige in den paßionalbüchlein10 aus den vier evange-
listen fein zusamen gezogen, domit man zeit hab,
alle |3r | stuck ordenlich und nach notturfft zuhand-
len und zubetrachten.
Und in summa, der pfarher soll das volck mit
ernst und fleiß berichten, das die feyertage nit zum
onnutzen mussiggangk, zur füllerey und mutwilli-
gen spielen oder dentzen, sondern zur underweisung

in der warhafftigen, rechten christenlichen lehr ver-
ordnet seien, darumb, welcher sie mißbraucht, der
wirt als ein verächter götliches worts der zeitlichen
und ewigen straf Gottes nit entfliehen, wie wir auch
derhalben, soviel unser obligent ambt betrifft, un-
sern ambtleuten und dienern gebürlich einsehens zu-
haben ernstlich bevelhen wöllen.

Vom kirchengesang, predigten und ceremomen, cap. 2

An den sonabenten sollen vesper gehalten werden
wie dan auch zu den hohen festagen. Zum anfang
[soll] der schulmeister mit den schülern einen latei-
nischen oder deutschen psalmen singen, volgents ein
knab ein hauptstuck des cathechismi recitiren, da-
rauf das magnificat11, lateinisch oder teutsch; letst-
lich singet der pfarher ein gebett und würdt mit dem
benedicamus Domino12 beschlossen. Welche leut
volgenden tags zum nachtmal zugehen begeren, sol-
len nach der vesper sich einstellen, der pfarher einen
jeden sonderlich verhören und dahin be-|3v | dacht
sein, das er keinen leichtlichen zum disch des hern
zulasse, er könne dan zum weinigsten der fünf
hauptstuck christlicher lehr halben guten bericht
geben oder erbiete sich, dieselben besser zulernen.
Wo alßdan auch leute, so sonderliche beschwe-
rungen hetten, vorhanden, kan der pfarher dieselben
desto besser ad partem aus Gottes wortt trösten,
underrichten und absolviren.
Von ostern biß uf Michaelis13 morgens zu fünff,
nach Michaelis biß uf ostern zu sechs uhren soll zur
metten oder früegebett geleutet werden, der schul-
meister mit den schulern anfencklich den 95. psal-
men teutsch singen, darauf der pfarher boder under-
schulmeisterb ein capitel aus der bibel mit den sum-

b-b Nachgetragen.
c-c Nachgetragen.

10 Im Passional (liber passionarius) sind Berichte über den
Leidensweg Christi, das Marienleben sowie Heiligenle-
genden versammelt, Braun, Handlexikon, S. 261.
11 Lk 1,46-55.
12 Das Benedicamus Domino stammt aus dem Schluss-
wechselgesang der Stundengebete. Es ist der in Messen
ohne Gloria übliche Entlassruf, Jungmann, Missarum

marien cViti Dietrichsc14 lesen, hieruf der schulmei-
ster mit den schülern den lobgesang Zachariae: Ge-
lobt sey der her, der Gott Israhel etc.15 singen, dem-
nach ein schüler mitten in der kirchen vorm altar
zum volck gewant volgent gebett verlesen.
Lasset uns beten:
Wir dancken dir, allmechtiger her Gott, himli-
scher vatter, durch Jhesum Christum, deinen lieben
sohn, das du unß dieser nacht fur allem schaden und
gefhar behütet und bewaret hast, und bitten dich,
du |4r | wöllest unß ferer diesen tag auch behüten fur
sünden und allem übel, das dir all unser thuen und
leben wollgefalle, dan wir bevelhen dir unsere seelen,
leib, gut und ehre, unsere kirche, gnedige herschaft,
nachbarschafft und alles in deine hende. Dein heili-
ger engell sey mit uns, das der böse feindt keine
macht an uns finde, amen.16
Lasset uns weiter beten:
Herr Gott vatter im hiemel, herr Gott sohn, der
weldt heilandt, herr Gott heiliger geist, du heilige
dreyfältigkeit, erbarm dich uber uns, sey uns gne-
dig, verschon unser, lieber herre Gott, und behüte
uns gnediglich fur allen sünden, fur allem irrsal, fur

Sollemnia 2, S. 535-541, vgl. Sehling, EKO XIII,
S.600.
13 29. September.
14 Veit Dietrichs Summarien über das Alte Testament
(1541) und über das Neue Testament (1544) wurden in
zahlreichen Auflagen verbreitet, vgl. RGG 2, Sp. 848.
15 Lk 2,29-31; Luther, Gelobet sei der Herr, der Gott Is-
rael, AWA 4, Nr. 45.
16 Luthers Morgensegen, BSLK S. 521.

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